Arminia Tegel: Training mit geflüchteten Kids
[Foto: Arminia Tegel/Collage FUSSBALL.DE]
Ein Dienstagnachmittag im Sportpark Borsigplatz: Kinder bolzen nach Herzenslust auf dem Kunstrasen, die Stimmung ist super, es wird viel gelacht und dazu scheint auch noch die Sonne. Der Moment könnte kaum schöner sein – wenn nicht einige der Kinder solch dramatische Tage hinter sich hätten.
Sie sind aus der Ukraine geflohen, mit ihren Familien, meist nur den Müttern und Geschwistern. Mehr als 300.000 Menschen aus der Ukraine haben inzwischen in Deutschland eine vorübergehende, aber wenigstens sichere Bleibe gefunden – viele von ihnen in der Hauptstadt.
Bei Arminia Tegel haben sie sofort die Arme weit ausgebreitet und die Tore geöffnet für die Neuankömmlinge. Felix Schönebeck ist einer von unzähligen Helfer*innen in Deutschland, die nicht nur Spenden in Form von Hilfsgütern gesammelt und auf den Weg ins Krisengebiet geschickt haben, sondern den Geflüchteten über den Fußball einen guten Start in der neuen Umgebung ermöglichen wollen. Der CDU-Politiker, der sich bei "I Love Tegel e.V." engagiert, hat zusammen mit anderen ehrenamtlichen Unterstützer*innen dafür gesorgt, dass Kids aus der Ukraine in Berlin kicken können. "Für die Kinder sind die Erlebnisse im Krieg besonders furchtbar. Wir möchten ihnen möglichst schnell Ablenkung bieten. Deshalb haben wir dieses Fußballangebot geschaffen", erläutert Felix Schönebeck.
Jede*r kann kommen und kicken
"Wir haben noch Platz und freuen uns über jedes Kind, das in den kommenden Tagen und Wochen bei uns mitmachen möchte"
So waren am Dienstag der vergangenen Woche beim ersten Training für die Geflüchteten zehn Jungs aus der Ukraine mit am Ball. Eine Woche später waren es schon 13 Kinder im Alter zwischen acht und 13 Jahren. "Es ist schön zu sehen, dass die Kinder Spaß beim Training haben und so ein wenig auf andere Gedanken kommen können", berichtet Felix Schönebeck und führt aus: "Wir haben noch Platz und freuen uns über jedes Kind, das in den kommenden Tagen und Wochen bei uns mitmachen möchte." Fußballschuhe und andere notwendige Sportklamotten für die Neuankömmlinge haben die Tegeler fleißig gesammelt. Was noch fehlt, wird in einem Sportgeschäft nebenan zu Sonderkonditionen eingekauft.
Nachdem die ersten zehn ukrainischen Kids zunächst alle gemeinsam mit ihren Berliner Altersgenossen gekickt hatten, sollen die Kinder nun nach ihrem Alter in zwei verschiedene Tegeler Jugendteams aufgeteilt werden, voraussichtlich in die E- und C-Jugend. Natürlich sind auch Mädchen, die Fußball spielen wollen, bei Arminia Tegel genauso willkommen, allerdings waren zum Kennenlerntraining am vergangenen Mittwoch nur zwei Mädchen aus der Ukraine erschienen. "Auch da hoffen wir noch auf Zuwachs", betont Felix Schönebeck, der früher selbst auf dem Sportplatz Borsigpark gebolzt hat und hier immer noch jeden Mittwochabend mit der "I love Tegel" -Truppe am Ball ist.
Der Verein sucht allerdings noch weitere Helfer*innen, die Deutsch und Ukrainisch sprechen, um die Kommunikation auf dem Platz zu erleichtern. Dass der Fußball vermeintliche Sprachbarrieren immer schon gut überwinden konnte, sieht man in Tegel am Rande des Sportplatzes.
Neunjähriger kickt beim HFC Bürgel
So wie bei Arminia Tegel läuft es in vielen Vereinen in ganz Deutschland. 500 Kilometer von Berlin entfernt in Hessen hat ein neunjähriger Junge beim HFC Bürgel am Main Anschluss gefunden. Denis ist mit seiner Mama Anja aus Korez, 200 Kilometer westlich von Kiew, nach Deutschland geflohen. Seine Tante Oskana aus Bad Homburg hat die beiden mit dem Auto aus Polen abgeholt. Papa Andrej musste in der Heimatstadt bleiben. Um nicht ständig an ihn denken zu müssen, hilft auch hier der Fußball. "Mir gefällt es sehr, die anderen Jungs sind cool. Wir verstehen uns gut, auch wenn ich ihre Sprache nicht kann", sagte Denis zum Lokalradiosender FFH .
Trainer Armin Kuster hat den Neunjährigen zum Kicken beim HFC Bürgel eingeladen. "Sobald die Jungs auf dem Fußballplatz sind, ist die Anspannung, was in der Heimat passiert, weg", erklärt der engagierte Jugendcoach dem RTL -Fernsehen, das vom Training im Offenbacher Verein berichtet hatte. "Ich habe ihn mit aufwärmen lassen. Nach zwei Minuten habe ich gesehen, okay, er hat schon mal Fußball gespielt. Dann habe ich ihm ein Trikot übergestreift, und da kam auch von der Mannschaft keine einzige Rückfrage", so Armin Kuster.
Im Kölner Mannschaftsbus zum Training
Eine ganze Mannschaft aus der Ukraine unterstützt der 1. FC Köln . 40 Personen aus dem Kriegsgebiet hat der Bundesligist in die Domstadt geholt, nachdem er erfahren hatte, dass sich Spielerinnen des ukrainischen Erstligisten FC Kryvbas, deren Kinder und die Teambetreuer tagelang vor Bombenangriffen in Kellern verschanzen mussten. Eigentlich wollten sie ins Trainingslager in die Türkei fliegen, dann marschierte der Nachbar Russland in ihre Heimat ein. Aus ihrem Versteck schickten sie Hilferufe per E-Mail an verschiedene deutsche Fußballvereine, der 1. FC Köln reagierte und holte sie mit einem Bus nach Deutschland.
Der Fußball helfe dabei, die schrecklichen Ereignisse in der Heimat wenigstens für ein paar Stunden zu vergessen, sagte Kryvbas-Kapitänin Anna Ivanova dem WDR : "Es war eine große Erleichterung und sehr emotional, als wir hörten, dass wir nach Köln kommen können. Wir haben uns sehr große Sorgen um unser Leben gemacht." Vorerst sind sie in Sicherheit, der 1. FC Köln hat die Fußballerinnen und deren Begleitung in einem Hotel untergebracht. Trainieren können die Spielerinnen auf dem Vereinsgelände am Geißbockheim, zur ersten Einheit fuhr sie sogar der Mannschaftsbus des 1. FC Köln. Gesten, die den Glauben an das Gute im Menschen wiedergeben.