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[Foto: TSV Weilimdorf/Danny Lemke]
Einige Änderungen gab es in den vergangenen Wochen beim TSV Weilimdorf. Dies macht sich nicht nur durch personell Änderungen im Kader der Bundesliga-Mannschaft deutlich, auch um das Team stellt sich der zweifache Deutsche Meister neu auf. Auch wenn die neuen Personen an der Spitze keine Unbekannten im Verein sind, wird sich mit der Neubesetzung einiges ändern.
Einige Änderungen gab es in den vergangenen Wochen beim TSV Weilimdorf. Dies macht sich nicht nur durch personell Änderungen im Kader der Bundesliga-Mannschaft deutlich, auch um das Team stellt sich der zweifache Deutsche Meister neu auf. Auch wenn die neuen Personen an der Spitze keine Unbekannten im Verein sind, wird sich mit der Neubesetzung einiges ändern. Grund genug bei den neuen Personen an der Spitze der Futsal-Abteilung nachzufragen, wie sie auf die vergangenen Jahre blicken, wie der aktuelle Stand ist und was die Zukunft für den TSV Weilimdorf aber auch den Futsal in Deutschland bringen wird.
Den Posten des Sportlichen Leiters übernahm bereits im Dezember Bessem Lamari. Der gebürtige Stuttgarter wuchs wenige Meter von der Giebelstraße entfernt auf – man könnte sagen: im Schatten des TSV Weilimdorf. In den vergangenen Jahren arbeitete Lamari im Profifußball. Lange Auslandsaufenthalte und viele Reisen weckten den Wunsch nach Veränderung und so kehrte er zurück in seine Heimatstadt, wo er in der Zwischenzeit erfolgreicher Inhaber und Geschäftsführer einer lokalen Gastronomiekette ist.
Bessem, nachdem du bereits in der Jugend für Weilimdorf spieltest und auch danach im Verein engagiert warst, kehrst du nach einer mehrjährigen Pause wieder zurück in ein Amt. Wie war die Rückkehr für dich?
Ich freue mich sehr, dass ich in Zukunft beim TSV wirken darf und die Entwicklung aktiv beeinflussen kann. Eine Rückkehr ist es aus meiner Sicht ehrlich gesagt nicht. Ich habe so oft wie möglich versucht, die Spiele der Fußballer und Futsaler zu besuchen und habe auch nach dem Ende meiner Arbeit 2019, den Kontakt zu Spielern, Funktionären und Mitgliedern weiter gehalten. Leider war meine Tätigkeit im Beruf und meine Tätigkeit im Verein zeitlich nicht so vereinbar, wie ich mir das gewünscht hätte.
Du hast gerade angesprochen, dass du bis 2019 bereits in Weilimdorf warst. Du feiertest mit dem TSV die deutsche Futsal-Meisterschaft 2019, warst Teil des Teams bei der erfolgreichen Champions League-Vorrunde in Wiener Neustadt. Woran erinnerst du dich gerne zurück, wenn du auf die Vergangenheit schaust, und was hat sich deiner Meinung nach am meisten seitdem verändert?
Wenn ich zurückblicke, dann kommen mir natürlich auch die Erfolge in den Kopf, die wir hatten. Blickt man noch weiter zurück, dann erinnere ich mich daran, wie ich selbst auf dem Platz stand und mit dem Futsal bei irgendwelchen Hobby-Turnieren in Berührung kam. Das Highlight für mich war aber das Gefühl, die Aufbruchsstimmung und das Feeling, dass jeder Einzelne von uns hatte, egal ob er auf dem Platz stand, oder neben dem Platz gewirkt hat. Dieses Feuer, alles für Verein und Fans zu geben, das ist das, was mich nachhaltig begleitet.
