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Matthias und Gregor Ostrzolek als Kinder und heute. Matthias steht seit 2014 beim Hamburger SV unter Vertrag. [Foto: Fotos Getty, privat; Collage FUSSBALL.DE]
Die Entfernung zwischen Hamburg und Dortmund beträgt knapp 300 Kilometer, zwischen dem HSV und der vierten Mannschaft von Blau-Weiß Huckarde in der Kreisliga C 1 Dortmund sind es elf Spielklassen. Auf den ersten Blick haben die beiden Städte und die genannten Fußballklubs nicht viel gemeinsam – bis auf einen Spieler namens Ostrzolek. Während Linksverteidiger Matthias mit dem HSV mal wieder gegen den Abstieg aus der Bundesliga kämpft, steht sein sechs Jahre älterer Bruder Gregor in der Tabelle ganz gut da. Die neueste Folge unserer Serie Familienbande.
Knapp 20 Stunden, nachdem der HSV mit 1:2 daheim gegen Schlusslicht Darmstadt 98 verliert , gewinnt Blau-Weiß Huckarde IV gegen Osmanlispor II mit 7:2. Während Profi Matthias Ostrzolek in Hamburg ausnahmsweise nur auf der Bank sitzt, gehört Gregor einmal mehr zu den Torschützen seines Teams. „Ich kann mich glücklich schätzen, einen so guten Spieler wie ihn in meinen Reihen zu haben“, lobt Trainer Dong-joun Kim seinen Schützling mit dem prominenten Nachnamen.
Kein Wunder, dass Gregor Ostrzolek in der Kreisliga C zu den auffälligen Erscheinungen auf dem Platz zählt, schließlich hat der 32-Jährige vor seinem Wechsel nach Huckarde schon deutlich höherklassig gespielt. „Ich habe mit fünf Jahren bei Vorwärts Werne angefangen, im Verein Fußball zu spielen“, berichtet der gebürtige Bochumer. „Wir haben direkt gegenüber vom Sportplatz an der Heinrich-Gustav-Straße gewohnt und waren im Grunde jede freie Minute draußen und haben zusammen gepöhlt.“ Dabei immer mit im Schlepptau: der kleine Bruder Matthias, in der Familie „Thio“ genannt. „Thio kam sicher zugute, dass er schon als kleiner Junge mit mir und meinen Kumpels, also den Größeren, gekickt hat. Da musste er sich natürlich durchsetzen“, sagt Gregor Ostrzolek.
"Es geht nur noch darum, mit Kumpels ein bisschen Spaß auf dem Platz zu haben"
Er selbst wechselt im zweiten B-Jugendjahr zum TSC Eintracht Dortmund. Der nur ein Kilometer vom Westfalenstadion und der Heimat des großen BVB entfernt beheimatete Verein ist zwar im Nachwuchs die Nummer zwei in der Stadt, hinkt allerdings im Herrenbereich der lokalen Konkurrenz hinterher. „Beim TSC Eintracht habe ich mit der B- und A-Jugend noch in der Westfalenliga, der zweithöchsten Spielklasse damals, gespielt“, erzählt Gregor Ostrzolek. „Weil die erste Mannschaft aber nur in der Landesliga gespielt hat, bin ich zum SV Langendreer 04 gegangen und habe dort ein Jahr in der Verbandsliga gespielt.“
Weitere Stationen sind für jeweils ein halbes Jahr in der Verbandsliga die STV Horst-Emscher in Gelsenkirchen und der VfL Schwerte, ehe er sich dem Wittener Klub SV Herbede anschließt und dort insgesamt vier Jahre lang in der Landes- beziehungsweise Verbandsliga kickt. Danach kehrt Gregor Ostrzolek für zweieinhalb Jahre zu seinem Jugendverein zurück. Der heißt nach einer Fusion inzwischen WSV Bochum 06 und tritt zu der Zeit in der Landesliga an. Heute steht der Klub, bei dem Schalkes Jungnationalspieler Leon Goretzka von 1999 bis 2001 gespielt hat, vor der endgültigen Auflösung.
