Kurioser Finaltag: Trainer gegen Trauzeuge
Verrückte Geschichte: Halberstadts Trainer Andreas Petersen (rechts) trifft am Finaltag der Amateure auf seinen Trauzeugen Christian Beck (links), der soeben für den 1. FC Magdeburg Torschützenkönig in der 3. Liga wurde. [Foto: Imago (2) / Collage: FUSSBALL.DE]
Der Jubel beim Oberligisten VfB Germania Halberstadt war schon vor dem Duell mit dem Drittligisten 1. FC Magdeburg am Finaltag der Amateure groß. Denn weil die Magdeburger in der Abschlusstabelle der 3. Liga Rang vier belegten und sich dadurch über die Meisterschaft für den DFB-Pokal qualifizieren konnten, hat auch Halberstadt schon - zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte - den Sprung in den großen Lostopf sicher. Am Donnerstag (ab 12.45 Uhr, live in der ARD) geht es aber in der Magdeburger Arena immer noch um viel Prestige und die Trophäe im Sachsen-Anhalt-Pokal. Eine besondere Partie ist es vor allem für Germania-Trainer Andreas Petersen. Der 56-Jährige war schließlich von 2012 bis 2014 Trainer beim FCM.
Dass die Paarung Magdeburg gegen Halberstadt an Christi Himmelfahrt über die Bühne gehen kann, daran ist der SSV Jahn Regensburg nicht unschuldig. Am abschließenden Spieltag der 3. Liga hatte der SSV Jahn 1:0 bei Preußen Münster gewonnen und damit Relegationsplatz drei verteidigt. Den Magdeburgern blieb trotz des 2:0-Heimsieges gegen die Sportfreunde Lotte „nur“ Rang vier. Die Regensburger bestreiten nun am Freitag (ab 18 Uhr) das Relegationshinspiel gegen Zweitligist TSV 1860 München. Wäre der FCM Dritter geworden, hätte das Pokalfinale wegen der Relegation nicht am Finaltag stattfinden können.
"Vor dem Finale werde ich ihn wohl eher nicht mehr anrufen"
Das Finalduell zwischen Magdeburg und Halberstadt gab es schon einmal. Im Jahr 2013 hatte sich der FCM gegen die Germania 3:1 nach Verlängerung durchgesetzt. Trainer damals auf Magdeburger Seite: Andreas Petersen. Auch einige aktuelle Spieler waren dabei. Der heutige Halberstädter Florian Beil zum Beispiel, der vor vier Jahren noch im FCM-Trikot unterwegs war. Kurz vor Schluss hatte der heute 28-jährige Stürmer für den Ausgleich gesorgt und die Magdeburger in die Verlängerung gerettet.
Eine besondere Beziehung zu Halberstadt und Trainer Petersen hat auch FCM-Angreifer Christian Beck, der sich in der gerade abgelaufenen Saison mit 17 Treffern die Torjägerkanone sichern konnte. Von 2010 bis 2011 stürmte „Beckus“ unter Petersen für Halberstadt. Seit 2013 ist der Stürmer für Magdeburg am Ball - auch dort einige Zeit mit Petersen an der Seitenlinie. „Meine Frau sagt immer, dass Christian fast schon mein Stiefsohn ist“, so Petersen lachend. „Er ist aber auf jeden Fall mein Trauzeuge und wir telefonieren regelmäßig. Nur vor dem Finale werde ich ihn wohl eher nicht mehr anrufen.“
1. FC Magdeburg
Gründungsjahr: 1965
Mitgliederzahl: 4200
Liga-Zugehörigkeit: 3. Liga
Trainer: Jens Härtel
Top-Torjäger: Christian Beck (17 Saisontreffer)
Größter Erfolg der Vereinsgeschichte: Europapokalsieger der Pokalsieger (1974), siebenmal DDR-Pokalsieger (1964, 1965, 1969, 1973, 1978, 1979, 1983), dreimal DDR-Meister (1972, 1974, 1975)
Weg ins Finale: SSV 80 Gardelegen (5:0), SSV Havelwinkel Warnau (8:0), Medizin Uchtspringe (7:1), SV Merseburg 99 (4:0), Hallescher FC (3:1)
Germania Halberstadt, Tabellenzweiter der Oberliga NOFV-Süd, ist gegen den Rekordpokalsieger aus Magdeburg Außenseiter. Zwei seiner zehn Titel holte der FCM unter dem heutigen Germania-Trainer Andreas Petersen, dem Vater von SC Freiburg-Profi, Olympia-Silbermedaillengewinner und Bundesliga-Rekordjoker Nils Petersen (28). Ein Jahr nach dem Erfolg gegen Halberstadt gab es gegen den großen Landesrivalen Hallescher FC (acht Titel) in Halle ein 3:0 nach Verlängerung. Es war der bisher letzte Pokalgewinn für die Magdeburger. Im Anschluss setzte sich zweimal der HFC durch. Diesmal schaltete der FCM den Halleschen FC allerdings schon im Halbfinale durch einen 3:1-Auswärtssieg aus.
