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Bruderpaar |29.03.2017|08:45

Die Terrazzinos: Viel Talent, viel Rummel

Marco Terrazzino als Hoffenheimer Torschütze in der Bundesliga und mit seinem Bruder Vincenzo (Bild rechts, rechts). [Foto: Fotos Getty Images, privat; Collage FUSSBALL.DE]

Als Teenager gilt Marco Terrazzino als das nächste große Ding im deutschen Fußball. Mit den B-Junioren der TSG Hoffenheim holt er im Frühsommer 2008 die Deutsche Meisterschaft, mit zwei Toren beim 6:4 im Finale über Borussia Dortmund ist er der beste Mann auf dem Platz. Noch nicht volljährig, feiert er mit den Kraichgauern bereits sein Debüt in der Bundesliga. Doch dann kommt die Karriere des technisch starken Deutsch-Italieners ins Stocken. „Marco war damals noch nicht reif genug“, weiß sein sieben Jahre älterer Bruder Vincenzo, der in der Landesliga kickt – die neueste Folge unserer großen Serie Familienbande.

In Mannheim geboren, treten die beiden Terrazzino-Jungs zum ersten Mal beim VfL Neckarau gegen den Ball. Vincenzo allerdings beginnt erst mit zehn Jahren mit dem Vereinsfußball, der kleine Marco schon mit drei. „Er war schon in Pampers auf dem Platz“, lacht Vincenzo Terrazzino. „Ich habe relativ spät angefangen, weil wir vor unserem Umzug nach Neckarau in der Mannheimer Innenstadt gewohnt haben und es dort nicht so einfach war, einen Verein ganz in der Nähe zu finden.“

In Neckarau, einem Ortsteil Mannheims am Stadtrand, betreiben die Terrazzinos die Gaststätte des VfL Kurpfalz. Für die Jungs ein Paradies, denn der Mehrspartenverein bietet auf seiner großzügigen Anlage neben Fußball auch Tennis, Fitness und Gymnastik an. Dennoch wird der VfL den Fußball-Talenten bald eine Nummer zu klein, Vincenzo geht mit 14 Jahren zum SV Waldhof. „In der B-Jugend sind wir dann mit 34 Siegen in die Regionalliga aufgestiegen“, berichtet der heute 32-Jährige von einer erfolgreichen Jugendzeit.

Insolvenz mit Waldhof

"Natürlich war es mein Traum, Profi zu werden, gerade als es bei Waldhof in der Jugend so gut lief. Man will doch den Idolen, die man im Fernsehen oder ab und zu im Stadion sieht, selbst nacheifern"

Als er beim früheren Bundesligisten (1983 bis 1990) in den Seniorenbereich wechselt, hat er einen Profivertrag für die 2. Liga in der Tasche – der wertlos ist. „Genau in dem Jahr musste der Verein Insolvenz anmelden und alle Verträge waren ungültig“, blickt Vincenzo Terrazzino zurück. Er schließt sich dem Oberligisten TSG Weinheim an, spielt später noch unter Trainer Günter Sebert beim SV Sandhausen ebenfalls in der Oberliga und kehrt nach weiteren Stationen beim VfR Mannheim sowie Borussia Neunkirchen zu seinem Jugendverein VfL Neckarau zurück.

Seit 2011 spielt Vincenzo Terrazzino nun beim ASC Neuenheim in der Landesliga Rhein-Neckar . „Natürlich war es mein Traum, Profi zu werden, gerade als es bei Waldhof in der Jugend so gut lief“, sagt er. „Man will doch den Idolen, die man im Fernsehen oder ab und zu im Stadion sieht, selbst nacheifern. Irgendwann muss man sich aber dann zwangsläufig die Frage stellen, ob man es auch schafft.“ Das ist bei ihm spätestens mit 23 oder 24 Jahren der Fall. Schon mit 17 beginnt Vincenzo Terrazzino eine Ausbildung zum Industriemechaniker, heute ist er als Montagewerker beim Land- und Baumaschinenhersteller John Deere in Mannheim tätig.

Sein jüngerer Bruder Marco ist über einige Umwege wieder in Hoffenheim gelandet. Nachdem der inzwischen 25-Jährige bei der TSG nicht den erhofften Durchbruch packt und nur noch in der Regionalliga-Reserve spielen darf, wechselt er zunächst für eine Saison zum Karlsruher SC. Es folgen jeweils zwei Jahre beim SC Freiburg und beim VfL Bochum. „Das hat ihm gut getan“, findet Vincenzo. „Als er damals von Neckarau ins Hoffenheimer Nachwuchsleitungszentrum gezogen ist, war das ein Riesensprung für ihn. Dann ist er mit der TSG Deutscher B-Juniorenmeister geworden und hat in der Saison über 30 Tore geschossen. Und als er dann mit 17 Jahren schon bei den Profis mittrainieren durfte, war er plötzlich in aller Munde“, erzählt sein älterer Bruder.

Aufschwung unter Nagelsmann

Noch heute erinnert er sich gut an ein Vorbereitungsspiel der TSG gegen Galatasaray Istanbul, bei dem Marco zum ersten Mal bei den 1899-Profis mitspielen durfte. „Ich lag im Freibad und mein Handy klingelte die ganze Zeit. Letztlich war Marco aber noch nicht reif genug, um mit dem ganzen Wirbel umzugehen“, meint Vincenzo Terrazzino. „Wir kommen aus einfachen, bescheidenen Verhältnissen, die Erwartungshaltung an ihn war zu groß.“

Auch wenn Marco nicht die ganz große Karriere hingelegt hat, die man ihm einst prophezeit hat, ist Vincenzo mächtig stolz auf seinen kleinen Bruder. Marco Terrazzinos Karriere kommt ja auch gerade wieder in Schwung. Nachdem er in der Hinrunde bei den Überfliegern des jungen Erfolgstrainers Julian Nagelsmann lediglich elf Minuten mitspielen durfte, gehört er zuletzt mehrfach zur Hoffenheimer Startelf oder wird zumindest stets eingewechselt. 34 Bundesligaeinsätze sind für einen 25-Jährigen, der mit 17 schon als kommender Star hochgejubelt wurde, vielleicht nicht das Ziel aller Träume – aber mit dem Hier und Jetzt kann Marco Terrazzino sehr gut leben.

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