1. FC Köln |25.09.2016|09:00

Schraa und Wenzl beim FC: Plötzlich 2. Liga

Mittlerweile sind sie am Geißbockheim zu Hause: Carolin Schraa (links) und Marie Wenzl. [Foto: Kämpf]

Es sind nur drei Worte, ausgesprochen ohne Pathos in der Stimme. Doch sie dürften Marie Wenzl bestärken und glücklich machen. „Sie schafft das“, sagt die 25-jährige Carolin Schraa und lächelt ihrer neun Jahre jüngeren Mitspielerin beim 1. FC Köln zu. Gemeint ist die Verwirklichung eines Traumes: einer großen Fußballkarriere mit Einsätzen in der Bundesliga und der Nationalmannschaft.

Dass es bis dahin noch ein langer Weg ist, muss den beiden niemand erklären. Andererseits wissen sie, wie sehr es sich lohnt, an einen Traum, ein Ziel, eine Ambition zu glauben. Bis vor wenigen Wochen spielten die zwei noch Seite an Seite bei den Sportfreunden Ippendorf , einem kleinen Klub aus der Bundesstadt Bonn. Gemeinsam traten sie in der Mittelrheinliga gegen Teams wie den Kohlscheider BC, Hertha Rheidt oder den KSV Heimersdorf an. Vom Glamour der großen Fußballwelt war auf den Sportplätzen zwischen Köln, Bonn und Aachen nichts zu spüren. Jetzt aber spielt sich ein großer Teil ihres Alltags am Kölner Geißbockheim ab. Jener Stätte, die wie keine andere in der Millionenmetropole am Rhein für Tradition, Glanz und erfolgreichen Fußball steht – es ist die Heimat des 1. FC Köln.

„Wir hatten in Ippendorf wirklich eine super Truppe und auch ordentliche Bedingungen, aber das hier ist einfach eine andere Welt“, sagt Carolin Schraa über ihre ersten Eindrücke nach dem Wechsel zu dem ambitionierten Zweitligisten. Fünfmal die Woche steigt sie nun ins Auto, um den Weg von ihrem Wohn- und Studienort Bonn in Richtung Kölner Grüngürtel anzutreten. Zumeist an ihrer Seite: Marie Wenzl, die mit ihren 16 Jahren sonst gänzlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen wäre.

Mit 14 stand die Karriere auf der Kippe

"Wir hatten in Ippendorf wirklich eine super Truppe und auch ordentliche Bedingungen, aber das hier ist einfach eine andere Welt"

Schraa ist Torjägerin. 24 Mal hat sie in den 16 Meisterschaftsspielen der vergangenen Serie getroffen. So oft wie keine andere in der Mittelrheinliga. „Sie ist schnell, dribbelstark, eine typische Strafraumspielerin und trägt schlicht und einfach das Torjäger-Gen in sich. Solche Mädels werden immer gesucht“, sagt der Kölner Teammanager Willi Breuer, der die Frage nach dem Sinn der Verpflichtung einer bisherigen Viertliga-Akteurin damit hinreichend beantwortet hat.

Vom Talent der erst 16-jährigen Wenzl ist Breuer ebenfalls angetan. „Sie ist fleißig, hat immenses Potenzial und wird sich alleine durch das Training auf höherem Niveau enorm weiterentwickeln. Da bin ich mir sicher“, sagt er. Wenzl ist Torhüterin. Doch im Moment ist nicht einmal an Übungen zwischen den Pfosten zu denken. Die Bonnerin schlägt sich mit Rückenbeschwerden herum und muss sich auf Übungen im Kraftraum beschränken. „Ich hoffe aber, dass ich bald wieder voll einsteigen kann“, sagt sie. Trotz ihres jungen Alters kennt sie sich bestens mit der Leidenszeit zwischen Rückschlag und Comeback aus. Mit 14 Jahren stand sogar die Fortsetzung ihrer Karriere auf der Kippe. „Mein Rücken machte mir lange Zeit Schwierigkeiten. Irgendwann haben die Ärzte dann herausgefunden, woran es liegt und was dagegen zu tun ist“, sagt sie.

Mehr als ein Jahr lang musste Wenzl pausieren, ehe sie in Ippendorf ihr Comeback startete. Anders als in früheren Jahren, als sie in Jungen-Mannschaften spielte und sich nach eigener Einschätzung „eine ordentliche Portion Härte“ aneignete, stand sie nun in einer Frauen-Mannschaft auf dem Platz. Mit 15 Jahren. Und mit Teamgefährtinnen, die zum Teil 20 Jahre älter waren. „Es war sicherlich erst seltsam für die anderen, von mir Kommandos zu hören, aber als die Mannschaft gemerkt hat, dass ich ganz gut Bälle halten kann, war die Skepsis weg“, sagt Wenzl.

Angebote ohne Ende

Ihre Teammanagerin bei den Sportfreunden hat diese Entwicklung ganz ähnlich in Erinnerung. „Marie hat sich zu einer gestandenen Persönlichkeit gemausert. Sie kann inzwischen eine Mannschaft führen. Ihr besonderes Talent ist sowieso schon lange bekannt“, sagt Simone Wirtz. In der Tat spielte Wenzl bereits in jüngsten Jahren regelmäßig in Auswahlteams. Und natürlich klopften auch die Großen der Branche bei ihr an, „aber ich wollte nicht weg, sondern lieber bei meinen Jungs bleiben“, sagt sie. Nun jedoch wagte sie den Sprung fort aus Ippendorf, hin zum 1. FC Köln. Auch wenn sie dem Heimatverein als Jugendtrainerin erhalten bleibt. „Ich traue ihr eine große Karriere zu“, sagt Wirtz. Und das gilt auch für Schraa. „Angesichts ihrer Klasse war es nur eine Frage der Zeit, wann sie geht“, meint Wirtz, „schließlich habe es immer wieder Angebote gegeben.“ Die 25-jährige Stürmerin bestätigt das, „allerdings war zuvor nie ein Bundesligist dabei“, sagt sie. Zudem, so Schraa, sei die Chance, mit Ippendorf einen weiteren Schritt zu machen, sprich in die Regionalliga aufzusteigen, auch lange Zeit vorhanden gewesen.

Doch das ist nun Vergangenheit. Die Gegenwart heißt 1. FC Köln und fühlt sich ziemlich gut an. „Es hat zwar ein paar Trainingseinheiten und Spiele gedauert, bis ich voll angekommen bin, aber inzwischen ist alles gut“, sagt sie. Angesichts ihres Traumstarts kann man das nur als Understatement einordnen. Schraa traf sowohl im Vorbereitungsmatch gegen den Erstligisten Bayer Leverkusen, als auch beim ersten Pflichtspiel gegen den Ligarivalen Schott Mainz im DFB-Pokal (3:4). Beim Meisterschaftsauftakt beim SC Sand II (5:0) erzielte sie sogar einen Doppelpack und am dritten Spieltag in Saarbrücken (3:0) glückte ein weiteres Tor.

So kann es erstmal weitergehen. Das Ende der Fahnenstange muss es aber nicht sein. „Ich will auf jeden Fall maximalen sportlichen Erfolg und so hoch wie möglich spielen“, sagt Schraa, „ob es für mich irgendwann mal in der Ersten Liga weitergeht, weiß ich nicht. Aber ich bin jetzt ja auch gerade erst auf der nächsten Stufe angekommen.“