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[Foto: imago images / Jan Huebner]
Schon mit dem Einzug ins DFB-Pokalhalbfinale als erster Viertligist hat der 1. FC Saarbrücken Geschichte geschrieben. Heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) trifft der Meister der Regionalliga Südwest und künftige Drittligist auf den Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht FCS-Mittelfeldspieler Markus Mendler mit Mitarbeiter Ralf Debat über den Pokaltraum.
FUSSBALL.DE: Zwei Bundes- und zwei Zweitligisten hat der 1. FC Saarbrücken auf seinem Weg ins Halbfinale bereits ausgeschaltet. Was war Ihr bislang intensivster Pokalmoment, Herr Mendler?
Markus Mendler: Da muss ich ganz klar das Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Fortuna Düsseldorf nennen. Das war schon sehr emotional und ein Wechselbad der Gefühle, zumal die Fortuna sogar zweimal die Chance hatte, mit einem verwandelten Elfmeter die Partie für sich zu entscheiden. Unser Torhüter Daniel Batz hat uns jedoch im Spiel gehalten und am Ende mit seinem fünften gehaltenen Elfmeter auch für die Entscheidung gesorgt. So etwas hatte ich zuvor noch nie erlebt.
Würde das denn durch den Einzug ins Endspiel noch getoppt?
"Das Finale in Berlin zu erreichen würde unserer jetzt schon unglaublichen Pokalreise die Krone aufsetzen"
Mendler: Das würde ich auf jeden Fall so sagen. Das Finale in Berlin zu erreichen, wäre für uns alle das größte Highlight unserer gesamten Karriere und würde unserer schon jetzt unglaublichen Pokalreise noch die Krone aufsetzen.
Seit einigen Tagen steht fest, dass der FCS mit dem Aufstieg in die 3. Liga sein eigentliches Saisonziel bereits erreicht hat. Kann das Team gegen Leverkusen jetzt noch befreiter in die Partie gehen als ohnehin schon?
Mendler: Definitiv. Unser klar formuliertes Ziel war die Meisterschaft in der Regionalliga Südwest und damit auch der Aufstieg. Jetzt freuen wir uns umso mehr auf das Duell mit Bayer 04, auch wenn leider keine Zuschauer dabei sein können. Allerdings waren die Auftritte im DFB-Pokal von Anfang an für uns ein Bonus, so dass wir uns auch in den Runden zuvor keinen Druck gemacht haben. Von daher ändert sich dadurch nicht allzu viel. Gegen einen Champions-League-Aspiranten wie Leverkusen sind wir so oder so krasser Außenseiter.
Während Bayer 04 in der Bundesliga schon seit Mitte Mai voll gefordert ist, hat der FCS seit drei Monaten kein Spiel mehr bestritten. Wie schwer wiegt dieser Nachteil?
Mendler: Dass uns die Wettkampfpraxis fehlt, ist nicht von der Hand zu weisen. Noch nicht einmal Freundschaftsspiele konnten wir bestreiten. Wir haben zwar einige interne Trainingspartien unter Wettkampfcharakter absolviert. Pflichtspiele sind aber etwas anderes.
Hoffen Sie deshalb, dass der Fokus bei Leverkusen mehr auf die Liga und die angestrebte Qualifikation für die Champions League ausgerichtet ist?
Mendler: Das könnte schon sein. Schließlich findet die Pokalpartie nur drei Tage nach dem Spitzenspiel zwischen Bayer 04 und dem FC Bayern München statt. Danach geht es für Leverkusen gegen Schalke 04 und den 1. FC Köln weiter. Das sind schon wichtige Spiele für das Team, das aber mit Sicherheit auch gerne das Pokalfinale erreichen möchte.
Worauf wird es vor allem ankommen, um den Gegner zumindest ernsthaft in Bedrängnis bringen zu können?
Mendler: Wir dürfen auf keinen Fall ängstlich ins Spiel gehen, sondern müssen mutig auftreten und uns in jeden Zweikampf werfen. Es wird auch wichtig sein, möglichst kein frühes Gegentor zu kassieren. Dass wir wegen der Corona-Auswirkungen schon während der regulären Spielzeit fünfmal wechseln dürfen, könnte uns auch helfen. Aber machen wir uns nichts vor: Nur wenn Bayer nicht die bestmögliche Leistung auf den Platz bringt, haben wir eine kleine Chance.
Wie gut fühlen Sie sich nach einigen Wochen Mannschaftstraining auf eines der größten Spiele der Vereinsgeschichte vorbereitet?
