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Heiner Backhaus (42), Trainer bei Spitzenreiter Alemannia Aachen in der Regionalliga West, und Daniel Brinkmann (38), Chefcoach beim Ligakonkurrenten SC Wiedenbrück, gehören zu den 17 Teilnehmern des 70. Pro Lizenz-Lehrgangs am DFB-Campus. Sie streben damit die höchste Ausbildungsstufe an. Im FUSSBALL.DE-Interview sprechen die Ex-Profis über Erfahrungen und Ziele, Ralf Rangnick und Jos Luhukay.
FUSSBALL.DE: Vor wenigen Tagen hat am DFB-Campus in Frankfurt der 70. Pro Lizenz-Lehrgang begonnen. Welche Bedeutung hat für Sie die Teilnahme, Herr Backhaus und Herr Brinkmann?
Heiner Backhaus: Als Lehrgangsältester ist es eine Mischung aus Stolz und Ehre, dass ich bei der Ausbildung zur höchstmöglichen Lizenzstufe als Trainer dabei sein darf.
Daniel Brinkmann: Die ersten Eindrücke waren durchweg positiv. Wir haben ein buntes Teilnehmerfeld von Chef- und Co-Trainern. Die unterschiedlichen Themengebiete, die uns gleich bei der Begrüßung von Lehrgangsleiter Daniel Niedzkowski aufgezeigt wurden, finde ich super interessant.
"Ich bin sehr glücklich und stolz, dass ich als Trainer des kleinsten Vereins an diesem Lehrgang teilnehmen darf."
Andreas Rettig, DFB-Geschäftsführer Nationalmannschaften & Akademie, meint, dass der sportliche Erfolg des deutschen Fußballs eng mit dem Wirken der Trainer*innen verknüpft ist. Wie wichtig sind Wissenschaft und Laptop, aber auch Erfahrung, soziale Kompetenz und Bauchgefühl?
Backhaus: Die Autorität gegenüber einer Mannschaft kann man schwer erlernen. Der Lehrgang wird viele Bereiche abdecken, in denen man sich verbessern kann. Man wird ganzheitlich auf den Profifußball vorbereitet. Dabei geht es um viele Feinheiten. Jetzt geht es eher um das Skalpell, nicht um Axt und Säge.
Brinkmann: Die Kombination aus sämtlichen Bereichen ist wohl entscheidend. Je höher man trainiert, umso mehr Speziallisten gibt es für die einzelnen Bereiche. Umso wichtiger ist es auch, dass man zwischen diesen Aufgabenfeldern gut moderieren kann. Beim Lehrgang wird die gesamte Bandbreite wie Laptop, Psychologie, Medienarbeit, Defensiv- oder Offensivspiel sowie Ernährung abgedeckt. Darauf freue ich mich am meisten.
Welchen Stellenwert hat der Lehrgang für Ihre weitere Trainerkarriere?
Backhaus: Sollten wir mit Alemannia Aachen in die 3. Liga aufsteigen, dann benötige ich die Lizenz, um das Team weiterhin trainieren zu dürfen. Unabhängig davon bin ich jemand, der ein Leben lang sein Geld mit dem Fußball verdient hat. Der Lehrgang ist in meiner Entwicklung ein wichtiger Schritt und bietet mir die Möglichkeit, künftig überall zu trainieren.
Brinkmann: Wenn ich im Fußball dorthin kommen möchte, wo ich als Profi spielen durfte, dann ist es unabdingbar, die UEFA Pro Lizenz zu erwerben. Ich bin sehr glücklich und stolz, dass ich als Trainer des kleinsten Vereins an diesem Lehrgang teilnehmen darf.
Durch die Ausbildung werden Sie nicht permanent bei der Mannschaft sein. Welche Auswirkungen könnte das für den weiteren Saisonverlauf haben?
Backhaus: Auf jeden Fall keine negativen. Ich werde bis zum Saisonende insgesamt nur zehn Trainingstage verpassen. Ich kann mich während des Lehrgangs mit den besten Experten permanent austauschen. Die Dinge, die ich zum Beispiel im Bereich der Mannschaftsführung lernen werde, können im Saisonfinale noch sehr hilfreich sein.