Wenn du mich jetzt fragst, was sich seitdem geändert hat, dann muss ich feststellen, dass es einige Veränderungen gab. Im Verein hat sich einiges geändert und auch im Verband gab es Änderungen. Einige davon bewerte ich positiv, andere sehe ich sehr kritisch. Was mir bei deiner Frage aber als erstes in den Sinn kam ist die Feststellung, dass sich der Futsal in Deutschland nicht wirklich verändert und entwickelt hat.
Seit anderthalb Jahren gibt es die Futsal-Bundesliga, ist das keine Entwicklung für dich?
Nein, für mich ist die Futsal-Bundesliga in der Form, in der wir sie heute sehen, keine Entwicklung. Für mich ist die Futsal-Bundesliga ein Projekt, basierend auf dem Goodwill von einigen wenigen Vereinen und deren Sponsoren. Und diese Pionierarbeit, wird auch leider vom DFB und seinen Mitgliedsverbänden nicht honoriert und gefördert. Wenn wir ehrlich sind, dann gibt es um die Futsal-Bundesliga nichts, was man als gefestigte Struktur bezeichnen könnte, in der diese Liga und ihre Vereine eingebettet sind. Die Regionalliga hat durch den Aufstieg der Mannschaften in die Futsal-Bundesliga deutlich an Qualität verloren. Die strukturgebenden Vereine sind weg und von unten kommt wenig nach. Wenn du mich also fragst, ob die Futsal-Bundesliga eine Entwicklung ist, dann muss ich das verneinen. Für mich ist die Futsal-Bundesliga ein Leuchtturm auf einer abrutschgefährdeten Düne.
Wo liegen für dich die Probleme in der Entwicklung des Futsals hier in Deutschland?
Die Antwort würde den Rahmen sprengen. Grundsätzlich müssen wir feststellen, dass Futsal bei uns eine Randsportart unter den Randsportarten ist. Man muss schon Glück haben, um jemanden auf der Straße zu finden, der mit dem Begriff „Futsal“ auf Anhieb etwas anfangen kann. Das ist so weit nichts Überraschendes für eine Sportart, die kaum einen Weg in die Öffentlichkeit findet. Was an der Stelle aber frustriert, ist die Tatsache, dass sich der DFB und die Landesverbände, die über 7 Millionen Mitglieder unter sich organisieren, auf die Fahne schreiben, die Sportart fördern zu wollen. Die Realität sieht leider anders aus. Die Informationslage ist dürftig, in den Hallenrunden werden die Regeln nicht sinnvoll implementiert, die Vereine und Trainer werden nicht ausreichend informiert und geschult. Es gibt kein Konzept, wie man den fútbol sala, also den Hallenfußball in den deutschen Fußball implementiert.
Aus dieser Problematik ergibt sich, dass nur wenige Vereine Futsal-Teams melden. Meistens sind es Menschen, die außerhalb Deutschlands mit der Sportart in Berührung gekommen sind, die hier den Anstoß leisten. Der Spielbetrieb ist aufgrund der wenigen Mannschaften vergleichsweise kosten- und zeitintensiv, was den großen Distanzen zu Trainingsorten und Spielstätten geschuldet ist. Auch da würde ich mir eine Förderung für die Pioniere wünschen, die ein neues Team melden und die Sportart weitertragen.
Auch die Stadt Stuttgart unterstützt uns wenig. Wir spielen mit unserem Team in der Futsal-Bundesliga und bekommen Hallenzeiten, die jenseits von Gut und Böse sind. Unsere Einheiten starten um 21:45 Uhr, weil die Stadt keine anderen Zeiten für uns hat. Eine Jugendarbeit ist dadurch offensichtlich nicht möglich. Wir sind eine Hallensportart und haben keine Hallen! Da haben vor allem die Vereine aus Ballungsgebieten mit großen Problemen zu kämpfen.
Du hast vorhin gesagt, dass du die Entwicklung in Verband und Verein auch kritisch siehst. Deine Sichtweise zum Futsal in Deutschland und zum Verband hast du jetzt bereits grob skizzieren können. Was siehst du an der Entwicklung innerhalb des TSV Weilimdorf kritisch?
