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Weltmeisterin |13.06.2017|14:00

Martina Müller: 42 Tore, Aufstieg verpasst

Martina Müller: Einst Nationalspielerin und Torjägerin beim VfL Wolfsburg, heute kickt sie in der Landesliga für den STV Holzland (8. von links). [Foto: Imago, Verein / Collage: FUSSBALL.DE]

Tore und Titel pflastern Martina Müllers Weg. Auch mit 37 Jahren trifft die Weltmeisterin von 2003 und 2007, 101 Länderspiele mit 37 Treffern, nahezu nach Belieben. Allerdings jetzt in der niedersächsischen Landesliga beim STV Holzland. Das ist ein kleines Team im Landkreis Helmstedt, das sich 1992 aus den drei Vereinen SSC Klein Sisbeck, FC Eintracht Volkmarsdorf und FC Groß Twülpstedt zusammengeschlossen hat.

Die in Kassel gebürtige Stürmerin spielte in verschiedenen nordhessischen Vereinen, bevor sie 1998 zum damals amtierenden Deutschen Meister FSV Frankfurt wechselte. Im Sommer 2005 schloss sie sich dem VfL Wolfsburg an, der gerade aus der Bundesliga abgestiegen war. Mit 36 Toren wurde Martina Müller in der folgenden Saison Torschützenkönigin der 2. Liga Nord und wurde so zur Garantin für den direkten Wiederaufstieg.

Beim VfL entwickelte die quirlige Angreiferin speziellen Titelhunger: Triple 2013 mit DFB-Pokal, Meisterschaft und Sieg in der Champions League. Natürlich war sie es, die im Londoner Finale des 1:0-Siegtreffer über Olympique Lyon erzielte. Das brachte ihr unter anderem auch den Titel als "Deutschlands Fußballerin des Jahres" ein. Und die damals aufkommende Privatpost ehrte Müller daraufhin voller Stolz und, in Deutschland einmalig, genehmigt von der Deutschen Post, mit einer eigenen Briefmarke auf einem Ersttagsbrief.

Ein Jahr später gewann sie mit dem VfL Wolfsburg erneut die Champions League. Im Finale schoss sie zwei Treffer, darunter auch den Siegtreffer zum 4:3-Endstand. Im Turnier erzielte sie mal eben so zehn Treffer. Dazu gab es wiederum die Deutsche Meisterschaft.

"Ich bin halt wie ein alter Wein. Je oller, je doller"

Am 22. Juli 2000 debütierte Müller im Spiel gegen die USA in der Nationalmannschaft des DFB, wurde ein Jahr später Europameisterin und gewann 2004 die Olympia-Bronze in Athen. Im Nationalteam wurde sie zum Joker mit Torgarantie. 75 Einwechslungen mit 25 Toren sind eine tolle Quote neben den elf Spielen über die volle Distanz mit acht Treffern.

Mit dem Ende der Saison 2014/15 beendete sie ihre Karriere beim VfL Wolfsburg, um sich beim STV Holzland in der Bezirksliga als Hobbykickerin weiter in Form zu halten. Natürlich wurde das Team 2016 Bezirksmeister und stieg in die Landesliga auf. Die Landesligasaison ist nun gerade eben beendet: Holzland belegte Platz zwei in der Landesliga Braunschweig. Mit dem torhungrigsten Angriff gelangen gleich 30 Tore mehr als dem Staffelmeister VfB Fallersleben. Von den 102 Holzland-Treffern erzielte Martina Müller 41 . „Dabei habe ich nicht mal in allen 22 Spielen mitgewirkt“, merkt sie zu ihrer sensationellen Torquote an, die bei mehr als zwei Toren pro Spiel liegt. Lapidarer Kommentar der Torjägerin mit dem eigenen, breiten Lächeln: „Ich bin halt wie ein alter Wein. Je oller, je doller.“

Jedes Jahr legt Martina Müller die Messlatte hoch. In ihrer ersten Holzland-Saison, als das Team 2015/16 als Meister der Bezirksligastaffel 1 auf 118 Tore kam, gab Müller sich in der Rückrunde erst nach 18 Treffern zufrieden. Gleich bei ihrem ersten Spiel im neuen Dress – einem 13:1-Testspielsieg bei der SG Hillerse - traf sie sechs Mal. Allein die ersten vier Tore gingen auf das Konto der früheren Nationalspielerin.

Jetzt, in der Aufstiegsrelegation zur niedersächsischen Oberliga, war allerdings Schluss für die STV-Fußballerinnen: Im ersten Spiel gegen den Hannoveraner Landesliga-Vize HSC BW Tündern aus Hameln unterlagen die Holzländerinnen mit 1:3 (1:1), obwohl Martina Müller bereits nach drei Minuten zur STV-Führung getroffen hatte, ihr 42. Tor. Es bleibt also auch 2017/18 für den STV bei der Landesliga. Traurig ist Martina Müller deswegen nicht. Denn sie liebt ihr Team, die tolle Atmosphäre im neuen Team jenseits des Leistungsfußballs, eben ganz normal als Hobbykickerin auf dem Dorf. Natürlich merke man, dass die Gegenspielerinnen motivierter sind, wenn sie gegen eine Ex-Internationale in den Zweikampf gehen. Aber unverhältnismäßig sei das bislang nie gewesen. „Mir ist die Kameradschaft sehr wichtig, Teil einer Gemeinschaft zu sein und ganz nebenbei so meinen Freundeskreis zu erweitern“, sagt sie. „Ich genieße es einfach, wenn wir nach dem Spiel oder dem Training noch etwas zusammensitzen und gemeinsam ein Bier trinken.“

Das sie auch weiterhin dabei ist, steht für die kaufmännische Sachbearbeiterin bei VW in Wolfsburg fest. Wegen der tollen Kameradschaft im Team fährt sie weiter gerne die rund 25 Kilometer von ihrem Wohnort zum Training und den Spielen zum Sportplatz der knapp 300 Einwohner großen Ortschaft Klein Sisbeck. Aus Leistungssport ist Lifetime-Sport geworden. Und so etwas wie eine Rückkehr zu den Anfängen. „Ich spiele wieder Fußball aus Spaß am Kicken. Im Leistungsfußball war das doch manchmal etwas anders. Da ging es ausschließlich im Erfolg. Der Zwang zum Siegen als Motiv ist doch etwas anders gelagert als die Freude am Spielen.“

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