Am Sonntag, 2. Dezember, wird es ernst. Dann kommt es im Underbergstadion zum absoluten Kellerduell in der Kreisliga C 1 Moers, die dritte Mannschaft des TuS 08 Rheinberg trifft auf den SV Viktoria Birten II, das Schlusslicht empfängt den Tabellenvorletzten. Natürlich wollen die Rheinberger endlich mal gewinnen, haben sie doch erst einen Punkt auf dem Konto, doch für die Spieler geht es in ihrem Leben um mehr als Sieg oder Niederlage auf dem Platz. Sie sind Flüchtlinge, ihr Trainer heißt Peter Mokros, ist Lokalpolitiker der Grünen – und unsere Kultfigur der Woche.
Es ist der 9. September 2015, als es am Niederrhein zu einer ungewöhnlichen Premiere kommt: Inter Rheinberg, eine Fußball-Mannschaft nur aus Flüchtlingen, bestreitet ihr erstes Spiel. Es geht gegen die vierte Mannschaft des C-Ligisten SV Budberg. Auch wenn das Ergebnis letztlich nicht entscheidend ist, freuen sich die jungen Kicker aus vielen verschiedenen Nationen über den 6:3-Sieg. Gut drei Jahre später ist zwar von der ursprünglichen Besetzung keiner mehr dabei, aber im Fußball sind sie viele Schritte weitergekommen. Statt nur im Laufe der Zeit immer unregelmäßiger werdende Freundschaftskicks spielen sie seit dieser Saison endlich auch im richtigen Wettbewerb mit: eben in der Kreisliga C, Gruppe 1, Moers.
Groß ist die Hilfsbereitschaft, als die jungen Männer aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und vom Balkan im Westen Deutschlands landen. Von Concordia Ossenberg erhalten sie einen Trikotsatz, Kapitän Henning Rohrbach und Fußballobmann Reiner Lempert vom SV Millingen spenden weitere Trainingsmaterialien und Fußballschuhe. Auch die „Flüchtlingshilfe Rheinberg“ unterstützt die Neuankömmlinge, wo es nur geht. Einer ihrer wichtigsten Ansprechpartner bis heute aber ist Peter Mokros.
„Angefangen hat das beim Fest an der Flüchtlingsunterkunft am Melkweg“, erinnert sich Peter Mokros. Bei Musik und Speisen aus den Herkunftsländern der Migranten kommen Zugezogene und engagierte Rheinberger Bürger ins Gespräch. Und weil der Fußballplatz seit jeher ein guter Ort ist, um Integration zu fördern, spricht der damalige Bürgermeister-Kandidat die Verantwortlichen beim TuS 08 Rheinberg an, ob er mit einer Flüchtlingsmannschaft an der Xantener Straße trainieren kann.
"Die Verständigung untereinander bleibt schwierig"
Er selbst kickt in der Jugend beim SV Neukirchen, dann geht er zur Polizei und spielt mit dem SC Jülich 1910 sogar in der Oberliga Mittelrhein. Weitere Stationen im Herren-Fußball sind der SV Thomasstadt Kempen und der TuS Baerl aus Duisburg, bis Peter Mokros zunächst beim SV Millingen und danach auch beim SV Concordia Ossenberg in den Alten Herren spielt und zugleich eine Jugendmannschaft trainiert. Auch in seiner Partei ist er für Sportthemen zuständig, sitzt im Sport- und Jugendhilfeausschuss. „Als dann 2015 die Flüchtlinge kamen, wollte ich gerne helfen. Da die Jungs alle gerne Fußball spielen, kam die Idee zur dritten Mannschaft von TuS Rheinberg“, erklärt Peter Mokros.
Einer seiner wichtigsten Partner dabei ist Jussuf Jussuf. Der eine ist ein syrischer Geschäftsmann, der bereits seit 25 Jahren in Deutschland lebt und für seine Landsleute schon allein wegen der Sprache zum Türöffner in der neuen Umgebung wird. „Klar reden auch die Kurden aus Irak und die Afghanen arabisch, haben aber einen völlig anderen Dialekt, sodass eigentlich bis heute die Verständigung ein schwieriger Akt bleibt“, nennt Peter Mokros – bei allem Einsatz der ehrenamtlich tätigen Helfer – auch die bestehenden Schwierigkeiten bei der Eingliederung der Zugezogenen.
Was deren Integration erschwert: Viele Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland kommen, sind längst nicht mehr da. Einige werden abgeschoben, weil sie kein Aufenthaltsrecht genießen. In der Mannschaft von Inter Rheinberg betrifft dies vor allem die Spieler vom Westbalkan, Albaner und Mazedonier. Andere sind weiter gezogen und haben eine Unterkunft in einer anderem Stadt gefunden. „Von den Jungs vor drei Jahren ist kein einziger mehr da und von 2016 nur noch drei“, verrät Peter Mokros.
Mitspieler gesucht
In der aktuellen Mannschaft des TuS 08 Rheinberg III, die ja aus dem Team von Inter Rheinberg hervorgegangen ist, spielen nun vor allem Syrer, Iraker und junge Männer aus Eritrea. Was sich Peter Mokros für die nahe Zukunft wünscht, liegt im Sinne einer erfolgreichen Integration auf der Hand: „Es wäre schön, wenn auch Deutsche bei uns mitspielen würden.“ Während der eine oder andere Flüchtling mal in der ersten oder zweiten Truppe des TuS 08 Rheinberg aushilft, sind die Migranten in der dritten nämlich bisher unter sich.
Für Peter Mokros, seinen Mitstreiter Jussuf Jussuf und die vielen guten Geister der „Flüchtlingshilfe Rheinberg“ oder des Sportamts der Stadt Rheinberg bleibt also noch viel zu tun. Bis es so weit ist, soll auf dem Platz der erste Dreier in der Meisterschaft her. Fußballerisch können die Neuankömmlinge problemlos mit ihren Gegnern mithalten, aber taktisch „ist das ein Hühnerhaufen“, wie Peter Mokros lachend zugibt.
Autor/-in: Heiko Buschmann