Riese im Norden |05.04.2017|14:00

So will Flensburg in den Profi-Fußball

Da entlang Richtung Profi-Fußball: Daniel Jurgeleit gibt in Flensburg die Richtung vor. [Foto: noveski.com]

Seit 2010 ist Ex-Profi Daniel Jurgeleit Trainer des ETSV Weiche Flensburg. Nach dem Aufstieg in die Regionalliga Nord in der Saison 2011/2012 verbesserte sich der ETSV stetig, wurde Siebter, Sechster, Fünfter, Dritter und rangiert aktuell auf Tabellenplatz zwei. Die kommende Saison wird für den 53-jährigen Jurgeleit wohl die spannendste seiner bisherigen Amtszeit beim nördlichsten deutschen Viertligisten. Seit Mitte März ist offiziell, dass der ETSV Weiche mit dem benachbarten Oberligisten Flensburg 08 fusioniert. Mit dem Zusammenschluss soll mittelfristig der Sprung in den Profibereich realisiert werden.

Im aktuellen FUSSBALL.DE -Interview spricht Jurgeleit über die Entwicklung seiner Mannschaft in den vergangenen Jahren, die anstehende Fusion mit Flensburg 08 und den Verzicht des ETSV, schon in diesem Jahr die Zulassung für die 3. Liga zu beantragen.

FUSSBALL.DE: Sie sind seit 2010 Trainer beim ETSV Weiche Flensburg. Seitdem verbesserte sich Ihre Mannschaft von Jahr zu Jahr, wurde in der vergangenen Saison bereits Dritter und ist jetzt Tabellenzweiter hinter dem SV Meppen. Sie können mit der Entwicklung zufrieden sein, Herr Jurgeleit!

Daniel Jurgeleit: Definitiv. Wir sind als kleiner Stadtteilverein 2012 in die Regionalliga aufgestiegen und haben uns seitdem souverän in der 4. Liga behauptet. Dass wir jede Saison eine bessere Platzierung erreicht haben und seit Jahren oben mitmischen, ist mit den gegebenen Rahmenbedingungen beim ETSV außergewöhnlich.

"Ein großer Verein ist besser als zwei kleine Klubs"

Nervt es Sie nicht ein wenig, dass es bisher nie für den großen Wurf gereicht hat und der Aufstieg in die 3. Liga nicht realisiert werden konnte?

Jurgeleit: Nein. Es wäre vermessen, sich in unserer Situation den Aufstieg in die 3. Liga als Ziel zu setzen. Bei uns gehen so gut wie alle Spieler einem normalen Beruf nach und sind Hobbysportler. Vom Profifußball ist der Verein auch insgesamt noch weit entfernt. In den kommenden Jahren wollen wir in allen Bereichen die nötigen Strukturen schaffen, um parallel den Aufstieg anpeilen zu können.

Mit einem Aufstieg würde Flensburg auch aus dem Schatten des großen Rivalen Holstein Kiel treten. In Ihrem Kader stehen viele ehemalige Spieler der „Störche“. Wie sehr wirkt sich das auf den Teamspirit aus?

Jurgeleit: Es kommt nicht darauf an, ob die Jungs vorher in Kiel gespielt haben. Wichtig ist, dass wir Leute verpflichten, die aus der Region kommen, bestenfalls in Schleswig-Holstein aufgewachsen sind und sich deshalb im Norden heimisch fühlen. Wir sträuben uns auch nicht davor, ältere Spieler zu holen, wenn sie in unser Anforderungsprofil passen und sie mit der Region verbunden sind.

Sie waren früher selbst Spieler, Co-Trainer und Sportlicher Leiter in Kiel. Liegt Ihnen der Verein immer noch am Herzen?

Jurgeleit: Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn Kiel in dieser Saison in die 2. Bundesliga aufsteigt. Allerdings ist es nicht so, dass ich mich noch regelmäßig mit dem Verein auseinandersetze. Ich arbeite seit fast sieben Jahren beim ETSV Weiche und lege meinen Fokus allein auf diese Tätigkeit.

Wie groß ist der Unterschied zwischen Holstein Kiel und Weiche Flensburg?

