Omerbasic: "Treffen auf bestes Team der Welt"
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Nur eine Woche nach seiner Verpflichtung erzielte Adis Omerbasic (25) das bislang wichtigste Tor in der Vereinsgeschichte des 1. FC Düren aus der Mittelrheinliga. Nach dem 1:0 am Finaltag der Amateure gegen Alemannia Aachen geht es im DFB-Pokal am Freitag, 11. September (ab 20.45 Uhr), gegen Bayern München. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Omerbasic über die Pokalfeier, Heimweh und Leroy Sané.
FUSSBALL.DE: Mit dem 1:0-Finalsieg gegen Alemannia Aachen sicherte sich der 1. FC Düren den Gewinn des Mittelrheinpokals und qualifizierte sich für den DFB-Pokal, in dem es in der ersten Runde am 11. September gegen den Rekordpokalsieger, Titelverteidiger und Champions-League-Sieger FC Bayern München geht. Wie lange wurde gefeiert, Herr Omerbasic?
Adis Omerbasic: Es war definitiv eine lange Nacht. Nach der Partie waren wir noch zusammen am Vereinsheim, dort gab es auch ein Feuerwerk. Ganz so lange ging die Feier zwar nicht, aber ich habe dennoch bis sechs Uhr in der Früh kein Auge zugemacht. Nach diesem Erlebnis war es schwierig einzuschlafen.
Stand Ihr Handy seit dem Schlusspfiff überhaupt noch still?
Omerbasic: Das Handy ist in der Tat fast explodiert. Ich habe sehr viele Nachrichten mit Gratulationen und Glückwünschen bekommen - von der Familie, von Freunden, von früheren Teamkollegen und auch Trainern. Das hat mich schon sehr gefreut.
Gleich in Ihrem ersten Spiel für den 1. FC Düren haben Sie mit dem 1:0-Siegtreffer Vereinsgeschichte geschrieben. War Ihnen das sofort bewusst?
Omerbasic: Doch, schon. Ich hatte zwar erst vier oder fünf Trainingseinheiten mit dem Team absolviert, war aber sofort integriert. Der Verein wurde erst vor wenigen Jahren neu gegründet, hat aber in der Zukunft viel vor und strebt den Aufstieg in die Regionalliga West an. Der Pokalsieg ist ein vorläufiger Höhepunkt auf diesem Weg. Mit dem Bonner SC hatte ich den Mittelrheinpokal vor einigen Jahren auch schon mal gewonnen und dann auch im DFB-Pokal gegen Hannover 96 gespielt. Diesmal ist aber alles noch größer. Mit dem FC Bayern München treffen wir auf die beste Mannschaft der Welt. Das ist Wahnsinn.
Sie sind eigentlich rechter Außenverteidiger. Weshalb tauchten Sie in der entscheidenden Szene überhaupt vor dem Aachener Tor auf?
Omerbasic: In unserem 3-4-3-System muss ich auf der rechten Seite nicht nur verteidigen, sondern die gesamte Flanke beackern. Außerdem war ich früher auch schon mal als Stürmer aktiv und bringe einen gewissen Torriecher mit. In der Regionalliga habe ich als Verteidiger in den letzten Jahren immerhin zehn Treffer erzielt.
Sie sind gebürtiger Bonner, waren viele Jahre für den Bonner SC am Ball. War es für Sie etwas Besonderes, im Sportpark Nord den vielleicht wichtigsten Treffer Ihrer Karriere zu erzielen?
Omerbasic: Eines vorweg: Es war auf jeden Fall mein bisher wichtigstes Tor. Und das auch noch in meiner Heimatstadt. Das ist schon etwas Besonderes und wird für immer in Erinnerung bleiben. Die Vorarbeit kam außerdem von Markus Wipperfürth, der ebenfalls aus Bonn kommt und fast sein ganzes Leben für den BSC gespielt hat.
Ihre Mannschaft war gegen die klassenhöhere Alemannia als Außenseiter ins Spiel gegangen. Wann war Ihnen klar, dass eine Überraschung möglich ist?
Omerbasic: Dass wir eine gute Chance hatten, das Spiel zu gewinnen, war mir schon vorher klar. Der 1. FC Düren hat seinen Kader für das Ziel Aufstieg mit einigen routinierten Spielern verstärkt, die fast alle auch schon über Regionalliga-Erfahrung verfügen. Wir haben deshalb auch schon jetzt eine Mannschaft, die aus meiner Sicht bereits eine Liga höher bestehen könnte. Das hat sich dann auch gegen die Alemannia bestätigt. Ich hatte eigentlich nie das Gefühl, dass der Gegner uns dominieren könnte. Eher im Gegenteil.
Was hat im Endspiel letztlich den Ausschlag gegeben?
Omerbasic: Der frühe Führungstreffer hat uns sicher in die Karten gespielt. Vor allem aber haben wir danach so souverän und abgeklärt verteidigt, dass die Aachener praktisch kaum zu gefährlichen Aktionen gekommen sind. Wir haben unsere Gegenspieler so gut unter Druck gesetzt, dass ihnen meistens nichts anderes übriggeblieben ist, als lange Bälle zu schlagen. Ein echtes Rezept hat die Alemannia bis zum Abpfiff nicht gefunden.
