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Fußball & Jura |22.09.2021|07:50

Dlugaiczyk: Drittligakeeper und Staatsanwalt

Alexander Dlugaiczyk: "Mein Vertrag läuft noch bis Juni 2022, mal sehen, ob es danach noch weitergeht."[Foto: TSV Havelse]

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Seit mittlerweile 14 Jahren steht er, mit Unterbrechungen, im Tor des TSV Havelse. Nachdem er schon von der Landes- bis zur Regionalliga mehr als 300 Spiele als Nummer eins im Fußball absolviert hatte, durfte er im Sommer zum ersten Mal den Aufstieg in eine Profiliga feiern - und das im zarten Alter von 38 Jahren. Dabei ist Alexander Dlugaiczyk im Hauptberuf gar kein Fußballer.

Der 1,95-Meter-Mann ist im Staatsdienst tätig, und zwar als Staatsanwalt bei der Justiz in Hannover. Wir sprechen mit dem Keeper über Gedanken ans Karriereende, Chancen auf einen Drittligaeinsatz und den Spagat zwischen Job und Hobby.

FUSSBALL.DE: Herr Dlugaiczyk, hatten Sie schon immer ein besonderes Gerechtigkeitsempfinden?

Alexander Dlugaiczyk: Ja, das kann man so behaupten! Unabhängig vom Beruf fühlt man sich auf dem Platz sowieso teilweise ungerecht behandelt, sei es vom Schiedsrichter oder weil das Spiel nicht so verläuft, wie man es sich gewünscht hätte. Aufgrund meiner Tätigkeit als Staatsanwalt muss ich mich aber besonders immer wieder selber überprüfen, ob ich meinem Anspruch von Gerechtigkeit entspreche. Dafür hatte ich aber schon früh ein Faible. Meine Mutter erinnert sich gut daran, wie ich schon als Kind oder Jugendlicher gesagt habe: "Ich will Staatsanwalt werden!". (lacht)

"Meine Mutter erinnert sich gut daran, wie ich schon als Kind oder Jugendlicher gesagt habe: 'Ich will Staatsanwalt werden!'"

Mission erfüllt.

Dlugaiczyk: Nach dem Abitur habe ich zwar zuerst meinen Zivildienst geleistet, aber ich wollte auf jeden Fall Jura studieren. Das habe ich getan und bin nun seit sieben Jahren als Staatsanwalt für das Land Niedersachsen tätig.

Hannover 96 hat Sie als C-Jugendlicher entdeckt, mit den "Roten" haben Sie in der höchsten Juniorenliga gespielt und nachher in der U 23. Wollten Sie nicht Profifußballer werden?

Dlugaiczyk: Doch, schon, ich habe zu der Zeit auch oben reingeschnuppert und durfte bei 96 auch bei den Profis mittrainieren und wurde dort im Testspiel eingesetzt. Letztlich kam ich aber nie wirklich in die Situation, mich für nur eine Sache entscheiden zu müssen - den Fußball oder die Ausbildung. Während des Studiums konnte ich beides gut miteinander vereinbaren, das wurde erst ein bisschen komplizierter, als ich im Jahr 2014 als Staatsanwalt angefangen habe. Da hatte ich zunächst Bedenken, ob das klappen wird. Man braucht einfach ein gutes Zeitmanagement und einen Trainer, der Verständnis dafür hat, dann funktioniert das schon.

Haben Sie nach dem Aufstieg des TSV Havelse vor ein paar Monaten nicht gedacht: Wie mache ich das denn jetzt?

Dlugaiczyk: Im ersten Moment natürlich nicht, da freut man sich über den Aufstieg und was man sportlich erreicht hat. Dafür spielen wir ja Fußball! Aber es war klar, dass in der 3. Liga noch einmal ganz andere Herausforderungen auf uns zukommen würden als in der Regionalliga. Der TSV Havelse ist zwar ein anderer Drittligaverein als andere, denn in unserem Kader gibt es noch drei weitere Mitspieler, die arbeiten gehen, sowie einige Studenten, aber die Strukturen sind trotzdem professionell. Schwierig wird es, wenn wir weite Auswärtsspiele haben, so wie am vorigen Samstag in Würzburg, wohin es schon am Freitag losging. In solchen Fällen muss ich mir halt einen Urlaubstag nehmen.

