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Haben tolle Erfahrungen mit der afghanischen Nationalmannschaft gesammelt: (oben, von links) Shabnam Ruhin, Mina Ahmadi und Dorranai Hassan. [Foto: privat / Collage: FUSSBALL.DE]
Im deutschen Amateurfußball-Alltag spielen sie Wochenende für Wochenende in Hamburg für den ESV Einigkeit Wilhelmsburg und den FC Bergedorf 85 sowie in Berlin für Hertha 03 Zehlendorf - doch nun waren Shabnam Ruhin, Mina Ahmadi und Dorranai Hassan mit der afghanischen Frauennationalmannschaft bei den Südasien-Meisterschaften in Indien. Das Erlebnis war für das talentierte Trio eine "superschöne Erfahrung".
Shabnam Ruhin und Mariyam Ruhin aus Hamburg sind zwei der fünf in Deutschland lebenden Spielerinnen des aktuellen Nationalkaders Afghanistans. Kürzlich kehrte Shabnam Ruhin, die normalerweise für den ESV Einigkeit Wilhelmsburg in Hamburg spielt, gemeinsam mit Mina Ahmadi vom FC Bergedorf 85 (ebenfalls Hamburg) und Dorranai Hassan ( Hertha 03 Zehlendorf , Berlin) von den Südasien-Meisterschaften aus dem indischen Siliguri zurück.
"Wir sprengen mit dem Fußball Grenzen und sind sportliche Botschafter für Frieden, Leidenschaft und Teamgeist. Als Frauen zeigen wir die Gleichheit der Geschlechter"
„Shabi und Mina sind Leistungsträgerinnen in unserem Team. Dora gilt mit ihren 16 Jahren als ein riesiges Talent“, lobt Afghanistan-Managerin Khalida Popal. Dorranai Hassan hatte unlängst in Indien als eine der Torhüterinnen des Frauen-Nationalteams aus Afghanistan viel zu tun. Alltags steht die 16-Jährige für Zehlendorf in der U 17-Bundesliga Nordost zwischen den Pfosten. Jetzt bestritt die Elftklässlerin in Siliguri an den Ausläufern des Himalaja bei den vierten SAFF-Championships (26. Dezember 2016 bis 4. Januar 2017) ihr erstes Länderspiel.
Das 1:5 gegen Titelverteidiger Indien gilt als Achtungsergebnis. Gegen Bangladesch allerdings war deren Kapitänin Sabina Khatun irgendwie nicht in den Griff zu bekommen. Sie schlug gleich fünfmal zu. Insgesamt musste Dorranai bei ihrem Debüt sechsmal hinter sich greifen. Kleiner Trost: Beide Gegner bestritten das Finale. Schwerer hätte die Gruppe für die Lions of Afghanistan also gar nicht sein können. „Für mich ist das Ganze trotzdem wie ein Traum, denn ich wollte schon immer Nationalspielerin werden“, schwärmt die Torhüterin aus Berlin.
Die meisten Spielerinnen aus Afghanistans Kader leben in anderen Ländern. Neben Deutschland sind das Dänemark, Schweden, Norwegen, die Niederlande und die USA, je nachdem, wohin die Flucht vor den Taliban sie jeweils geführt hat. Roia Noori etwa, seit Gründung des Teams 2007 dabei, lebt seit 2011 in Schweden. Die ehemalige Kapitänin Khalida Popal ist inzwischen Teammanagerin. 2011 aus Kabul geflohen, leitet die 29-Jährige jetzt die Geschicke aus ihrer dänischen Exilheimat.