Es war ungewöhnlich, dass der mögliche Gegner im DFB-Pokal schon vor dem Finaltag feststand. Welche Rolle hat das Traumlos FC Bayern München gespielt?
Omerbasic: Es wurde im Vorfeld des Spiels zwar immer wieder erwähnt. Wir haben uns deshalb aber keinen großen Druck gemacht. Das Duell mit der Alemannia stand immer im Vordergrund. Dass die Aussicht, im DFB-Pokal auf den FC Bayern treffen zu können, jedoch noch ein zusätzlicher Anreiz ist, versteht sich von selbst.
Bis vor etwas mehr als einer Woche standen Sie noch beim Nordost-Regionalligisten Chemnitzer FC unter Vertrag. Warum kicken Sie jetzt überhaupt für den 1. FC Düren?
Omerbasic: Es ist nichts Negatives vorgefallen, aber ich habe in Chemnitz gemerkt, dass ich mit dem Kopf nicht zu 100 Prozent bei der Sache war. Dann ist es auch schwer bis unmöglich, seine Leistung zu bringen. Daraus habe ich meine Konsequenzen gezogen und den Vertrag wieder aufgelöst. Dass ich nach Düren wechseln würde, war danach sehr schnell klar. Die Verantwortlichen haben mich mit ihrem Konzept überzeugt. Dass der Verein den Aufstieg in die Regionalliga anstrebt, war mir sehr wichtig. Hinzu kommt noch, dass ich schon vorher fast alle Spieler kannte. Mit vielen habe ich früher auch zusammengespielt.
Schon vor einem Jahr hatten Sie den Bonner SC kurzzeitig in Richtung des damaligen Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach verlassen, waren aber nach wenigen Wochen zurückgekehrt. Können Sie nicht ohne Ihre Heimat Bonn?
Omerbasic: Sieht zumindest so aus. Ich lebe seit 25 Jahren in Bonn, bin sehr heimatverbunden. Ich will damit nicht sagen, dass es mich nicht mal woanders hinziehen kann. Die Erfahrungen in Großaspach und Chemnitz haben mir aber deutlich vor Augen geführt, was mir wichtig ist. Das Heimweh war bei den großen Entfernungen zu stark.
Schon beim Finaltag der Amateure war die Aufmerksamkeit durch die Live-Konferenz in der ARD riesengroß. Das Duell mit dem FC Bayern wird aber noch einmal eine besondere Hausnummer, oder?
Omerbasic: Natürlich. Die Partie wird komplett live im Free-TV übertragen, wir treffen - wie schon gesagt - auf das beste Team der Welt. Dennoch treten wir nicht nur gegen den FC Bayern an, um mal die ganzen Stars zu Gesicht zu bekommen. Wir können auch Fußball spielen und wollen uns so gut wie möglich verkaufen. Ich bin auf jeden Fall sehr zuversichtlich, dass wir nicht abgeschossen werden.
Haben sich die Vereinsverantwortlichen schon zum Spielort geäußert?
Omerbasic: Klar ist, dass wir in Düren nicht spielen können, zumal das Stadion derzeit umgebaut wird. Die nächsten größeren Spielstätten wären in Köln, Leverkusen, Aachen oder Bonn, wobei wir jedoch davon ausgehen müssen, dass ohnehin wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie vermutlich nicht allzu viele Zuschauer dabei sein können. Unser Verein will deshalb versuchen, die Partie in München auszutragen. Es wäre richtig geil, in der Allianz Arena aufzulaufen.
Unmittelbar nach dem Pokalfinale gegen Alemannia Aachen hatten Sie im TV schon einen möglichen Vergleich mit Bayerns Linksverteidiger Alphonso Davies mit einem Augenzwinkern angesprochen. Können Sie bei der Geschwindigkeit wirklich mithalten?
Omerbasic: Mal sehen. (lacht) Zusammen mit Nationalspieler Leroy Sané habe ich früher in der Jugend beim FC Schalke 04 in einer Mannschaft gespielt. Bei den Sprintduellen im Training konnte ich jedenfalls ganz gut mithalten. Da war er mir nicht allzu weit voraus. Es wäre natürlich eine tolle Sache, wenn Leroy ausgerechnet gegen uns sein erstes Pflichtspiel für den FC Bayern bestreiten würde und wir uns dann vielleicht auch in direkten Duellen auf dem Platz messen könnten.
Mal ehrlich: Wie groß sind - in Prozenten ausgedrückt - die Chancen auf eine Sensation am 11. September gegen den Triplesieger?
Omerbasic: Das möchte ich lieber nicht beziffern. Klar ist, dass sich die Bayern in den letzten Jahrzehnten im DFB-Pokal kaum einmal eine echte Blöße gegen unterklassige Gegner gegeben haben. Das schließt aber nicht aus, dass es diesmal passieren könnte. Ich gehe jedenfalls als Fußballer in jedes Spiel, um es möglichst zu gewinnen.