Brinkmann: Ich arbeite in Wiedenbrück seit fünf Jahren mit einem sehr guten Trainerteam zusammen. Jeder weiß ganz genau, was zu tun ist. Auch wenn der Cheftrainer mal nicht selbst vor Ort sein sollte. Da ich in der Regel von Montag bis Mittwoch Unterricht habe, werde ich das Training am Mittwoch etwas später ansetzen.
Werden Sie sich im Hinblick auf den nächsten Gegner auch untereinander Tipps geben?
Backhaus: Daniel und ich sitzen im Lehrgang direkt nebeneinander. Wir verstehen uns sehr gut, pflegen ein freundschaftliches Verhältnis und das nicht, weil er während seiner Laufbahn selbst mal für Alemannia Aachen gespielt hatte. (lacht) Schon vor dem Lehrgang haben wir uns regelmäßig über die kommenden Gegner ausgetauscht.
Brinkmann: Letztendlich bietet der Lehrgang auch die Möglichkeit, sein bereits vorhandenes Netzwerk zu vergrößern. So ist beispielsweise Mads Buttgereit dabei, der bei der deutschen Nationalmannschaft für die Standardsituationen zuständig ist. Normalerweise habe ich gar nicht die Zeit, mich damit so akribisch mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Umso mehr freue ich mich darauf, ihn kennenzulernen und mich mit ihm auszutauschen.
Im November standen Sie sich vor 11.600 Zuschauer*innen am Aachener Tivoli gegenüber. Welche Erinnerungen haben Sie noch an diese Partie?
Backhaus: Es war ein extrem schwieriges Spiel für uns. Ich habe hohen Respekt vor der Arbeit, die Daniel beim SC Wiedenbrück leistet. Er hat es bislang immer geschafft, den Verein mit geringen finanziellen Mitteln in der Regionalliga zu halten. Bei der Pressekonferenz in Aachen hatte ich nach dem Spiel gesagt, dass er die Lebensversicherung für den SC Wiedenbrück ist.
Brinkmann: Wir haben am Tivoli trotz der 0:1-Niederlage ein sehr gutes Auswärtsspiel gemacht. Für meine Mannschaft sind solche Flutlichtpartien vor großer Kulisse ganz besondere Momente. Im Rückspiel wird es bei uns auch voll werden, weil Alemannia Aachen um den Aufstieg spielt und viele Fans mitbringen wird.
Sie sind bereits seit fünf Jahren Trainer beim SC Wiedenbrück, kämpfen Jahr für Jahr um den Klassenverbleib, Herr Brinkmann. Würden Sie gerne mit ihrem Kollegen tauschen, der mit Alemannia Aachen um die Meisterschaft und den Aufstieg spielt?
Brinkmann: Aktuell fühle ich mich in meiner Funktion sehr wohl, will das Projekt Klassenverbleib erfolgreich abschließen. Natürlich reizt mich das, irgendwann mit einem Team um den Aufstieg mitzuspielen und vielleicht sogar ein oder zwei Ligen höher zu trainieren. Aber alles zu seiner Zeit. Meine Aufgabe in Wiedenbrück ist noch nicht vorbei.
Wie sehr unterschiedet sich der Trainerjob im Abstiegskampf und im Titelrennen?
Backhaus: Ich bin als Spieler und Trainer noch nie abgestiegen, obwohl ich beide Szenarien kenne. In Aachen läuft es sehr gut und ich bin froh, dass ich mit meiner Arbeit meinen Teil dazu beigetragen habe. Daniel muss sein Team sicherlich öfter aufbauen. Ich hingegen muss zusehen, dass meine Jungs nicht abheben.
Brinkmann: Das ist für mich schwer zu beurteilen. Wie Heiner schon gesagt: Ich habe selbst für Alemannia gespielt und weiß, dass dort grundsätzlich eine höhere Erwartungshaltung herrscht. Wenn wir mit dem SC Wiedenbrück erneut den Klassenverbleib schaffen, dann haben wir alles richtig gemacht.
Im Gegensatz zu Daniel Brinkmann haben Sie als Spieler auch einige Stationen im Ausland hinter sich. Wie hilfreich sind diese Erfahrungen im Hinblick auf die Trainerausbildung?