Neben der Berlinerin Hassan waren zwei weitere Afghaninnen aus deutschen Vereinen in Siliguri dabei: Mina Ahmadi (FC Bergedorf 85, Landesliga) und Shabnam Ruhin (ESV Einigkeit Wilhelmsburg, Verbandsliga), beide aus Hamburg. Zum aktuellen 26er-Kader, der sich im vergangenen Herbst in Kalifornien vorbereitet hatte, gehört auch Shabnams Schwester Mariyam Ruhin; außerdem Manija Mir, die zu Saisonbeginn von Wilhelmsburg nach Bergedorf gewechselt ist. Während Manija aufgrund eines Kreuzbandrisses passen musste, hatte Mariyam wegen der Vorbereitung auf ihr erstes Jura-Staatsexamen abgesagt. Die Ruhins leben wie Mir, Ahmadi und Hassan in zweiter Generation mit Migrationshintergrund in Deutschland.
Vater Ahmadi war Profi-Wrestler, war Ende der 80er Jahre wegen der Kriegswirren vom Hindukusch geflohen. Minas älterer Bruder weckte das Fußballinteresse; die Eltern unterstützten den Weg in den Verein. Heute sind sie stolz, dass ihre Tochter Nationalspielerin ist. „Ein Leben ohne Fußball kann ich mir längst nicht mehr vorstellen“, sagt die 19-jährige offensive Mittelfeldakteurin. „Mein erster Verein war mit sechs Jahren das Jungenteam des TSV Glinde.“
Über die befreundete Manija Mir erfuhr sie vom Nationalteam. Mir war bereits 2015 erfolgreich gescoutet, gab ihren Tipp weiter – und schon wurde auch Ahmadi erfolgreich gecastet. In Indien bestritt sie jetzt die ersten beiden Länderspiele. „Das Turnier war einfach nur Wahnsinn. Wenn du da aufs Spielfeld läufst und die Nationalhymne hörst - das sind unvergessliche Gänsehautmomente“, erzählt Mina. „Ich bin stolz auf diese Bindung zu unserer Heimat, die wir auf so positive Weise in gutem Licht repräsentieren können. Wir sprengen mit dem Fußball Grenzen und sind sportliche Botschafter für Frieden, Leidenschaft und Teamgeist. Als Frauen zeigen wir die Gleichheit der Geschlechter.“
Das sehen die Ruhin-Schwestern, deren Eltern ebenfalls einst geflüchtet waren, ähnlich. „Unser Land hat viel durchgemacht. Wir möchten mithelfen und als Vorbild zeigen: Frauen können vieles, auch Fußball spielen. Es gibt inzwischen Frauen, die die Burka ablegen, nur noch ein Kopftuch tragen und so einen Wandel einleiten“, sagt Shabnam, Studentin der Medizintechnik im siebten Semester. „Das Turnier in Indien war einfach mega, obwohl wir beide Spiele verloren haben. Aber daraus lernen wir viel. Schließlich haben wir in dieser Formation erstmals und unter neuer Trainerin zusammen gespielt.“ Auf die Teamkameradinnen, die in den vergangenen Jahren geflohen sind oder noch in Afghanistan leben, ist sie besonders stolz. „Was diese Mädels an Leid und Unterdrückung erlebt haben, ist unglaublich. Kaum nachvollziehbar für uns, die wir in Deutschland aufgewachsen sind und alles viel leichter haben.“
Mariyam Ruhin ergänzt: „Dass die Mädels in Afghanistan für ihre Menschenrechte kämpfen müssen, hat sie härter gemacht. Hartnäckig, zielstrebig, energiereich und durchsetzungsstark. Das ist bewundernswert und wirkt sich positiv auf die Mentalität im Team aus, macht uns stark und zu einer verschworenen Gemeinschaft. Wir sind nicht umsonst die Lions of Afghanistan . Und diese Erfahrungen verändern das eigene Weltbild deutlich. Man lebt bewusster.“
Seit 2014 gibt es in Afghanistan sogar eine kleine Frauenfußball-Liga. Rund 2.000 Mädchen und Frauen spielen inzwischen Fußball. Vor zehn Jahren waren das nur 340 Mutige, die bedroht, beschimpft und mit Steinen beworfen insgeheim hinter Mauern gekickt haben. Das Nationalteam begann einst mit Klaus Stärk als Coach unter US-Militärbewachung in Kabul auf dem ISAF-Truppengelände zu trainieren. Seit letztem Jahr ist die ehemalige US-Nationalspielerin Kelly Lindsey Cheftrainerin.