Gregor Ostrzolek ist Mitte 20, als er beruflich bedingt mit dem Fußball kürzer treten muss. Für jeweils ein Jahr spielt er beim SC Union Bergen (Bezirksliga) und TuS Stockum (Landesliga), bevor er seine aktive Vereinslaufbahn mit 28 Jahren zunächst beendet. Es dauert fast drei Jahre, bis er wieder das Trikot anzieht und die Fußballschuhe schnürt. Anfang 2016 überredet ihn sein Arbeitskollege Daniel Leisdorf, mit ihm bei Blau-Weiß Huckarde zu kicken – nicht in der ersten Mannschaft in der Kreisliga A, sondern eben in der vierten. „Es geht nur noch darum, mit Kumpels ein bisschen Spaß auf dem Platz zu haben“, sagt Gregor Ostrzolek.
Längst ist die berufliche Aus- und Fortbildung wichtiger geworden als der Fußball. Das Studium der Sportwissenschaften mit dem Schwerpunkt Sportmanagement schließt er an der Ruhr-Universität-Bochum mit Diplom ab und sucht seitdem den Quereinstieg in den Lehrerberuf. Nachdem er in den vergangenen Jahren an verschiedenen Schulen in Bochum, Wuppertal und Essen als Sport- und Mathematiklehrer tätig war, ist Gregor Ostrzolek seit Beginn des laufenden Schuljahres an einer Realschule in Wuppertal angestellt. „Ich habe schon immer gerne mit Kindern zusammengearbeitet und war zudem von 2008 bis 2012 Jugendtrainer beim VfL Bochum in diversen Mannschaften“, sagt der 32-Jährige.
Mit etwas Verzögerung ist auch Matthias Ostrzolek in seinem Traumberuf gelandet. Dass der Linksverteidiger Bundesligaprofi werden würde, war noch vor wenigen Jahren nicht abzusehen. Zwar schließt er sich nach nur einer Saison beim WSV Bochum schon mit sieben Jahren dem VfL Bochum an und durchläuft dort alle Jugendmannschaften, aber: „Thio hatte es beim VfL nicht ganz leicht, denn er war in der Jugend immer klein und schmächtig“, sagt sein älterer Bruder Gregor. „Seine Karriere startete erst so richtig durch, nachdem Friedhelm Funkel ihn in der zweiten Mannschaft des VfL entdeckt hatte und er für die deutsche U 21-Auswahl nominiert worden war. Ich glaube, vorher hat er selbst ein wenig daran gezweifelt, dass er Profi wird und daher auch schon parallel zum Fußball ein Studium der Wirtschaftswissenschaften begonnen.“
Nach seinem Debüt für den VfL Bochum in der 2. Bundesliga am 12. Dezember 2010 geht es für den Linksverteidiger nur noch nach oben. Im Januar 2012 wechselt der Deutsch-Pole von Bochum nach Augsburg und schafft beim FCA den Sprung in die Bundesliga. Im Sommer 2014 geht es weiter nach Hamburg zum HSV, für den der Dauerbrenner seitdem 77 Erstliga-Einsätze vorweisen kann. Der Kontakt zu seiner Familie bleibt auch aus der Ferne eng. „Wir sehen uns regelmäßig“, sagt Bruder Gregor. „Wenn er mit dem HSV bei uns in der Nähe spielt, fahre ich hin, aber auch gelegentlich zu Spielen nach Hamburg. Er kommt auch regelmäßig nach Hause, um die Familie in Dortmund zu besuchen.“
Am 13. Mai ist der HSV auf Schalke zu Gast. Die Familie Ostrzolek wird dann in der Arena mitzittern, wenn es in Gelsenkirchen um den Klassenverbleib in der Bundesliga geht. Einen Tag später geht es auf dem Fußballplatz sicher etwas ruhiger zu – dann empfängt Blau-Weiß Huckarde IV in der Kreisliga C1 Dortmund den SV Westrich II.
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