Sturmduo |25.08.2021|15:00

Fernholz-Schwestern: Zehn Tore im Pokal-Debüt

Pauline (li.) und Lotta Fernholz: "So viele Tore sind uns noch nie in einem Spiel gelungen."[Foto: privat]

Erstes DFB-Pokal-Spiel der Karriere, erstmals gemeinsam als Sturmduo im Einsatz, erstmals im großen Leimbachstadion auf Naturrasen: Die dreifache Premiere der Schwestern Pauline und Lotta Fernholz von den Sportfreunden Siegen aus der Frauen-Regionalliga West wurde zum durchschlagenden Erfolg. Zum 17:0 (7:0) in der ersten Pokalrunde gegen den Koblenzer Bezirksligisten TuS Immendorf steuerte die 27 Jahre alte Pauline sechs Treffer bei, darunter auch einen lupenreinen Hattrick in der ersten Halbzeit. Die drei Jahre jüngere Lotta stand ihr nicht viel nach, leitete schon in der 2. Minute den Torreigen ein und traf insgesamt viermal für die "Sportfreundinnen".

"So viele Tore sind uns noch nie in einem Spiel gelungen, selbst im Mädchenbereich nicht", sagt Pauline im Gespräch mit FUSSBALL.DE - und gibt zu: "Zwischenzeitlich wusste ich gar nicht mehr, wie es genau steht. Letztendlich hatten wir aber auch das Ziel, das Spiel aufgrund des Klassenunterschieds klar für uns zu entschieden. Dass es jetzt so gelaufen ist, ist natürlich super. Aber wir werden das Ergebnis nicht überbewerten."

Klar ist: Die taktische Maßnahme des neuen Siegener Trainers Paul Müller, Lotta Fernholz vom gewohnten rechten Flügel neben ihre ältere Schwester Pauline ins Sturmzentrum zu beordern, funktionierte auf Anhieb. "Wir haben gut harmoniert und uns gegenseitig auch noch das eine oder andere Tor aufgelegt", berichtet Lotta nicht ohne Stolz.

Harmonie, das gilt für die beiden Blondinen aber nicht nur auf dem Platz. Auch außerhalb verstehen sie sich blendend, wirken wie beste Freundinnen. Kein Wunder, mussten sie sich doch in ihrer großen Familie mit einem älteren und zwei jüngeren Brüdern gemeinsam behaupten. Das Hobby Fußball teilten sie lange Zeit mit ihren Geschwistern, die inzwischen jedoch nur noch sporadisch gegen den Ball treten, während Pauline und Lotta mit ihrem Team im DFB-Pokal für Furore sorgen und in die 2. Frauen-Bundesliga aufsteigen wollen.

"Zwischenzeitlich wusste ich gar nicht mehr, wie es genau steht"

Erst vor wenigen Monaten hatten die Sportfreunde Siegen nach dem Gewinn der Meisterschaft in der Regionalliga West bereits die große Chance, den Sprung in die zweithöchste deutsche Spielklasse zu schaffen. In den beiden Aufstiegsspielen gegen den saarländischen SV Göttelborn (inzwischen SV 07 Elversberg) mussten sich die Siegerländerinnen jedoch zweimal 0:1 geschlagen geben. "Der Gegner war einen Tick besser und vor allem abgezockter", gibt Pauline ehrlich zu, richtet den Blick aber schnell wieder nach vorne: "In dieser Saison nehmen wir einen neuen Anlauf."

Sportlich gemeinsam - Beruflich getrennte Wege

Keine Überraschung: Trotz ihres Altersunterschieds begannen Pauline und Lotta Fernholz nahezu gleichzeitig mit dem Fußball, spielten (fast) immer im gleichen Verein: Erst im heimischen Kreis Olpe für den SV Blau-Weiß Hillmicke und den FSV Gerlingen , später für Fortuna Freudenberg und schließlich für Siegen, wobei hier die jüngere Lotta schon einige Jahre früher das Sportfreunde-Trikot trug.

