Kohler bei Viktoria Köln: Es muss menscheln
[Foto: imago/Jan Huebner]
Er ist Welt- und Europameister, Weltpokal-, Champions-League- sowie UEFA-Cup-Sieger und vierfacher nationaler Meister. Mehr als Jürgen Kohler kann man als Spieler kaum erreichen. Nach seiner aktiven Karriere ist der „Fußballgott“ allerdings überwiegend im Amateurfußball zu Hause. Nach Tätigkeiten beim DFB (U 21-Trainer/2002) und in der Bundesliga (Sportdirektor bei Bayer Leverkusen/2003-2004, Trainer beim MSV Duisburg/2005-2006) geht Kohler bewusst ein paar Etagen tiefer.
Der Drittligist VfR Aalen ist 2008 seine letzte Station im Profifußball, ehe der 105-malige Nationalspieler nach einer längeren Pause bei den Amateurklubs Bonner SC , SpVgg EGC Wirges, SC Hauenstein und VfL Alfter anheuert. Zur neuen Saison übernimmt der 52-Jährige die U 19 des Regionalligisten Viktoria Köln . Im Interview mit FUSSBALL.DE erklärt der frühere beinharte Verteidiger unter anderem, was ihn insbesondere an der Arbeit in kleineren Vereinen und mit Nachwuchskickern reizt.
FUSSBALL.DE: Jürgen Kohler, Ihre neue Mannschaft hat am vorigen Sonntag die Saison in der U-19-Mittelrheinliga als Vizemeister hinter Alemannia Aachen beendet und somit den Aufstieg in die U-19-Bundesliga nur knapp verpasst. Wann geht es mit der Vorbereitung auf die nächste Serie los?
Jürgen Kohler: Etwa Mitte Juli. Zurzeit bin ich zusammen mit Roland Koch, dem Leiter der Viktoria-Nachwuchsabteilung, vor allem mit der Kaderplanung beschäftigt. Wie immer bei Jugendteams findet nach einer Saison zwangsläufig ein größerer Umbruch statt und wir sind nun dabei, eine schlagkräftige Truppe mit Spielern aus den Jahrgängen 2000 und 2001 zusammen zu stellen. Außerdem sind wir noch auf der Suche nach einem Co-Trainer und planen das Testspiel-Programm.
„Ich genieße es, wenn mein Name nicht so präsent ist“
Wie kam der Kontakt zu Viktoria Köln zustande?
Kohler: Ich kannte die verantwortlichen Personen im Verein ja schon ein wenig länger, da ich nicht weit weg von Köln wohne, in den vergangenen Jahren viele Spiele in verschiedenen Ligen gesehen und mich auch über die U-19-Mittelrheinliga ausreichend informiert habe. Konkret angesprochen hat mich vor einiger Zeit Roland Koch und mich gefragt, ob ich mir vorstellen könne, die U 19 zu übernehmen. Ich habe gerne zugesagt und freue mich auf die Aufgabe, wieder mit jungen Menschen zusammen zu arbeiten.
Als Spieler waren Sie der Typ „ Kettenhund “ . Wie sind Sie denn als Trainer?
Kohler: (lacht) Das kann man sicher nicht mit meiner aktiven Zeit vergleichen. Ein Trainer muss immer viele verschiedenen Eigenschaften mitbringen, gerade im Nachwuchsbereich. Da ich selbst drei Kinder habe und unter anderem beim Bonner SC auch die U 19 betreut habe, bin ich in dem Bereich ja nicht ganz unerfahren, allerdings ist es mit einer Fußballmannschaft ja noch einmal ganz anders. Gerade bei Jugendlichen ist es für mich ganz wichtig, dass man respektvoll miteinander umgeht und gemeinsame Regeln akzeptiert – erst dann kommt der sportliche Erfolg. Gewinnen wollen ist gut, aber nicht um jeden Preis!
Haben Sie von Ihrem ambitionierten Arbeitgeber unter Gönner Franz-Josef Wernze die Aufgabe, die U 19 der Viktoria in die Bundesliga zu führen?
Kohler: Nein, darüber haben wir nie gesprochen. Zu den gerade erwähnten zwischenmenschlichen Dingen, die in einer Gemeinschaft wie einem Team im Mittelpunkt stehen sollten, wollen wir möglichst viele junge Spieler an die erste Mannschaft heranführen oder für ihre Zukunft in anderen höherklassigen Vereinen vorbereiten. Leider haben wir als Viktoria als Viertligist noch kein Nachwuchsleistungszentrum, was die Arbeit im Jugendbereich noch einmal auf ein anderes Level heben würde, die Unterlagen fürs NLZ sind aber auf dem Weg. Da sind uns natürlich die umliegenden größeren Klubs wie der 1. FC Köln, Bayer Leverkusen und auch Fortuna Köln voraus.
Wissen die Jungs eigentlich, wen sie da vor sich haben, einen Welt- und Europameister sowie Champions-League-Sieger?
Kohler: Das spielt für mich keine Rolle. Die Eltern oder älteren Fans kennen mich natürlich, aber es geht ja auch nicht um mich. Ich war als Spieler schon nicht sonderlich scharf darauf im Mittelpunkt zu stehen und genieße es, ehrlich gesagt, wenn mein Name nicht so präsent ist.
Haben Sie deshalb in den letzten Jahren ausschließlich bei Amateurvereinen gearbeitet?
Kohler: Ich hatte zwischenzeitlich immer wieder mal Anfragen aus dem Profibereich und verschiedenen Erstligaklubs im Ausland. Dass ich lieber bei kleineren Klubs in der Nähe meines Wohnortes zugesagt habe, war eine bewusste Entscheidung, aber mein recht bekannter Name war dafür nur ein Grund, nicht der wichtigste.
Sondern?
Kohler: 2008 habe ich nach meiner Trainerstation in Aalen eine Pause eingelegt, um mich mehr um meine Familie (Kohler hat mit seiner Frau drei Kinder, zwei Söhne, 19 und 16, sowie eine achtjährige Tochter; Anm. d. Red.) und um meine Gesundheit zu kümmern. Ich habe einen angeborenen Herzfehler, mit dem ich zwar immer Sport treiben konnte und aus medizinischer Sicht nicht gefährdet war, aber ich wusste, dass ich mich irgendwann später einmal einem Eingriff unterziehen musste. Das habe ich 2015 getan, danach bin ich in eine Reha gegangen und es geht mir längst wieder sehr gut. Ich spiele zwar auch privat nicht mehr Fußball, aber gehe regelmäßig ins Fitnessstudio zum Spinning, was mir sehr viel Spaß macht. Eigentlich fühle ich mich fitter als früher, die Arbeit kann also beginnen.