Dass Magdeburg nach dem eher enttäuschenden Ausgang der Saison in der 3. Liga am Finaltag der Amateure ohne die ganz große Motivation antreten wird, daran glaubt Ex-Trainer Andreas Petersen nicht. „Es geht um einen Titel. Dafür spielen wir doch alle Fußball“, meint der routinierte Trainer im Gespräch mit FUSSBALL.DE . „Bei uns brodelt es jedenfalls. Wir wollen mit dem erstmaligen Pokalsieg Vereinsgeschichte schreiben. Dass wir einen Sahne-Tag benötigen, ist uns dabei bewusst. Die Vorfreude auf das Duell vor einer großen Kulisse an meiner alten Wirkungsstätte ist jedenfalls riesig.“
Germania Halberstadt kann die Saison aber auch noch auf eine andere Weise krönen. Trotz des großen personellen Umbruchs im vergangenen Sommer hat die Mannschaft von Petersen noch Chancen auf den direkten Wiederaufstieg in die Regionalliga Nord ost. Vor dem letzten Spieltag beträgt der Rückstand auf Spitzenreiter BSG Chemie Leipzig zwei Punkte. Sollte es mit Rang eins nicht klappen, kommt für die Germania auch noch ein Weg durch die „Hintertür“ in Betracht. Schafft Regionalliga Nordost -Meister FC Carl Zeiss Jena in den Aufstiegsspielen gegen West-Titelträger Viktoria Köln den Sprung in die 3. Liga, dann wird in der Nordost-Staffel ein zusätzlicher Platz frei. Auf Halberstadt würden dann Entscheidungsspiele gegen den Tabellenzweiten der NOFV-Oberliga Nord warten. Das wäre nach aktuellem Stand der Ex-Regionalligist FSV Optik Rathenow .
Wie aus der Pistole geschossen, antwortet Petersen übrigens auf die Frage, welchen Gegner er sich für die erste DFB-Pokal-Hauptrunde wünscht. „Ganz klar SC Freiburg. Ich möchte noch einmal gegen meinen Sohn spielen. Der zittert bestimmt schon, weil er weiß, wie unbequem ich sein kann“, lacht der A-Lizenz-Inhaber.
VfB Germania Halberstadt
Gründungsjahr: 1949
Mitgliederzahl: 1000
Liga-Zugehörigkeit: NOFV-Oberliga Süd
Trainer: Andreas Petersen
Top-Torjäger: Florian Beil (14 Saisontreffer)
Größter Erfolg der Vereinsgeschichte: Aufstieg in die Regionalliga (2010/2011)
Weg ins Finale: TSV Rot-Weiß Zerbst (4:0), Haldensleber SC (5:1), SV Fortuna Magdeburg (3:0), TV Askania Bernburg (2:1), FSV Barleben (3:1)