Ich hatte in den vergangenen Jahren nicht den Einblick, musste mich dennoch über einige Entscheidungen sehr wundern, die sich mir einfach nicht erschlossen haben. Meiner Meinung nach hat man darauf gesetzt, dass sich die Liga schneller entwickeln würde, als sie sich aktuell entwickelt. Da hat man sich mehr von der neuen Spielklasse erwartet – aber das geht glaube ich nicht nur uns so.
Wenn man sich im Verein umhört, dann liegt Aufbruchsstimmung in der Luft. Was soll sich ändern beim TSV Weilimdorf?
„Back to the roots“ ist unsere Handlungsmaxime. Vorhin hatte ich davon gesprochen, wie der Futsal eine Zeit lang unseren Verein befeuert hat und eine Community aus Spielern & Mitgliedern gebildet hat, die zusammen zu Auswärtsspielen gereist sind, egal ob es Regensburg oder Uddevalla in Schweden war. Diese Atmosphäre wollen wir wieder in der Mannschaft und im Verein haben.
Wir wollen auch verstärkt junge Spieler aus der Umgebung entwickeln. Gleichzeitig wollen wir an einem Konzept arbeiten, bei dem die Grundlagen des Futsals in die Jugendarbeit unserer Fußballabteilung implementiert werden sollen, um die Bindung zu stärken und die Ausbildungsqualität zu steigern. Fußball und Futsal haben ihre Unterschiede, aber sie gehen Hand in Hand. Als Beispiel an der Stelle vielleicht der aktuelle Fußball-Weltmeister Argentinien. Viele der Weltmeister aus Qatar haben in ihrer Jugend Futsal gespielt. Das Ergebnis haben wir auf dem Platz gesehen. Und Argentinien ist da kein Einzelfall: Spanien, Brasilien, Portugal, Marokko, Japan, Kroatien und so weiter.
Bei uns heißt „back to the roots“ aber auch, dass wir von Grund auf alles auf den Prüfstand stellen und kritisch hinterfragen. Und das heißt nicht, dass wir nur über das Daily Business diskutieren. Die Bundesliga steht bei uns genauso auf dem Prüfstand wie der Müsliriegel vor dem Spiel.
Welches Ergebnis steht hinter dem Fragezeichen „Futsal-Bundesliga“?
Eine finale Bewertung haben wir noch nicht, aber wir stellen uns intern sehr intensiv und ernsthaft die Frage, ob es für den TSV Weilimdorf sinnvoll ist, ein Team in die Futsal-Bundesliga zu schicken. Da sind wir im Übrigen nicht die Einzigen im Kreise der Bundesliga-Teams.
Was ist der Anlass für die Zweifel an der Bundesliga?
Die Organisation dieser Liga und der Umgang mit den Vereinen ist eine reine Katastrophe. Das mach ich gerne an ein paar Beispielen fest.
Beispiel 1 wäre das Thema „Streaming“. Um für Sponsoren attraktiver zu werden, ist die Reichweitenerhöhung essenziell. Ein guter Hebel ist da das Schaffen eines Streamingangebots. Die Verantwortlichen des DFB verbieten uns aber ein eigenes Streaming und ziehen die Rechte an sich, welche sie in großen Teilen ungenutzt lassen. Wenn dann mal gestreamt wird, dann landen wir auf DFBtv, einer Plattform, auf die sich nur die verirren, die aktiv danach suchen. Neue Personen erreicht man damit gar nicht. Neu dazugekommen ist dann Twitch, wo das Spiel von jemandem kommentiert wird, der mit der Sportart überhaupt keine Berührungspunkte hat – so trage ich den Sport auch nicht an neue Zielgruppen heran. Auf YouTube, die letzte Plattform, die unsere Liga für sich entdeckt hat, haben wir Klickzahlen, die wir bei unserem letzten eigenen Livestreaming um ein Vielfaches übertroffen haben. Wie oft wir pro Jahr im Livestream zu sehen sind, wissen wir Vereine leider auch nicht. Das Gleiche gilt für unsere Sponsoren. Wie soll man so etwas seriös vermitteln?
