Kaffenberger macht Schluss: "Risiko zu groß"
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Karriereende mit erst 26 Jahren: Ex-Zweitligaprofi Marcel Kaffenberger von Regionalliga Nordost-Absteiger FC Rot-Weiß Erfurt hört auf, weil "ich den Kampf gegen meinen Körper verloren habe", wie er selbst erklärt. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Kaffenberger über die schwere Entscheidung, seine Laufbahn verletzungsbedingt so früh zu beenden.
FUSSBALL.DE: Mit gerade einmal 26 Jahren beenden Sie ihre Karriere als Fußballer, nachdem Sie zuletzt wegen einer Achillessehnenverletzung fast die komplette Saison ausgefallen waren. Ist die jüngste Verletzung der Hauptgrund für den frühzeitigen Schlussstrich, Herr Kaffenberger?
Marcel Kaffenberger: Ja, die Verletzung hat mich zum Karriereende gezwungen. Ich wollte nicht, aber ich musste aufhören. Ärzte waren in den vergangenen Jahren meine ständigen Begleiter. Ich habe viele Rehas durchgemacht und verschiedene Behandlungsmöglichkeiten ausprobiert. Es hat aber nichts geholfen. Ständig kamen neue Verletzungen und Rückschläge dazu. Deshalb habe ich nun den Entschluss gefasst, dem aktiven Fußball den Rücken zu kehren.
Sie sagten, dass Sie den Kampf gegen Ihren Körper verloren haben. Wie sehr haben Sie für eine Fortsetzung Ihrer Karriere gekämpft?
"Den Fußball liebe ich weiterhin über alles, dieser Sport ist mein Leben"
Kaffenberger: Ich habe wirklich alles versucht und kann mir nichts vorwerfen. Den Fußball liebe ich weiterhin über alles, dieser Sport ist mein Leben. Aber es bringt nichts, sich von Reha zu Reha zu quälen, um dann am Ende doch wieder zurückgeworfen zu werden. Mit 26 Jahren die Fußballerlaufbahn zu beenden, ist zwar ungewöhnlich, war für mich aber leider alternativlos.
Sie hatten zahlreiche verschiedene Verletzungen: Achillessehnen-, Bänder-, Knöchel-, Sprunggelenk- und Muskelverletzungen. Wie schwer ist es, sich immer wieder neu zu motivieren?
Kaffenberger: Dafür benötigt man viel Kraft. Ich bin froh, dass mich meine Frau und meine Familie immer unterstützt haben. Wenn man sich immer wieder verletzt, stellt man sich schon die Frage: Warum trifft es eigentlich immer mich? Für Spieler, die größtenteils verletzungsfrei bleiben, ist eine solche Situation schwer vorstellbar. Sich das komplette Jahr nur damit zu beschäftigen, fit zu werden, und lediglich dabei zusehen zu können, wie die Mitspieler Woche für Woche alles geben, tut weh.
Gab es auch schon in den zurückliegenden Jahren Momente, in denen Sie an ein frühzeitiges Karriereende gedacht haben?
Kaffenberger: Das kam vorher tatsächlich nie in Frage. Grund dafür war sicher auch, dass ich die meiste Zeit im Profibereich gespielt habe. Wenn man mit 23 oder 24 Jahren in der 2. oder 3. Liga spielt, träumt man noch von einer großen und langen Profikarriere. Dann quält man sich entschlossener durch Verletzungen - sogar wenn langfristig die eigene Gesundheit auf dem Spiel steht. Jetzt war ich aber nur noch in der Regionalliga am Ball und musste auch aus finanzieller Sicht eine kluge Entscheidung treffen. Das Risiko war zu groß, viel Zeit und Kraft zu investieren, ohne es jemals wieder zurück auf den Platz zu schaffen. Dass ich seit wenigen Monaten Vater eines Sohnes bin, hat sicher auch eine Rolle gespielt.
Wie schwer ist Ihnen die Entscheidung gefallen, einen Schlussstrich zu ziehen?
Kaffenberger: Die ersten Tage, nachdem ich mein Karriereende verkündet hatte, waren hart. Dass es aber die richtige Entscheidung war, habe ich schnell erkannt. Ich habe immer noch Schmerzen und gehe täglich zur Reha. Mir blieb keine andere Wahl, um langfristig schmerzfrei zu leben.
Haben sich ehemalige Mitspieler bei Ihnen gemeldet?
Kaffenberger: Ich habe sogar so viele aufmunternde Nachrichten erhalten, dass ich noch gar nicht die Zeit hatte, alle zu beantworten. Das hat mich sehr berührt und gefreut.
Wie geht es jetzt für Sie weiter?
Kaffenberger: Fest steht, dass ich dem Fußball erhalten bleiben möchte. In welcher Funktion das sein wird, ist aber noch offen. Es laufen einige Gespräche und es gibt mehrere Möglichkeiten. Ich hoffe, dass ich schon bald etwas bekanntgeben kann.
Haben Sie vorgesorgt und beispielsweise eine abgeschlossene Berufsausbildung?
Kaffenberger: Nach meinem Fachabitur hatte ich zunächst alles auf die Karte Fußball gesetzt. Als Profisportler ist es schwierig, sich parallel auf das Berufsleben nach der Karriere vorzubereiten. Dieses Problem haben tausende Fußballer. Vor allem in der 3. und 4. Liga sollte man aber definitiv versuchen, sich nebenbei weiterzubilden, um sich später finanziell absichern zu können. Zu viele Spieler lassen sich vom Millionengeschäft in den höheren Ligen blenden. Die Fußballerkarriere kann schnell vorbei sein, dann steht man mit leeren Händen da. Ich habe die zurückliegenden Monate dazu genutzt, eine Online-Weiterbildung im Bereich Scouting abzuschließen und Kontakte zu knüpfen. Jetzt bin ich gespannt, was die Zukunft für mich bringen wird.
Welche Tipps können Sie anderen Fußballern geben, die ebenfalls mit vielen Verletzungen zu kämpfen haben? Wie merkt man, dass es Zeit ist, den Schlussstrich zu ziehen und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen?
Kaffenberger: Es ist auf jeden Fall wichtig, auf seinen Körper zu hören und ehrlich zu sich selbst zu sein. Statt sich mit Schmerzmitteln vollzupumpen, um kurzfristig wieder spielen zu können, sollte man an die langfristigen Folgen denken. Gehen die Schmerzen über einen langen Zeitraum ohne den Einsatz von Medikamenten nicht weg, sollte man ernsthaft darüber nachdenken, die Karriere zu beenden. Das ist dann keine Entscheidung gegen den Fußball, sondern für die eigene Gesundheit und ein sorgenfreieres Leben.