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Am 22. Mai 2021 verabschiedete sich der FC Schalke 04 nach einer katastrophalen Saison und einer abschließenden 0:1-Niederlage beim 1. FC Köln aus der Bundesliga. Einer, der aufgrund seines Berufs immer ganz nah an den Spielern ist, geht nicht mit ins Unterhaus des deutschen Fußballs, sondern wagt einen persönlichen Neustart: Dennis Schmitz.
Von Januar 2017 bis offiziell zum 30. Juni 2021 als Physiotherapeut auf Schalke angestellt, sucht sich eine neue Herausforderung. Er macht sich selbstständig, Anfang 2022 wird er mit einem Chiropraktiker eine Praxis in seiner Heimatstadt Rheinberg eröffnen. Dort spielt er auch Fußball, und zwar bei den Alten Herren des SV Budberg .
Wie es ist, sechs Tage die Woche mit dem Profifußball zu tun zu haben und wie wichtig die kleinen Fluchten in die Normalität des Amateur- beziehungsweise Freizeitsports sind, darüber kann der 41-Jährige viel erzählen. "Ich habe immer davon geträumt, einmal als Physiotherapeut bei einem großen Verein zu arbeiten", sagt Dennis Schmitz. "Als Schalke mir die Möglichkeit dazu angeboten hat, habe ich das auch sehr gerne angenommen. Auf der anderen Seite ist es schon so, dass es ein ganz anderes Arbeiten ist, als ich es vorher gewohnt war und mit einer Anstellung bei einem Profiklub auch viele Verpflichtungen verbunden sind."
Geregelte Arbeitszeiten von morgens bis nachmittags wie vorher, als er in einer Praxis in Rheinberg angestellt ist, gibt es auf Schalke nicht. Jedes Wochenende ist er unterwegs, wenn die Profis spielen, dazu kommen die Reisen, als S04 noch international in der Champions League spielt. "Es ist einfach eine andere Welt. Man muss erst einmal die ganzen Leute kennenlernen, die in solch einem großen Verein sind. Und in meiner Funktion habe ich schließlich eine recht enge Beziehung zu immer denselben wenigen Patienten. Außerdem hat man dort nur mit Sportverletzungen zu tun und nicht mit den vielen verschiedenen anderen Problemen, die ich sonst behandelt habe."
"Wenn wir in den Jahren davor das Derby gewonnen haben, das war immerhin zweimal der Fall, oder nach dem sensationellen 4:4 durch Naldo in Dortmund, kam ich immer mit sehr viel guter Laune zum Altherren-Training"
Positiv: Im Team, dem medizinischen Stab bei den Königsblauen, fühlt sich Dennis Schmitz gut aufgehoben. Sein Chef hatte ihn über einen Umweg nach Gelsenkirchen geholt. Thomas Kühn, Leiter der physiotherapeutischen Abteilung auf Schalke und ein guter Freund, war zuvor bei Eintracht Frankfurt tätig und fragte in dieser Zeit schon bei ihm an, ob er zu den Hessen kommen wolle. "Da habe ich abgesagt, weil es aus persönlichen Gründen nicht passte. Meine damalige Freundin und ich hatten gerade ein Haus in Budberg gekauft, wir wollten nicht nach Frankfurt ziehen", berichtet Dennis Schmitz. "Als Thomas Kühn dann auf Schalke angefangen hat, hat er mich erneut gefragt, und da habe ich zugesagt."
Sein erster Patient auf der Liege: Donis Avdijaj. Der Jungprofi, in der B-Jugend noch Rekordtorschütze und als Riesentalent gefeiert, kommt im Seniorenfußball nicht wirklich an. Was die Spieler ihm bei der Behandlung anvertrauen, wie manche bei den Physios ihr Herz ausschütten, will Dennis Schmitz verständlicherweise nicht erzählen. Nur so viel: "Mein zweiter Patient war dann Benni Höwedes. Der war im Umgang schon anders als Donis Avdijaj."
