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An der Pfeife |17.12.2024|13:25

Erstliga-Schiri aus Marokko an der Mosel

Mit seiner positiven Art hat sich der 33-Jährige auf Anhieb viele Sympathien erworben. [Foto: Andreas Arens]

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Einen kompletten Neustart als Schiedsrichter hat Ayoub Driouache hingelegt. In seinem Heimatland Marokko zählte er über sechs Jahre hinweg zu den Elite-Unparteiischen und war als Profi unterwegs. Seit ein paar Wochen pfeift er nun Spiele im Fußballverband Rheinland, begann dabei in der Kreisliga B. Mittlerweile hat er sich bereits in höhere Sphären vorgekämpft.

Im Land des aktuellen FIFA-Weltranglisten-14. war Driouache in der ersten und zweiten Liga unterwegs, pfiff Spiele vor zum Teil mehreren Tausend Zuschauern – unter ähnlichen Bedingungen wie in der Bundesliga, also mit Unterstützung des Video-Assistenten und im Rahmen von Liveübertragungen im Fernsehen. Der 33-Jährige musste sich wöchentlich Regel-  und Fitnesstests unterziehen und nahm an Seminaren teil.

"Er wäre auf dem Sprung gewesen, eine internationale Karriere zu starten und dann afrikaweit Spiele zu leiten", meint Nadjia. Die Triererin ist der Grund dafür, dass Driouache seine Zelte in der 3,5-Millionen-Metropole Casablanca abbrach und mittlerweile mit ihr zusammen in der Moselmetropole wohnt. Vor rund zwei Jahren lernten sie sich übers Internet und dann während ihres Marokko-Urlaubs kennen. Vor gut einem Jahr heirateten sie dann. 

Aus Liebe nach Deutschland

"Ich will mich in einem anderen Land mit einer anderen Sprache als Schiedsrichter beweisen"

Die Liebe, aber auch die Suche nach einer neuen Herausforderung, linderten Driouaches Abschiedsschmerz erheblich: "Ich weiß, dass ich es in Marokko auf höchstem Niveau hinbekommen habe. Jetzt will ich mich in einem anderen Land mit einer anderen Sprache als Schiedsrichter beweisen und schauen, wie weit ich es hier noch nach oben packen kann."

Im Frühjahr schickte der gelernte Autotechniker seine Unterlagen und Bescheinigungen zum DFB nach Frankfurt. Da er im Gebiet des Fußballverbandes Rheinland (FVR) wohnt, nahmen sich Arianit Besiri, Vizepräsident für sozial- und gesellschaftspolitische Aufgaben, und Sami Rasani, Integrationsbeauftragter des Verbandes, der Sache an. Sie trafen sich mit Driouache auf einen Kaffee, um ihn näher kennenzulernen. "Ich begrüße es sehr, wenn Sport zu einem besseren Ankommen in einem anderen Land beiträgt, und ich bin davon überzeugt, dass Vereine hierbei eine Schlüsselrolle spielen. Mir imponiert die Macht des Sports, der unsere Gesellschaft zusammenhält", unterstreicht Besiri, der aus dem Kosovo stammt.

"Das System in Marokko ist anders. Hier war ich direkt beim Verband angestellt. Ich musste erst mal verstehen, dass dein Weg hier im Normalfall über einen Verein, für den du pfeifst, beginnt", sagt der für Eintracht Trier an den Start gehende Referee – noch in Französisch, aber auch schon mit einigen Brocken Deutsch. Die Sprache schnell zu lernen, soll ihm dabei helfen, über die Region hinaus als Unparteiischer möglichst rasch Fuß zu fassen.

"Schiri" oder "Chérie"?

Seit Mitte September ist Driouache in der Region Trier als 23. Mann unterwegs. Wenn er an sein Debüt beim Duell der Kreisliga B10 zwischen dem SV Trier-Irsch II und dem FC Gielert (Endstand: 6:1) zurückdenkt, muss er schmunzeln: Einige Spieler hätten ab und an "Schiri, Schiri!" gerufen – wie es halt so üblich ist, um irgendetwas für sich zu reklamieren. Er habe dies aber zunächst als "Chérie" und damit als französische Vokabel für das deutsche Wort "Liebling" wahrgenommen...

Schiedsrichterbeobachter, die seiner Heimatsprache mächtig sind, schickte der FVR in den ersten Wochen immer wieder mit, damit er vor Ort (noch) besser klarkommt. "Ayoub überwindet die Sprachbarriere mit seiner freundlichen Art. Auf dem Spielfeld gibt es ohnehin nur eine Sprache: Da gilt der Pfiff", weiß Besiri, selbst als Schiri in der Oberliga aktiv. Wertvolle (Integrations-)Hilfe leistet auch Christoph Selbach-Schneider, der rührige Schiedsrichterbeauftragte von Eintracht Trier, bei dem er Teil des zehnköpfigen Schiri-Teams ist.

Schnell wurde FVR-Schiedsrichterboss Ulrich Schneider-Freundt auf die Qualitäten des stets positiv und besonnen wirkenden Referees aus Marokko, der selbst Kreisligaspiele mit Professionalität und hoher Konzentration angeht, aufmerksam. "Jemanden wie ihn wollen wir so gut und so zügig es geht fördern. Es ist sonnenklar, dass Ayoub Driouache bei uns nicht den mühsamen Gang durch die einzelnen, unteren Ligen gehen muss", betont der Funktionär.

Das Eifelderby in der Bezirksliga West zwischen der SG Daleiden und dem SV Schleid (2:1) meisterte Driouache, ohne eine einzige Karte zeigen zu müssen und wusste zudem bereits bei zwei Assistenten-Einsätzen in der Oberliga zu überzeugen – ohne diesen Part jemals zuvor in seiner Heimat übernommen zu haben: "Hier findet sehr früh eine fachliche Konzentration statt, und man ist dann ausschließlich als Schiedsrichter oder Assistent auf dem Feld oder etwa im Futsal oder Beachsoccer aktiv."

Ambitioniertes Ziel: Oberliga

Kurz vor der Winterpause hätte für Driouache, der das Leben in der Moselmetropole in vollen Zügen genießt ("Hier kann ich auch mal in Ruhe im Café sitzen, ohne auf mein letztes Spiel angesprochen zu werden.") und sich zudem beim FSV Tarforst als E-Jugendtrainer einbringt, eigentlich bereits die Premiere in der Rheinlandliga angestanden – erstmals als Leiter eines Schiedsrichtergespanns. Die Partie zwischen dem FC Bitburg und der SG Malberg wurde dann aber wegen Personalengpässen in beiden Lagern auf den 15. Februar verschoben. 

Bis in die Oberliga wolle er es in jedem Fall noch schaffen, lässt Driouache durchblicken. Mit dem Hier und Jetzt könne er aber auch schon gut ganz leben und freut sich darüber, wie viel Respekt ihm bislang auf den Sportplätzen in seiner neuen Heimat entgegengebracht wurde.

Parallel hat er die Entwicklung in Marokko im Vorfeld der beiden großen Turniere (Afrika-Cup Ende 2025/Anfang 2026 und WM-Co-Gastgeber 2030) fest im Blick. "Überall wird gebaut. Die Stadien werden auf internationalen Standard gebracht. Das Land erlebt in puncto Infrastruktur eine bemerkenswerte Entwicklung." Den Kontakt nach Marokko will er weiter halten – und feilt zudem an seiner zweiten Karriere in Deutschland, in der er schon in wenigen Monaten einiges erreicht hat.

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