Traumstart |22.10.2020|07:30

Viktoria Berlin: Zehn Spiele, zehn Siege!

"Die Chemie im Team stimmt einfach": Viktoria-Trainer Benedetto Muzzicato.[Foto: Marnie Orlob]

Zehn Spiele, zehn Siege, 30 Punkte: Der FC Viktoria Berlin ist optimal in die neue Saison der Regionalliga Nordost gestartet und thront ohne Punktverlust an der Spitze. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Erfolgstrainer Benedetto Muzzicato über die Gründe für die beeindruckende Siegesserie, die Konkurrenz im Nordosten und den Startrekord des Chemnitzer FC, den die Viktoria knacken kann.

FUSSBALL.DE: Wie war dieser beeindruckende Start in die Saison möglich, Herr Muzzicato?

Benedetto Muzzicato: Da muss ich direkt einmal etwas ausholen. (lacht) Wir haben während der langen Pflichtspielpause früh damit begonnen, die Mannschaft so zusammenzustellen, dass jeder Spieler in unsere Philosophie passt. Das Projekt Viktoria Berlin ist in aller Munde und wir haben viele Topspieler dafür begeistern können. Es muss nicht immer Geld sein, mit dem man lockt. Der Verein und die Stadt Berlin haben genügend Strahlkraft, um hochkarätige Fußballer von einer Zusammenarbeit zu überzeugen. Jetzt haben wir ein Team beisammen, das individuell klasse besetzt und charakterlich auf einer Wellenlänge ist. Das als Kombination ist ein Grundpfeiler für Erfolg.

Hätten Sie mit einer solchen Konstanz gerechnet?

"Die Chemie im Team stimmt einfach - auf und neben dem Platz"

Muzzicato: Das hat - glaube ich - niemand bei uns erwartet und ist definitiv außergewöhnlich. Vor allem, wenn man bedenkt, wie viele schwere Gegner wir schon hatten. Topteams wie die VSG Altglienicke, den FC Energie Cottbus oder den Chemnitzer FC haben wir allesamt besiegt. Beeindruckend ist die Siegesserie auch deshalb, weil wir kurz nach dem 1. Spieltag eine bittere 0:6-Niederlage gegen Altglienicke am Finaltag der Amateure hinnehmen mussten. Wir haben zwar insgesamt nicht schlecht gespielt, aber wegen der gnadenlosen Effektivität des Gegners deutlich verloren. Das hat wehgetan. Dennoch haben wir nur wenige Tage später den nächsten Ligasieg eingefahren. Das zeigt den hervorragenden Charakter und die starke Mentalität der Mannschaft. Und obwohl wir nun zehn Siege in Folge eingefahren haben, denken wir nicht ans Feiern, sondern arbeiten weiter hart. Nur so können wir den bisherigen Erfolg bestätigen.

Wenn es ein spezielles Erfolgsgeheimnis gäbe, würden Sie es uns aber sicher verraten, oder?

Muzzicato: Sicher nicht! (lacht) Die Chemie im Team stimmt einfach - auf und neben dem Platz. Hinzu kommt vielleicht noch, dass ich als Trainer nicht festgefahren bin in Bezug auf Spielphilosophien und Taktiken. Bei meinem vorherigen Verein BSV Schwarz-Weiß Rehden habe ich beispielsweise anderen Fußball spielen lassen. Ich versuche, mich den Gegebenheiten und dem Leistungsvermögen des Kaders anzupassen. Flexibel und variabel zu sein, ist eine wichtige Trainereigenschaft.

Das Selbstvertrauen Ihrer Spieler könnte aktuell wohl kaum größer ein. Müssen Sie da auch ein wenig entgegensteuern, um Überheblichkeit zu verhindern?

Muzzicato: Ich spreche das Thema an, aber nicht zu häufig. Erstens ist das nicht notwendig, weil die Spieler bereits von sich aus wissen, wie sie mit Erfolg umzugehen haben. Zweitens möchte ich nicht den Flow der Jungs unterbrechen und zu viel nerven. (lacht)

Der Vorsprung auf den ärgsten Verfolger VSG Altglienicke, der eine Partie weniger absolviert hat, beträgt acht Zähler. Wie bewerten Sie die Tabellensituation nach dem 10. Spieltag?

Muzzicato: Es ist eine sensationelle Momentaufnahme - nicht mehr und nicht weniger. Altglienicke macht es bisher auch extrem gut und ist uns auf den Fersen. Für mich ist die VSG das beste Team in der Liga. Es wird daher nicht einfach, Altglienicke auf Abstand zu halten. Aber auch der FC Carl Zeiss Jena wird bis zum Saisonende alles geben, um den Titel zu holen und direkt in die 3. Liga zurückzukehren. Andere starke Mannschaften wie Energie Cottbus und den Chemnitzer FC, die nicht optimal gestartet sind, schreibe ich auch noch nicht ab. Cottbus hat unter der Regie des neuen Trainers Dirk Lottner fast alle Spiele gewonnen und wird in den kommenden Wochen sicher noch einige Plätze gut machen. Fakt ist, dass wir uns nicht ausruhen dürfen und uns noch viel Arbeit bevorsteht.

Ihr prominenter Zugang Bernd Nehrig betonte bereits, dass die Viktoria unbedingt in die 3. Liga will. Ist der Sprung in den Profibereich auch Ihr großes persönliches Ziel?

Muzzicato: Ich möchte unbedingt im Profifußball arbeiten. Zu meiner Zeit als Spieler konnte ich mein Potential nicht komplett ausschöpfen, weil ich mir unter anderem selbst im Weg stand. Das tat weh. Als Trainer soll das jetzt anders werden. Das Ziel ist, mich im Profifußball zu etablieren. Am liebsten natürlich mit Viktoria Berlin - und das so schnell wie möglich. Für das kommende Jahr nehme ich mir fest vor, die Ausbildung zum Fußball-Lehrer zu machen. Im besten Fall erhalte ich einen Platz beim DFB. Sonst könnte ich mir aber auch vorstellen, die Ausbildung in meiner zweiten Heimat Italien zu absolvieren.

Kurzfristig können Sie mit der Viktoria erst einmal einen Rekord knacken. Die Bestmarke in der Regionalliga Nordost liegt bei 15 Siegen zum Saisonstart, aufgestellt vom Chemnitzer FC in der Saison 2018/2019.

Muzzicato: Ganz ehrlich? Das interessiert mich nicht und das müssen Sie mir glauben. Ich muss auch unseren Analysten immer bremsen, wenn er wieder mit zahlreichen Statistiken und Zahlenspielen um die Ecke kommt. Wir befinden uns nicht auf Rekordjagd, sondern fokussieren uns immer nur auf das nächste Spiel. Am Freitagabend haben wir mit dem SV Babelsberg 03 einen schweren Gegner zu Gast, gegen den wir unsere Siegesserie fortsetzen wollen. Alles andere blenden wir aus.