Was sagt Ihr Arbeitgeber dazu?

Dlugaiczyk: Das ist abgesprochen. Klar ist, dass mein Beruf Priorität genießt und der Fußball ein Hobby ist - eine zeitintensive Leidenschaft und eine Nebentätigkeit auf sportlich hohem Niveau, aber gegenüber meinem Beruf eben untergeordnet. Ich wollte halt nie zu den Typen gehören, die noch, bis sie 30 oder älter sind, durch den Amateurfußball tingeln und dann irgendwann mal irgendeine Ausbildung anfangen, weil sie nicht wissen, was sie machen sollen außer Fußball zu spielen. Da ich ein gutes Abi hingelegt habe, hatte ich an mich selbst den Anspruch, daraus etwas zu machen - nämlich Jura zu studieren und als Staatsanwalt tätig zu werden.

Sind Sie als Staatsanwalt so etwas wie ein Exot in der TSV-Kabine?

Dlugaiczyk: Das bin ich ja schon aufgrund meines Alters. (grinst) Einige der Jungs sind Jahrgang 2000, von daher könnte ich rein biologisch auch ihr Vater und nicht ihr Teamkollege sein. Und klar, in der dritten oder vierten Spielklasse werden sich sicherlich nicht so viele Spieler finden, die hauptberuflich als Staatsanwalt tätig sind.

Aktuell sind Sie die Nummer drei im Kasten der Havelser. Wie ist das Verhältnis zu Stammkeeper Norman Quint und seinem momentanen Stellvertreter Tobias Stirl? Sind Sie so etwas wie der große Bruder für die Jungs?

Dlugaiczyk: So könnte man es nennen. Das Verhältnis unter uns Torhütern ist sehr gut. Norman und ich kennen uns ja schon länger, während Tobias erst in dieser Saison zu uns gestoßen ist. Natürlich sind wir Konkurrenten um den Platz im Tor, aber darunter leidet unsere Kameradschaft und unser Respekt vor dem anderen nicht. Ich versuche auch stets, die beiden anderen zu unterstützen.

Sollte einer ausfallen, könnten Sie schnell wieder die Nummer eins sein oder zumindest auf der Bank sitzen.

Dlugaiczyk: Diese Situation hatten wir schon im ersten Saisonspiel gegen Saarbrücken, als Tobi noch gar nicht bei uns war. Er ist erst danach verpflichtet worden. Seitdem sind Norman und Tobi für die folgenden Spiele als erster und zweiter Torhüter nominiert worden, während ich in den Spielen gegen Duisburg, Wiesbaden, Dortmund und Meppen als dritter Torhüter dem Kader angehörte. Solch eine Konstellation kann sich im Fußball aber schnell ändern. Ich bin, zum Glück, für mein relativ hohes Fußball-Alter noch fit, das liegt auch daran, dass ich während meiner Karriere nur einmal eine schwere Verletzung hatte, und das ist schon länger her. Ich achte auf meinen Körper und bin daher, meine ich, genau so fit wie Norman und Tobi. Und dass ich hauptberuflich arbeite, spielt dabei keine große Rolle, denn bisher hat es gut funktioniert, dass ich nur ganz selten eine Einheit verpasse.

Haben Sie nach dem Aufstieg nicht daran gedacht: Jetzt ist der schönste Moment, um aufzuhören?

Dlugaiczyk: Habe ich tatsächlich, aber nur ganz kurz. Eigentlich überwog sofort die Vorfreude auf die neue Saison in der neuen Liga. Außerdem hatten wir durch die coronabedingte Unterbrechung im letzten Jahr keine normale Saison, von daher wollte ich nicht so aufhören. Mein Vertrag läuft noch bis Juni 2022, mal sehen, ob es danach noch weitergeht.

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