Shabnam (25) und Mariyam Ruhin, die kommende Woche 24 Jahre alt wird, sind seit 2012 Nationalspielerinnen. An ihre Entdeckung durch einen afghanischen Scout erinnern sich die beiden noch genau. „Nach einem unserer Vereinsspiele gab uns ein Mann seine Visitenkarte. Darauf standen Name und Telefonnummer eines Pizza-Services. Wir waren verunsichert“, erzählt Shabnam mit einem Lächeln. Der nächste Versuch jenes Pizza-Scouts klappte besser. Noch im selben Jahr spielten beide Schwestern bei der Südasien-Meisterschaft in Sri Lanka in allen vier Partien in der Startformation mit. „Besonders in Erinnerung ist mir das 4:0 gegen Pakistan. Ich habe zwei Tore erzielt“, strahlt Shabnam über ihren Erfolg an jenem 10. September in Colombo, als sie die Halbzeitführung erzielte.
Ihre Schwester erinnert sich bei dem Turnier an eine „superschöne Erfahrung“, denn „es ist ja sehr multikulturell bei uns. Wir kannten uns vorher nicht, kommunizieren auf Farsi, Dari und Englisch. Laufwege, Taktik, Spielzüge – alles musste schnell einstudiert werden. Wir kamen immerhin bis ins Halbfinale gegen Nepal.“ Das ist noch heute der größte Erfolg für Afghanistans Löwinnen.
Auf Sri Lanka mit dabei war auch Papa Ruhin. „Unser Vater wollte sich vor Ort davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht so weit entfernt von Hamburg“, so Mariyam. „Die Reise hat ihn endgültig zum Fan gemacht. 2014 beim SAFF-Turnier in Pakistan waren wir allerdings nicht dabei, denn Pakistan ein kein sicheres Land.“
Der Weg in den Verein schien für die Schwestern geradezu vorgezeichnet. „Wir haben schon im Kindergarten gerne gekickt. Als wir nach Wilhelmsburg gezogen sind, durften wir vor elf Jahren zum ESV Einigkeit gehen“, erinnert sich Mariyam. Irgendwie habe es gepasst, dass der jüngere Bruder dort kickte und es auch ein Mädchenteam gab. Matthias Bolle, auch heute noch Trainer der Schwestern, suchte ohnehin Spielerinnen. “Sportlich und menschlich gesehen ist Matthias Bolle für uns einer der besten Trainer in Hamburg. Er unterstützt uns, wo er nur kann. Wir sind mit ihm von der Bezirksliga bis in die Verbandsliga aufgestiegen. Als nächstes wollen wir in die Regionalliga Nord aufsteigen“, sagen die Schwestern unisono. „ Wir lieben es, hier in Wilhelmsburg zu spielen. Diese tolle Truppe ist wie eine große Familie.“
Mit dem Nationalteam liebäugeln die Schwestern jetzt mit einer eventuellen Teilnahme an Istria-Cup Anfang März. Provisorisch angemeldet ist Afghanistan. „Aber noch reicht die Unterstützung für die Reise nach Kroatien nicht“, hofft Teammanagerin Popal auf weitere Sponsoren und Spenden. Der Istria-Cup ist ein Pendant zu den Turnieren um den Algarve-Cup und Cyprus-Cup – nur mit schwächeren Teams. „Für unsere Entwicklung ist es wichtig, nicht nur gegen südasiatische Teams zu spielen. Wir sind stolz, erstmals auf eine Teilnahme in Europa angesprochen worden zu sein“, so Popal.
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