Mendler: Wir haben im Training definitiv alles dafür getan, um bestmöglich vorbereitet zu sein. Aber wie gesagt: Der Wettkampf lässt sich nicht gleichwertig ersetzen.
Auch wenn ohne Zuschauer gespielt werden muss: Welche Rolle könnte der Heimvorteil im Hermann-Neuberger-Stadion in Völklingen spielen?
Mendler: Die Leverkusener sind es aus der Bundesliga und den internationalen Wettbewerben gewohnt, jede Woche in großen Stadien zu spielen. Da ist unsere Spielstätte in Völklingen mit der kleinen Tribüne schon eine riesige Umstellung. Das könnte uns vielleicht ein wenig in die Karten spielen.
Zum vierten Mal nach 1957, 1958 und 1985 bestreitet der FCS ein Halbfinale im DFB-Pokal. Noch nie gelang der Einzug ins Endspiel. Welche Bedeutung hätte eine weitere Sensation damit für den Verein und die Region?
Mendler: Das wäre kaum zu beschreiben. Zusammen mit der Euphorie des Aufstiegs würde die Stadt wohl explodieren. Schließlich gab es so etwas in Saarbrücken noch nie.
Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass der 1. FCS auch "nur" noch zwei Siege von der ersten Teilnahme am Europapokal seit 1955 entfernt ist?
Mendler: Wir haben darüber innerhalb der Mannschaft schon den einen oder anderen Spaß gemacht. Aber wir wissen auch gut einzuschätzen, wie weit wir davon noch entfernt sind.
Immerhin eine Ihrer insgesamt 16 Bundesligapartien für den 1. FC Nürnberg haben Sie gegen Leverkusen bestritten. Welche Erinnerungen haben Sie daran?
Mendler: Unser Trainer war damals Michael Wiesinger. Ich wurde in der Schlussviertelstunde eingewechselt, es war mein erster Einsatz nach einer sehr langen Pause. Deshalb kann ich mich noch gut daran erinnern. Am Ende haben wir 0:2 verloren.
Helfen Ihnen diese Erfahrungen aus der höchsten Spielklasse jetzt im DFB-Pokal?
Mendler: Ganz sicher. Wir haben ja mit Fanol Perdedaj, Christopher Schorch, Steven Zellner, José Pierre Vunguidica und Daniel Batz noch einige weitere Spieler im Kader, die schon in der Bundesliga aktiv waren. Bei der Anspannung vor den Pokalpartien macht sich das schon bemerkbar. Da sind wir vielleicht nicht so nervös wie andere Regionalligakicker.
Für den 1. FC Saarbrücken sind Sie seit 2016 am Ball, Ihr Vertrag läuft bis 2022. Fühlen Sie sich inzwischen schon im Saarland heimisch?
Mendler: Auf jeden Fall. Schließlich habe ich hier auch meine Lebensgefährtin Tamara kennengelernt. Man soll ja im Fußball nichts ausschließen, aber es könnte schon gut passieren, dass wir dauerhaft im Saarland bleiben.
Die Rückkehr in die 3. Liga war seit vielen Jahren das erklärte Ziel des FCS. Wie sehr freuen Sie sich schon auf die neue Saison?
Mendler: Ich habe mit dem Team vier Jahre darauf hingearbeitet. Deshalb sind die Freude und Erleichterung riesengroß. Schon in der Saison 2017/2018 hatten wir eine überragende Serie hingelegt, den Aufstieg dann aber in den beiden Duellen mit dem TSV 1860 München verpasst. Das war unglaublich bitter. Jetzt dürfen wir uns endlich auf die 3. Liga mit zahlreichen attraktiven Klubs freuen. Das werden mit Sicherheit viele geile Spiele. Erst recht, wenn wir dann auch wieder im Ludwigsparkstadion in Saarbrücken antreten dürfen.
Was war aus Ihrer Sicht entscheidend für den Aufstieg und die Pokalerfolge?
Mendler: Wir haben eine richtig coole Truppe, in der jeder zu 100 Prozent mitzieht und jeder für den anderen da ist - einfach eine funktionierende Mannschaft mit einem herausragenden Teamgeist. Deshalb sind wir absolut verdient aufgestiegen. Und nur deshalb waren auch die Erfolge im DFB-Pokal möglich.
Zum Abschluss: Wie heiß ist die gesamte Mannschaft jetzt noch auf eine Reise nach Berlin Anfang Juli?
Mendler: Klar, jeder von uns träumt davon. Wir alle wissen zwar, dass es extrem schwer wird. Aber wir werden alles geben, um uns und unseren Fans den Traum zu erfüllen.
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