Ein zweites Beispiel. Wir beim TSV Weilimdorf haben eine Verantwortung für über 1.200 Mitglieder. Wir sehen unsere Aufgabe zuerst einmal darin, dass wir den Sportbetrieb für diese Menschen absichern. Ganz konkret: wir möchten gerne mit unserem Bundesliga-Team in eine Kapitalgesellschaft. Von Seiten des DFB, der die Futsal-Bundesliga übrigens auch aus dem Verein ausgelagert hat, kommt da nur die Antwort, dass das nicht vorgesehen sei und man ja mal eine Mail schreiben solle. Unser Eindruck ist, dass dies von Seiten der DFB-Führung gezielt nicht gewünscht ist. Die Bundesliga ist weit entfernt von einer Wirtschaftlichkeit für die Vereine und konkrete Pläne, wie man dies in den nächsten Jahren ändern möchte, gibt es nicht.
Leider sehen wir kaum Unterstützung und Entwicklung Seitens der Verantwortlichen beim DFB. Wenn sich daran nichts ändert, dann können wir das nicht mehr rational rechtfertigen und dann müssen wir unsere Konsequenzen ziehen.
Was müsste sich denn ändern?
Ich würde mir eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe wünschen. Natürlich ist der DFB der Organisator der Liga, aber die Liga besteht aus den Vereinen und diese müssen sich stärker für ihre Interessen einsetzen. Die Vereine dürfen in ihrer Vermarktung nicht eingegrenzt werden, gerade was Übertragungsrechte angeht. Zum einen um neue Menschen an die Sportart heranzuführen, aber auch um die Bindung zwischen Teams und Fans zu stärken, die dann auch bei Auswärtsspielen live mitfiebern können. Dazu müssen sich die Vereine in einem Verband organisieren, Interessen klar formulieren und die Umsetzung koordinieren.
Ich würde mich über eine intensivere Kommunikation zwischen Vereinen und DFB freuen. Ich habe das Gefühl, dass wir Vereine nur als Trainingslager für die deutschen Nationalspieler angesehen werden. Das Interview neulich, mit dem U19-Coach, hat diesen Eindruck bei mir verfestigt. Ich denke, dass aus seinen Antworten die Vorgaben und die Zielsetzung des Verbandes klar zum Vorschein kamen. Es geht nur darum, Spieler für die A-Nationalmannschaft auszubilden. Ich würde es toll finden, wenn der Fokus darauf liegen würde, die Spieler zuerst einmal davon zu überzeugen, in einem Futsal-Team zu trainieren und sich in den deutschen Futsal-Ligen zu etablieren, wo sie ausgebildet werden sollten, um später tatsächlich konkurrenzfähig sein zu können. Dazu gab es leider kein einziges Wort. Da bleibt man lieber im Nationalmannschafts-Kosmos und grenzt sich zu den Vereinen ab.
Ende der Woche werden wir die Managertagung mit dem DFB haben. Wir sind gespannt, welche Perspektive der DFB uns für die kommenden Monate aufzeigen wird. Das könnte richtungsweisend sein.
Der TSV Weilimdorf steht also gerade an einem Scheideweg. Wo siehst du die Futsal-Abteilung von Weilimdorf in der nächsten Saison?
Wir wollen sehr gerne an der Futsal-Bundesliga festhalten und hoffen, dass der DFB die Voraussetzungen dafür schafft. Wir sind aktuell an der Konzeption der neuen Saison und würden uns wünschen, dass wir unsere Pläne dann auch umsetzen können. Darauf haben wir alle Lust, darauf arbeiten wir hin – aber nicht um jeden Preis.