Backhaus: Durch meine Erfahrungen im Ausland spreche ich insgesamt sechs Sprachen. Dieses Wissen ist in der Regionalliga vielleicht nicht ganz so wichtig, weil die meisten Spieler aus der Region kommen. Im Profibereich sieht es dagegen ganz anders aus. Da ist es von Vorteil, wenn man Spielern in ihrer Muttersprache Anweisungen geben kann.
Wie wichtig ist es, dass Sie beide selbst als Profis am Ball waren?
Backhaus: Es geht nicht immer nur um inhaltliche Dinge, sondern auch um Empathie. Wie fühlt sich ein Spieler, wenn er nicht berücksichtigt wird? Wie geht er damit um, wenn er von den Fans gefeiert wird? Wenn man diese Dinge selbst erlebt hat, fällt es leichter, Hilfestellungen zu geben. Wenn ich im Training einige Übungen vormache, merken die Spieler schnell, dass sie jemanden vor sich haben, der weiß, wovon er spricht.
Brinkmann: Ich habe während meiner aktiven Laufbahn viele Situationen erlebt, von denen ich heute profitiere, ob es nun Auf- oder Abstiegsszenarien waren. Außerdem kann ich mich gut in Spieler hineinversetzen, die längere Verletzungspausen hinter sich haben und deshalb besonderen Zuspruch benötigen.
Wie würden Sie sich selbst als Trainertyp beschreiben?
Backhaus: In manchen Vereinen muss ich das Team emotionaler führen. Vieles hängt von der jeweiligen Tabellensituation ab, mit welchen Spielern und Leuten man im Umfeld zusammenarbeitet. Deshalb möchte ich mich ungern in Typ A oder B zuordnen lassen.
Brinkmann: Ich strebe auf jeden Fall ein hohes Maß an Authentizität an. Gegenüber den Spielern sind mir Ehrlichkeit und Transparenz ganz wichtig.
Welcher Trainer hat Sie während Ihrer Karriere besonders beeinflusst?
Backhaus: Von Ralf Rangnick habe ich am meisten gelernt. Seine inhaltliche Kompetenz, seine strukturelle Arbeit und seine klaren Botschaften haben mich inspiriert, obwohl ich unter ihm bei Hannover 96 nur wenig gespielt habe.
Brinkmann: Grundsätzlich nimmt man von jedem Trainer etwas mit. Die Zusammenarbeit mit Jos Luhukay hat mich ganz besonders geprägt. Sein taktisches Verständnis und seine Trainingsdosierung waren aus meiner Sicht herausragend. In Sachen Menschenführung war Rudi Bommer eine ganz besondere Persönlichkeit. Er hatte ein sehr gutes Gespür für die Spieler.
Stehen Sie für eine bestimmte Spielphilosophie oder ein bestimmtes System?
Backhaus: Ich stehe auf permanentes Pressing. Wenn ein Spieler nicht sprintet, kann es für ihn ungemütlich werden. Die von mir gewünschte Intensität ist bei mir nicht verhandelbar.
Brinkmann: Ich will der Mannschaft meine Spielidee vom Fußball beibringen. Ich glaube, dass es mit einem destruktiven Defensivfußball nicht funktioniert. Ich möchte mein Team angreifen sehen, auch wenn ich weiß, dass dies nicht gegen jeden Gegner machbar ist.
Welche persönlichen Ziele haben Sie sich als Trainer gesteckt?
Backhaus: Morgen besser zu sein als heute. Ich bin dankbar, dass ich den Trainerjob hauptberuflich ausüben darf. Ich möchte möglichst jedes Spiel gewinnen und jedes Training so gestalten, dass die Spieler besser werden.
Brinkmann: Ich möchte irgendwann eine Profimannschaft trainieren. Mein Lebensglück hängt davon aber nicht ab. Ich habe eine Frau und zwei Kinder, die gesund sind. Ich werde alles dafür tun, um meine Ziele zu erreichen, aber nicht um jeden Preis. Im Leben gibt es noch genügend andere Dinge, die wichtig sind.
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