"TanZebras": MSV-Fans kicken in Duisburg
[Foto: Heiko Buschmann]
Plötzlich fährt der Mannschaftsbus des MSV Duisburg am Düsseldorfer Flughafen vor. Es sind aber nicht die Spieler des früheren Bundes- und heutigen Regionalligisten, die hier aus- oder einsteigen, sondern 15 junge Menschen aus Afrika. Auch sie spielen Fußball, sie heißen "TanZebras" und sind zum ersten Mal in Deutschland. "Ein Traum ist wahr geworden", sagt Don Mwakilambo, Vorsitzender des Klubs aus Tansania, und strahlt.
Vor zehn Jahren machte sich Jörg Ahlbach, inzwischen verstorbener MSV-Fan und Gründungsmitglied des Fanclubs "Zebraherde", auf eine Weltreise. Eine Station war Gongo La Mboto, ein Vorort der tansanischen Großstadt Dar es Salaam. Seine Mission: ein blau-weiß gestreiftes Trikot seines Lieblingsvereins in Afrika zu hinterlassen. Jörg Ahlbach traf Don Mwakilambo, der sich im Armenviertel des ostafrikanischen Landes unter anderem darum kümmerte, Kids und Jugendlichen eine Perspektive zu verschaffen - zum Beispiel durch Fußball.
Morgens Skihalle, abends kicken
Heute, zehn Jahre später, steht Don Mwakilambo auf der Sportanlage In den Peschen in Duisburg-Rheinhausen - und friert. "Ist schon ganz schön kalt", sagt der 39-Jährige im deutschen Spätsommer mit an diesem Tag reichlich Sonne und immerhin 20 Grad. Am Vormittag ist es ihm und seinen Jungs richtig frisch geworden, da waren die "TanZebras" nämlich in der Skihalle in Bottrop. "Das hat Spaß gemacht", sagt Michael, einer der Kicker aus Tansania, und gibt zu: "Wir haben noch nie Schnee gesehen."
"Die Jungs sind schon beim MSV-Auswärtsspiel in Köln fast wie Popstars empfangen worden und kamen kaum dazu, sich das Spiel anzusehen - alle wollten Fotos mit ihnen machen"
Seit dem vorigen Freitag sind sie im Ruhrgebiet, am kommenden Sonntag geht es zurück in die Heimat. Bis dahin stand und steht ein strammes Programm an. Am Samstag fuhren sie mit einem Fanbus zum Regionalliga-Match des MSV im Kölner Südstadion bei der dortigen Fortuna. "Das Spiel war fantastisch, auch wenn kein Tor gefallen ist", sagt Michael zum 0:0 zwischen den beiden Traditionsvereinen .
Am Sonntag ging es ins Deutsche Fußballmuseum nach Dortmund, wo die Gäste aus Afrika auf Bärbel Bas trafen. Die aus Duisburg stammende Präsidentin des Deutschen Bundestages nahm sich zwei Stunden Zeit, um mit den Kickern aus Tansania durch die Ausstellung zu gehen. Später durften die "TanZebras" dann selbst zeigen, was sie am Ball können, und setzten sich in einem Freundschaftsspiel mit 2:0 gegen die Amateure des MSV Duisburg durch. Am Montagabend folgte ein Duell mit der Auswahl der örtlichen Sparkasse, das die "TanZebras" im Sportpark Wedau mit 4:1 für sich entschieden.
Die Sparkasse Duisburg ist es auch, die den Besuch der Tansanier in Deutschland möglich gemacht hatten. "Wir haben Anfang des Jahres einen Antrag für ein Begegnungsprojekt gestellt, dann hat sich die Sparkasse gemeldet und uns den Zuschlag gegeben", berichtet Alfred Eichholz. "Zum zehnjährigen Bestehen wollten wir die TanZebras eigentlich zur EM hierherholen, aber das hat aus bürokratischen Gründen nicht geklappt. Zunächst haben wir auch nur daran gedacht, Don und vielleicht zwei, drei Spieler einzuladen. Aber dann hat die Sparkasse es möglich gemacht, dass die gesamte Mannschaft kommen konnte, und hat für sie sogar drei Ferienwohnungen in Meiderich gemietet."
Frühstück mit Europameister Dietz
Am Mittwoch stand zunächst eine Besichtigung des BVB-Stadions in Dortmund an, ehe es zum Rundgang ins - an dem Tag noch leeren - MSV-Stadion ging. Am Samstag wird das anders aussehen, dann empfängt der Absteiger aus der 3. Liga im heimischen Rund den SC Wiedenbrück. Am Morgen werden die TanZebras bereits im MSV-Museum in der Arena mit MSV-Legende Bernard "Ennatz" Dietz, Europameister von 1980, frühstücken. Vor dem Anpfiff ist noch ein Interview auf dem Rasen geplant. "Die Jungs sind schon beim Auswärtsspiel in Köln fast wie Popstars empfangen worden und kamen kaum dazu, sich das Spiel anzusehen", berichtet eine MSV-Anhängerin. "Alle wollten Fotos mit den Jungs machen."
Was die "TanZebras" selbst am Ball können, mussten am Dienstagabend die U 17-Junioren des VfL Rheinhausen erfahren. Trotz des anstrengenden Tagesprogramms ließen die Kicker aus Tansania den Jungs, die in der Leistungsklasse spielen, keine Chance. Bereits nach einer Viertelstunde stand es 4:0 für die afrikanische Auswahl, am Ende hieß es 6:1.
"Das Ergebnis ist nebensächlich", sagt Andreas Löser, Jugendleiter des VfL Rheinhausen. "So eine Veranstaltung haben wir nicht jeden Tag auf unserer Anlage, das war ein insgesamt sehr gelungener Abend." Die Rheinhauser spendierten den Kickern aus Tansania nicht nur das Essen nach dem Match, sondern übergaben einen Trikotsatz, Bälle und einen gut gefüllten Spendenball. Am Mittwoch ging es für die "TanZebras" sportlich gegen die DJK Lösort Meiderich weiter, am Donnerstag stand etwas Freizeitprogramm mit einer Hafenrundfahrt und einem Eisessen an. "Sie finden es hier unheimlich gut und sind vor allem sehr dankbar", so Alfred Eichholz.
Wenn die "TanZebras" am Sonntag zurück in ihre Heimat fliegen, werden sie nicht lange auf einen Gegenbesuch aus Deutschland warten müssen. Schon am Montag reist eine etwa zehnköpfige Delegation von MSV-Fans nach Tansania. "Das passt richtig gut", sagt Eichholz. "Er war aber schon vorher geplant, bevor feststand, dass die TanZebras zu uns nach Duisburg kommen."
Seit Juni 2015 sind die "TanZebras" ein eingetragener Verein, inzwischen spielen sie in der dritten Liga in Tansania. Die Unterstützung aus Duisburg geht längst über den Fußball hinaus. Der Verein "Zebraherde" betreibt und finanziert eine Schule in Gongo La Mboto, wo zudem ein Permakultur-Projekt gestartet wurde. Mitglieder der "TanZebras" sind inzwischen krankenversichert, solch ein Gesundheitsschutz ist in Tansania eher selten.