Bielefeld: "Wir sind eine Pokalmannschaft"
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Die Situation ist schwierig: Auf der einen Seite ist die Vorfreude auf den DFB-Pokal der Frauen riesig, auf der anderen Seite ist die Corona-Krise als Thema natürlich weiterhin allgegenwärtig. Zweitligist DSC Arminia Bielefeld empfängt am Mittwoch (ab 13 Uhr, live auf DFB-TV) im Viertelfinale den Bundesligisten SC Sand - natürlich vor leeren Rängen. Für die Arminia ist es eine komplizierte Situation: Da die Saison in der 2. Bundesliga abgebrochen worden ist, würde eine Niederlage gegen Sand das vorzeitige Ende der Spielzeit bedeuten. Bei einem Sieg würde der Traum vom Finale in Köln am 4. Juli weiterleben.
Obwohl der Zweitligist gegen den Konkurrenten aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga in der Außenseiterrolle ist, hofft er auf eine Überraschung. "Wir sind ganz sicher nicht chancenlos", sagt Sandra Hausberger. "In der zweiten Runde haben wir mit dem MSV Duisburg schon einen Bundesligisten aus dem Wettbewerb befördert. Warum soll uns das nicht noch mal gelingen? Wir sind eine Pokalmannschaft und deshalb immer wieder für eine Überraschung gut." In der Tat: Viermal in Folge stand die Arminia zuletzt mindestens im Achtelfinale.
Aber die 26 Jahre alte Kapitänin weiß ganz genau, dass alles perfekt laufen muss, wenn die Bielefelderinnen wirklich eine Chance auf den nächsten großen Coup haben wollen: "Sand ist ein etablierter Erstligist und hat im DFB-Pokal in den vergangenen Jahren überzeugende Leistungen gezeigt. Nicht ohne Grund sind sie 2016 und 2017 jeweils bis ins Finale gekommen. Aber jetzt wollen wir sie stoppen. Wir freuen uns extrem auf dieses Spiel."
Von der Verbandsliga bis in die 2. Bundesliga
"Ich will nicht zu weit nach vorne schauen, aber unser mittelfristiges Ziel muss schon der Aufstieg in die Bundesliga sein"
Hausberger steht seit 2017 in Bielefeld unter Vertrag. Sie spielt nicht nur bei der Arminia Fußball, als Assistentin des Präsidiums hat sie auch abseits des Rasens eine wichtige Funktion im Verein. Noch viel länger dabei ist Trainer Markus Wuckel, der die Mannschaft 2004 übernommen und seitdem aus der Verbandsliga bis in die 2. Bundesliga geführt hat. Es ging nicht immer nur aufwärts, das Team musste auch den einen oder anderen Rückschlag wegstecken. Aber grundsätzlich ist die Tendenz zu erkennen, dass die Bielefelderinnen ernsthafte Ambitionen haben, mittelfristig den Sprung in die Bundesliga zu schaffen.
"Nach dem Aufstieg im vergangenen Sommer ging es in dieser Spielzeit nur darum, den Klassenverbleib zu schaffen", so Wuckel. "Durch den Abbruch der Saison gibt es jetzt keinen Absteiger. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir es auch sportlich geschafft hätten." Der 52 Jahre alte Trainer hat eine ganz besondere Beziehung zur Arminia: "Wenn man einem Verein so lange angehört und alles mit viel Herzblut aufgebaut hat, dann ist man irgendwie mit dem Verein verwurzelt. Arminia Bielefeld ist mein Herzensverein. Ich bin als Profi mit dem Klub bereits von der damaligen Regionalliga West/Südwest in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Mit den Frauen ist mir das schon zweimal gelungen. Es gibt nicht viele, die bei Arminia als Spieler und Trainer so erfolgreich waren."
Wuckel selbst ist eher durch Zufall zum Frauenfußball gekommen: "Während meiner Tätigkeit für die Fußballschule habe ich den Sohn einer Spielerin betreut, die damals in der Frauenmannschaft von Arminia Bielefeld spielte", sagt er. "Das Team kämpfte um den Klassenverbleib in der Verbandsliga. Ich übernahm die Mädels für die letzten fünf Spiele, und wir konnten den Abstieg verhindern. Das ist inzwischen über 16 Jahre her. Als die Mission beendet war, wollte ich eigentlich wieder etwas anderes machen. Doch 15 Frauen haben mich zum Weitermachen überredet."
Mittelfristiges Ziel: Aufstieg
Nicht zuletzt deshalb weiß Abteilungsleiter Werner Jöstingmeyer: "Für uns ist Markus Wuckel als Cheftrainer ein absoluter Glücksfall. Er ist ein absoluter Experte im Frauenfußball und hat uns nach oben gebracht. Wenn mir einer diese Entwicklung vor ein paar Jahren vorhergesagt hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt."
Aber Stagnation ist Rückschritt. Deshalb verfolgen die Verantwortlichen ambitionierte Ziele. "Wir haben uns Schritt für Schritt nach oben gearbeitet, und aus meiner Sicht muss die 2. Bundesliga nicht die Endstation sein", betont Jöstingmeyer. "Ich will nicht zu weit nach vorne schauen, aber unser mittelfristiges Ziel muss schon der Aufstieg in die Bundesliga sein."
Um das zu realisieren, ist das ganze Projekt möglichst nachhaltig geplant. "Da die finanziellen Mittel bei uns begrenzt sind, legen wir viel Wert auf die Nachwuchsarbeit", sagt Jöstingmeyer. "Die Spielerinnen aus unserer U 17 sollten langfristig das Fundament unserer ersten Mannschaft sein."
Im Halbfinale gegen Seriensieger Wolfsburg?
Bis es so weit ist, wollen die Bielefelderinnen allerdings kurzfristig noch mal für Aufsehen sorgen. Mit einem weiteren Coup im DFB-Pokal würde das sicher klappen. Ihre Reise soll an dieser Stelle noch nicht beendet sein. Im Halbfinale am 10. oder 11. Juni winkt den Bielefelderinnen möglicherweise ein Duell mit dem Serien-Titelträger VfL Wolfsburg .
Hier sind die Vorzeichen ähnlich: Der Bundesligist muss sich zunächst noch gegen einen Zweitligisten durchsetzen. Wolfsburg tritt am Mittwoch (ab 19 Uhr, live auf DFB-TV ) beim FSV Gütersloh 2009 an. Aber das ist noch lange kein Thema für die Arminia, die selbst den ersten Schritt machen möchte - und ihre Saison gern noch etwas verlängern.