Jurgeleit: Zwischen den beiden Klubs liegen Welten. Wir haben beim ETSV noch viel zu tun, um nicht nur sportlich, sondern auch infrastrukturell auf Augenhöhe mit Drittligisten zu sein. Es ist nun einmal so, dass wir in Flensburg jedes Jahr mit ganz kleinen Schritten immer professioneller werden und uns der 3. Liga ein wenig annähern. Die Fusion mit dem Oberligisten Flensburg 08 war jetzt eine gute und wichtige Entscheidung.

Warum?

Jurgeleit: Ein großer Verein ist besser als zwei kleine Klubs. Wir haben in puncto Trainingsplätze und Stadion die Möglichkeit, bessere Bedingungen zu schaffen. Die Stadt wird uns stärker unterstützen und die Mitgliederanzahl steigt. Ich habe außerdem die Hoffnung, dass die Fusion für eine Aufbruchsstimmung sorgt und wir noch mehr Fans mobilisieren können. Es wäre schön, wenn wir im Schnitt mehr als 1000 Zuschauer pro Spiel im Stadion begrüßen dürften.

Durch die Fusion ist der Aufstieg in dieser Saison abgehakt. Die Zulassung für die 3. Liga wurde beim DFB nicht beantragt. Ist die Entscheidung für Sie nachvollziehbar?

Jurgeleit: Auf jeden Fall. Die Fusion hat beide Klubs viel Zeit und Geduld gekostet. Die Vereinsverantwortlichen und viele ehrenamtliche Mitarbeiter haben sich wochenlang ins Zeug gelegt, um den Zusammenschluss voranzutreiben und schließlich zum Abschluss zu bringen. Dass alles reibungslos abläuft, hatte Priorität. Sich parallel darum zu kümmern, eine Lizenz für die 3. Liga zu beantragen, war zeitlich kaum machbar und auch eine Frage des Geldes. Es ist nun einmal so, dass Spitzenreiter SV Meppen seit längerer Zeit einen gewissen Vorsprung auf uns hat. Der Kostenaufwand wäre zu hoch gewesen, um auf unsere Außenseiterchance als Verfolger zu hoffen.

Was wird sich für Sie als Trainer durch die Fusion verändern?

Jurgeleit: Nicht allzu viel. Das Grundgerüst der Mannschaft bleibt bestehen, es gibt keinen großen Umbruch. Es kann aber gut sein, dass drei bis vier Spieler aus der Oberligamannschaft ab Sommer bei uns mittrainieren werden und die Chance bekommen, sich zu empfehlen. Wir kennen bereits alle Jungs von Flensburg 08 und haben einige Spieler auf dem Schirm, die für den Regionalligakader in Frage kommen.

Der Aufstieg ist zumindest in dieser Saison kein Thema mehr. Im Verbandspokal von Schleswig-Holstein war im Viertelfinale gegen Holstein Kiel Schluss. Welches Ziel verfolgen Sie noch?

Jurgeleit: Nur weil der Aufstieg nicht möglich ist, werden wir die Saison ganz sicher nicht abhaken. Das Kernziel ist, auch dieses Jahr eine bessere Platzierung zu erreichen als in der zurückliegenden Spielzeit. Dafür müssten wir Tabellenzweiter bleiben. Außerdem verfolgen wir mehrere Etappenziele. Zum Beispiel hatten wir es vor dem zurückliegenden Wochenende nie geschafft, beim TSV Havelse zu gewinnen. Diesmal haben wir uns 2:1 durchgesetzt. Auch solche Spiele zeigen mir, dass die Entwicklung der Mannschaft positiv ist.

Am Sonntag steht das Auswärtsspiel beim abstiegsbedrohten BSV Schwarz-Weiß Rehden an. Wie schätzen Sie den Gegner ein?

Jurgeleit: Rehden steht zwar unten drin. Allerdings hat sich der BSV in den vergangenen Jahren immer wieder aufgerappelt und sich gerettet. Wir werden ganz bestimmt nicht leichtfertig an die Aufgabe herangehen. Gegen Teams zu spielen, die unbedingt punkten müssen, ist immer schwer. Das haben wir zuletzt beim Schlusslicht SV Eichede gesehen, wo wir nicht über ein 1:1 hinauskamen.. Die Partie in Eichede sollte Warnung genug für uns sein.