Seit 2019 kicken die Fernholz-Schwestern aber gemeinsam für den Klub, dessen Frauenfußballabteilung (damals noch unter dem Namen TSV Siegen) mit Nationalspielerinnen wie Silvia Neid, Doris Fitschen, Martina Voss-Tecklenburg oder Silke Rottenberg je fünfmal die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal gewann. Als aktueller Deutscher Meister gingen die "Sportfreundinnen" 1996 als Nachfolgeverein an den Start, spielten noch fünf Jahre in der Bundesliga, erreichten im Jahr 2000 sogar noch einmal das Pokalendspiel, ehe ein schleichender Niedergang begann. Dreimal rutschte der Verein sogar bis in die Westfalenliga ab, ist jetzt aber wieder im Kommen.

Dass es bald noch weiter nach oben geht, dazu wollen auch Pauline und Lotta Fernholz ihren Beitrag leisten. Dreimal pro Woche wird am Abend in Siegen trainiert. Schließlich sind sämtliche Spielerinnen entweder schon voll im Job oder befinden sich im Studium. Die beiden Schwestern haben beruflich unterschiedliche Wege eingeschlagen. Während Lotta an der Uni Siegen im fünften Semester Englisch und Geschichte studiert und später Lehrerin am Gymnasium oder an einer Gesamtschule werden möchte, hat Pauline ihr BWL-Studium abgeschlossen und ist in die Geschäftsleitung des eigenen Familienbetriebs eingestiegen, der in Wenden-Gerlingen Photovoltaik-Anlagen anbietet. Auch auf dem Dach des Siegener Leimbachstadions hat das Unternehmen bereits eine Anlage installiert, die Sonnenenergie gewinnt und speichert. Damit trägt auch ihr Verein zum Umwelt- und Klimaschutz bei.

Mögliche Live-Übertragung "wäre riesige Sache"

Stichwort Stadion: Pauline und Lotta Fernholz freuen sich auch deshalb schon ganz besonders auf die zweite Runde im DFB-Pokal (25./26. September), weil ihr Team bei einem erneuten Heimspiel wohl wieder auf dem Hauptplatz des Leimbachstadions antreten darf. Erst recht, wenn den "Sportfreundinnen" am 30. August durch U 17-Nationaltrainerin Friederike Kromp ein hochkarätiger Gegner aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga zugelost werden sollte.

"Mir wäre jedes Team aus der Bundesliga recht", meint Pauline, während Lotta schon konkreter wird: "Der VfL Wolfsburg wäre natürlich der Hammer." Schließlich sind die "Wölfinnen" um DFB-Kapitänin Alexandra Popp nicht nur Titelverteidigerinnen, sondern sind im Pokalwettbewerb bereits seit 2014 ungeschlagen und holten den "Pott" siebenmal in Serie. Bei einem solchen Los wäre es außerdem zumindest nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Siegener Frauen durch die seit dieser Saison regelmäßige Live-Übertragung eines Pokalhits beim Sender Sky eine besonders große Bühne bekommen könnten. "Dass DFB-Pokalspiele jetzt live übertragen werden, ist für den Frauenfußball ein ganz wichtiger Schritt und wäre für uns selbstverständlich eine riesige Sache", so Pauline.

Bis dahin bleibt allerdings der "Alltag" in der Frauen-Regionalliga West im Fokus. Am Sonntag (ab 15.15 Uhr) steht das Auftaktspiel bei der SpVg Berghofen auf dem Programm. Die Gastgeberinnen aus Dortmund sind einer von gleich drei Absteigern aus der 2. Frauen-Bundesliga, die jetzt den Sportfreunden Siegen Konkurrenz machen. Auch Borussia Mönchengladbach und Arminia Bielefeld waren noch in der abgelaufenen Saison eine Spielklasse höher am Ball. Dazu kommen weitere klangvolle Namen wie Alemannia Aachen oder VfL Bochum sowie die zweiten Mannschaften der Frauen-Bundesligisten 1. FC Köln, Bayer 04 Leverkusen und SGS Essen, die ebenfalls aufstiegsberechtigt wären.

"Die Konkurrenz ist in dieser Saison besonders groß", sagt Pauline Fernholz, fügt aber gleich hinzu: "Wir müssen uns nicht verstecken, haben schon bewiesen, dass in unserer Mannschaft viel Potenzial steckt." Nicht zuletzt die Abwehrspielerinnen des Pokalgegners TuS Immendorf können das bestätigen.