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Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs – er wurde an diesem Tag vom Deutsche Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert – damals wie heute. 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt FUSSBALL.DE prägende Persönlichkeiten in den Fokus. Heute: Bernd Schröder, der seit fast 50 Jahren als Trainer, Manager und Ehrenpräsident alles für den 1. FFC Turbine Potsdam gibt.
Er kann nicht richtig loslassen. Es geht einfach nicht. Auch wenn sein Baby schon längst erwachsen geworden ist, hat Bernd Schröder die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland weiterhin ganz genau im Blick. Von 1971 bis 2016 – also genau 45 Jahre lang - war der 77-Jährige in sportlich verantwortlicher Position beim 1. FFC Turbine Potsdam tätig. 40 Jahre als Trainer, fünf Jahre als Manager. Seitdem ist er Ehrenpräsident. Ein Leben für den Frauenfußball, ein Leben für Turbine Potsdam.
Schröder ist eine streitbare Persönlichkeit. Es gibt einige, die sich von ihm auf die Füße getreten fühlen. Das liegt aber nicht daran, dass Schröder den Konflikt bewusst sucht. Das ist eher damit zu begründen, dass er seine Meinung sagt. Immer offen, immer schonungslos. Manchmal vielleicht zu direkt? "Ich bin kein Mensch des Konjunktivs", sagt Schröder im Gespräch mit FUSSBALL.DE . "Ich kann nachvollziehen, dass damit nicht jeder klar kommt. Aber ich habe für mich persönlich die Erfahrung gemacht, dass ich mit dieser Einstellung gut leben kann."
"Wir haben hart gearbeitet. Aber als Lohn haben wir tolle Erfolge gefeiert"
Wer aber mit Schröders Ecken und Kanten zurechtkommt. Wer nicht jede Aussage auf die Goldwaage legt und es persönlich nimmt, wer auch sein Vertrauen gewinnt, der kann sich auf sein Wort verlassen. "Vielleicht klingt es heutzutage altertümlich, aber für mich sind drei Grundsätze ganz entscheidend, nach denen ich mich auch verhalte", sagt er. "Und das sind: Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein."
Nach diesen Kriterien hat Schröder in fast 50 Jahren den 1. FFC Turbine Potsdam geformt. Der Klub war jahrelang führend in Deutschland, zeitweise sogar in Europa und auf der ganzen Welt. In der Blütezeit zwischen 2003 und 2012 hat Schröder mit Potsdam sechsmal die deutsche Meisterschaft gewonnen, dreimal den DFB-Pokal und zweimal den UEFA-Cup, den Vorgängerwettbewerb der Champions League.
"Das waren großartige Zeiten. Damals hatten wir herausragende Spielerinnen in unseren Reihen", sagt Schröder. "Wir haben hart gearbeitet. Aber als Lohn haben wir tolle Erfolge gefeiert." Es gab oft genug Tage, an denen er 24 Stunden für Turbine Potsdam und damit auch für den Frauenfußball in Deutschland gearbeitet hat: "Wenn der Tag länger gewesen wäre, hätte ich die übrige Zeit auch gerne dafür genutzt."
Schröder ist eher durch einen Zufall zum Frauenfußball gekommen. Bei der Gründung der Frauenfußballabteilung in der BSG Turbine Potsdam war er wegen eines Abendessens im Klubheim. Dort fragten ihn die Verantwortlichen, ob er neben seiner Arbeit als leitender Angestellter eines Energieversorgungsunternehmens auch die Betreuung der neuen Frauenmannschaft übernehmen könne. Er hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Erfahrung als Trainer gesammelt, aber er sagte zu.
Es war der Beginn einer Ära, einer extrem erfolgreichen Liaison. Erst dominierte Potsdam das Geschehen der früheren DDR, danach lange auch Gesamtdeutschlands. Erst als sich Schröders Abschied andeutete, bröckelt die Vormachtstellung von Turbine: "Nach 2012 hatten wir das Problem, dass uns die besten Spielerinnen verlassen und wir keinen gleichwertigen Ersatz gefunden haben. Hinzu kam, dass uns mit dem Weggang der Spielerinnen nicht nur Qualität verloren gegangen ist, sondern dass die aufnehmenden Vereine unserer Mädels auch deren Knowhow verpflichtet haben. Wir waren lange die kleine Oase im Osten, die über riesiges Fachwissen bezüglich des Frauenfußballs verfügte. Diese Stellung hat sich nach und nach aufgelöst."
Heutzutage kämpft Turbine darum, den Anschluss an Vereine wie den VfL Wolfsburg, Bayern München und die TSG Hoffenheim nicht zu verlieren. "Dort wird mit anderen Mitteln gearbeitet", sagt Schröder. "Für den Frauenfußball in Deutschland ist es gut, dass sich finanzstarke Profivereine engagieren. Wir bei Turbine gehen einen anderen Weg, wir bleiben ein eigenständiger Frauenverein und feiern im kommenden Jahr unser 50-jähriges Bestehen. Wir sind gerade in einer Phase des Umbruchs. Aber aus dieser werden wir gestärkt hervorgehen. Davon bin ich überzeugt."
Ähnlich schätzt Schröder auch die Entwicklung des deutschen Frauenfußballs allgemein ein: "Wir waren jahrelang weltweit absoluter Vorreiter. Tina Theune und Silvia Neid, mit der ich nicht immer einer Meinung war, haben hier tolle Arbeit geleistet und uns weit nach vorne gebracht. Der Sieg bei den Olympischen Spielen 2016 war aus meiner Sicht der Höhe- und gleichzeitig Wendepunkt dieser Entwicklung. Im Moment des größten Erfolgs sind einige falsche Entscheidungen getroffen worden. Deshalb sind wir zuletzt durch ein Tal geschritten. Aber jetzt sind wir gerade dabei, dieses wieder zu verlassen. Wir haben viele junge Spielerinnen, die über enormes Potenzial verfügen. Ich sehe es etwas kritisch, dass die Topvereine in Deutschland teilweise zu stark auf ausländische Spielerinnen setzen und nicht genug den eigenen Nachwuchs fördern. Aber wir kommen wieder."
Nach dieser Maxime hat Schröder schon immer gehandelt: Aufgeben ist nicht angesagt, nur wer Probleme erkennt, kann diese lösen und sie zu seinem Vorteil umkehren. Der deutsche Frauenfußball war eigentlich immer Vorreiter in Europa. "Nicht ohne Grund haben wir achtmal die EM gewonnen", sagt Schröder. "Aber die anderen Nationen haben den Frauenfußball sehr stark in den Fokus gerückt und damit eine Aufholjagd gestartet. Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir nicht überholt werden."
Schröder wird im Juli 78 Jahre alt. Sein Feuer für den Frauenfußball brennt weiter. Turbine Potsdam ohne Bernd Schröder ist nicht vorstellbar - für beide Seiten nicht. Sie gehören zusammen, sie haben gemeinsam den Frauenfußball in Deutschland geprägt und vorangebracht. Wie soll Schröder bei dieser Vergangenheit loslassen können? Das ist gar nicht möglich. Es ist schließlich sein Lebenswerk.
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