Was ihm das Einleben in der neuen Umgebung und dem stets spannungsgeladenen Umfeld auf Schalke leicht macht, ist die gute Stimmung im Team der medizinischen Abteilung. Auch wenn bei den Knappen die Trainer kommen und gehen und jeder Fußballlehrer seine eigenen Vorstellungen davon hat, wie angeschlagene Spieler therapiert werden sollen: Thomas Kühn und seine Leute wie Dennis Schmitz versuchen ihren Job, unabhängig von der wechselhaften sportlichen Situation, so gut wie möglich im Sinne ihres Arbeitgebers zu machen.
Wie es einem Fußballer geht, der nicht auf dem Platz kicken kann, sondern in der Reha geduldig arbeiten muss, bis er wieder den Schweiß in der Kabine und den Duft des Rasens riechen kann, weiß er selbst. Als Dennis Schmitz ein kleiner Junge ist, melden ihn seine Eltern beim SV Budberg an. Dort spielt er in der kompletten Jugend und anfangs auch in der ersten Mannschaft, lange Jahre unter seinem fußballerischen Ziehvater Wilhelm Barnowski, ehe er es auch mal höherklassig versucht.
Vier Jahre kickt der Angreifer in der Verbandsliga bei Viktoria Goch und zwei Jahre in der Landesliga beim SV Sonsbeck , dann kehrt er zum SV Budberg zurück. Mit seinem Heimatklub schafft er zwar den Aufstieg in die Landesliga, muss aber auch eine schwere Verletzung einstecken. "Da ist mir der Keeper der gegnerischen Mannschaft wie einst Toni Schumacher dem Franzosen Patrick Battiston mit den Knien voran ins Gesicht gesprungen", erinnert sich Dennis Schmitz an mehrere Frakturen rund um Nase und Stirn.
In der Zeit treibt er seine berufliche Ausbildung voran. Nach einem Studium der Physiotherapie an der HAN (Hogeschool van Arnhem en Nijmegen) im niederländischen Nijmegen (2000 bis 2004) folgt von 2008 bis 2013 ein Fernstudium der Osteopathie an der IAO (The International Academy of Osteopathy) in Darmstadt. "Ich habe dann bei uns in Budberg nur noch in der dritten Mannschaft in der Kreisliga C gespielt", berichtet Dennis Schmitz.
Als er auf Schalke anfängt, wechselt er in die Alten Herren, die sich einmal in der Woche am Donnerstagabend zum gemütlichen Spielchen treffen. Das lässt sich gut mit seiner Tätigkeit bei den Profis verbinden. Im Sommer 2017 reißt ihm dann beim Kicken die Achillessehne, der Physiotherapeut und sektoraler Heilpraktiker Dennis Schmitz wird selbst zum Patienten. Nach einem Jahr Pause wagt er die vorsichtige Rückkehr auf den Platz – und muss sich in der Budberger Kabine rechtfertigen, wenn auf Schalke mal wieder Chaos herrscht.
"Wir haben ja auch Dortmund-Fans in der Mannschaft, die hatten natürlich zuletzt viel zu lästern", so Dennis Schmitz lachend. Aber: "Wenn wir in den Jahren davor das Derby gewonnen haben, das war immerhin zweimal der Fall, oder nach dem sensationellen 4:4 durch Naldo in Dortmund, kam ich immer mit sehr viel guter Laune zum Altherren-Training."
Seit einem halben Jahr ist seine Schalke-Zeit nun vorbei. Nach verschiedenen Jobofferten hat sich Dennis Schmitz dazu entschieden, mit einem Partner in Rheinberg eine Praxis für ganzheitliche Gesundheitstherapie, Chiropraktik und Physiotherapie zu eröffnen. Neben den manuellen Therapie-Methoden gehören auch Gesundheits- beziehungsweise Bewegungskurse wie Yoga, Pilates und Entspannungstrainings zum Angebot der Praxis-Gemeinschaft.
Nebenher in den Alten Herren des SV Budberg Fußball spielen wird er jedoch weiterhin – nicht mehr als Ausgleich zu den wilden Zeiten auf Schalke, sondern dann nach einem hoffentlich gut ausgefüllten Tag in seiner eigenen kleinen Firma.
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