Anna-Lena Füllkrug: "Sportlerin des Jahres"
[Foto: Rainer-Droese]
Das dürfte wohl einmalig sein in Deutschland, es hat zumindest einen extrem hohen Seltenheitswert: Bruder und Schwester sind gemeinsam Sportler und Sportlerin des Jahres. In Hannover ist das seit wenigen Tagen so. Anna-Lena und Niclas Füllkrug wurden gerade erst bei einer großen Gala im Theater am Aegi feierlich gekürt. Unter den 1200 geladenen Gästen applaudierte unter anderem Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.
Dass die Füllkrugs im gleichen Verein spielen, macht die Situation noch spezieller. Niclas ist Bundesligaprofi bei Hannover 96, will die Klasse halten. Anna-Lena stürmt für 96 in der Niedersachsenliga mit klarer Zielsetzung: Aufstieg in die Regionalliga Nord . Als Hannovers neue Sportlerin des Jahres hat die 22 Jahre alte Lehramtsstudentin übrigens Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus abgelöst.
"Nie im Leben damit gerechnet"
„Dass ich als Fußballerin aus der Niedersachsenliga überhaupt nominiert wurde, hat mich bereits mit Stolz erfüllt. Schließlich gibt es in Hannover in anderen Sportarten auch Welt- und Europameisterinnen“, sagt Anna-Lena rückblickend. Umso größer sei die Überraschung gewesen, dann auch den Titel zu holen. „Damit habe ich, ehrlich gesagt, nie im Leben gerechnet. Erfahren habe ich das erst am Gala-Abend.“
„Wir sind gegenseitig unheimlich stolz aufeinander und unterstützen uns, wo und wann immer es geht“
Die Urkunde hängt bereits in ihrem Zimmer an der Wand. „Der Pokal steht noch neben dem Pokal meines Bruders auf dem Wohnzimmertisch bei meinen Eltern.“ Gut zu sehen also für den jüngeren Bruder Mika. Der ist zwölf Jahre alt und spielt natürlich auch Fußball. Bei TuS Ricklingen , einem großen Stadtteilverein in Hannover, in der E-Jugend.
Bei TuS Ricklingen haben alle drei Füllkrug-Geschwister mit dem Kicken begonnen, Anna-Lena damals als kleines Mädchen. „Ich wollte immer so sein wie mein großer Bruder. Da hatten meine Eltern keine Chance, mich für einen anderen Sport zu interessieren, etwa Turnen oder Schwimmen. Für mich zählt nur Fußball. Meine Eltern haben schließlich begriffen, dass es nichts anderes für mich gibt und wurden sehr schnell zu Unterstützern“, erinnert sich die junge Frau, die bis zur C-Jugend bei TuS Ricklingen blieb, ehe sie mit den B-Juniorinnen der TSG Ahlten , einem Dorfklub bei Burgdorf östlich von Hannover, 2012/2013 in die Bundesliga aufstieg.
„Altersbedingt musste ich allerdings dann bei Ahltens Frauen spielen. Ein Jahr später bin ich für drei Jahre zu Fortuna Celle in die Regionalliga Nord gewechselt. Jetzt bin ich in der zweiten Saison bei Hannover 96“, beschreibt sie ihren weiteren Weg. „In Hannover fühle ich mich richtig wohl, besonders bei 96“, sagt sie. Es gebe keinen Grund, zu wechseln. Kein Wunder: 47 Tore gelangen ihr in der letzten Saison, als der Aufstieg in die Niedersachsenliga klappte. Dort ist das Team erneut Spitze. „Wir wollen in die Regionalliga Nord aufsteigen. Mal sehen, wohin dann der weitere Weg führt.“ Von der Bundesliga träume sie derzeit nicht. „Viel zu weit weg“, meint sie.
Anna-Lenas Karriere im Angriff übrigens ist noch recht kurz. „Begonnen habe ich als Mädchen in der Innenverteidigung, bin dann über die Sechser-Position auf die Zehn gekommen und danach in den Sturm. Ich habe also die komplette Achse durchgespielt.“ Ihre vielen Tore erklärt sie so: „Ich habe tolle Mitspielerinnen, die mich füttern, und eine gute Technik. Außerdem bin ich schnell. Dazu kommt mein kräftiger Körper, der mich durchsetzungsstark macht.“ Soll heißen: Anna-Lena Füllkrug ist so leicht durch nichts und niemanden zu stoppen.
Neben dem eigenen Spiel hat die junge Frau bereits nicht unerhebliche Erfahrung an der Seitenlinie. Denn die 22-Jährige ist auch Trainerin. Gemeinsam mit ihrem Vater, der früher auch ein guter Kicker war, trainiert sie seit acht Jahren das Team ihres jüngeren Bruders. Seit Mika mit vier Jahren in den Verein ging, heißen seine Trainer Andreas und Anna-Lena Füllkrug. Die hat inzwischen eine C-Lizenz für Breitenfußball gemacht. Und Papa Andreas hatte zuvor schon seiner Tochter und seinem ältesten Sohn Niclas das Kicken beigebracht.
"Unterstützen uns, wann immer es geht"
Überhaupt scheint der TuS Ricklingen ganz in Familienhand zu liegen. Niclas hatte dort als Jugendlicher in einer Saison über 100 Tore erzielt. Der Papa hat dort gestürmt und Opa Gerd hatte dort ebenfalls eine große Karriere begonnen, die ihn in den Siebzigerjahren bis in den Angriff der Zweitligisten OSV Hannover und Arminia Hannover geführt hatte. Womit die Frage nach den Fußballgenen bei den Füllkrugs zumindest für die jüngsten drei Generationen geklärt wäre. Die Familie gilt in Sachen Fußball als unzertrennlich. Die Dauerkarte für die Bundesliga ist da natürlich Pflicht. Auch bei den Frauen schauen Papa, Opa und großer Bruder gerne mal zu. „Wir sind gegenseitig unheimlich stolz aufeinander und unterstützen uns, wo und wann immer es geht“, fasst Anna-Lena treffend das Familiengefüge zusammen. Da passt es geradezu ideal, dass die jüngsten Pokaltrophäen noch gleichberechtigt auf dem elterlichen Wohnzimmertisch stehen.