Waßmuth: "Das Wichtigste ist, Spaß zu haben"
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Die Fußball-Karriere von Nationalspielerin Tabea Waßmuth startete früh: Schon mit fünf Jahren steht die heute 24-Jährige auf dem Platz - damals noch im Trikot des Karlsruher SV. Von hier aus ging es für Waßmuth nach Hoffenheim, wo die 1,70m große Stürmerin von der B-Jugend-Meisterin zur Nationalspielerin reifte. Nach 12 Jahren bei der TSG will die gebürtige Gießenerin noch höher hinaus: Im Sommer wechselt sie zum amtierenden Meister und Pokalsieger nach Wolfsburg. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Tabea Waßmuth über ihre Anfänge im Amateurfußball, den Bezug zu ihrem Heimatverein und ihre ehrgeizigen Ziele beim VfL.
FUSSBALL.de: Tabea, Sie spielen eine starke Bundesliga-Saison nach der anderen, doch auch Ihre Karriere begann einst auf dem heimischen Sportplatz. Wie entstand ihre Liebe zum Fußball?
Tabea Waßmuth: Ein Junge aus meiner Nachbarschaft hat damals beim Karlsruher SV Fußball gespielt und mich mit zum Sportplatz genommen. Dort hat mir Fußballspielen immer mehr Spaß gemacht, also bin ich dabeigeblieben. Nachdem so der erste Kontakt zum Verein zustande kam, habe ich mit ca. fünf Jahren angefangen für Karlsruhe zu spielen. Nach meinem ersten Mannschaftstraining habe ich hier also auch die ersten Spiele absolviert und bis zur C-Jugend mit den Jungs - am Ende parallel zu den Juniorinnen in Hoffenheim - zusammengespielt.
Wie haben Sie das Zusammenspiel mit den Jungs empfunden?
"Spaß am Ball, der Rest kommt von alleine"
Waßmuth: Ich war das einzige Mädel im Team und kannte es nicht anders. Schließlich habe ich von den Bambinis an über all die Jahre hinweg mit und gegen Jungs gespielt, bis ich nach Hoffenheim gewechselt bin. Meiner Meinung nach war das kein Nachteil, sondern durchweg positiv und sicherlich sogar ein Vorteil für meine Entwicklung. Und selbst, wenn mal ein Spruch von den Gegnern kam, fand ich das nicht schlimm, denn ich wusste, dass die Jungs hinter mir stehen.
Das ist Teamgeist! Welche Emotionen verbinden Sie mit dieser Zeit im Amateurfußball?
Waßmuth: Ganz viel Spaß und Freude natürlich. Es war eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Durch meine Anfänge beim KSV wurde der Grundstein gelegt und somit der Schritt in den Profifußball überhaupt möglich gemacht. Das Fußballspielen dort hat mir wahnsinnigen Spaß gemacht, auch weil ich von den Bambinis an quasi die gleichen Mannschaftskameraden hatte. Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, ist das immer noch ein tolles Gefühl.
Haben Sie trotz Ihrer steilen Karriere auch heute noch einen Bezug zu ihrem Heimatverein?
Waßmuth: Als ich damals beim KSV gespielt habe, war meine Mutter meine Trainerin, das verbindet bis heute. Und auch mein Bruder spielt aktuell noch für Karlsruhe. Er spielt sogar jetzt noch mit Jungs zusammen, mit denen ich damals zu meiner Zeit beim KSV in einer Mannschaft war. Wir hatten quasi die gleichen Teamkollegen. Fußball verbindet, deswegen kommt man schnell wieder ins Gespräch. Ab und an kriege ich eine Nachricht von Teamkollegen aus früheren Zeiten. Bei besonderen Toren oder Spielen, wie letztens bei dem Sieg über Bayern, kommt dann schon Mal die ein oder andere Nachricht mit Glückwünschen rein und das freut mich immer unheimlich.
Sie waren auch am Stützpunkt aktiv. Welche Erinnerungen verbinden Sie damit?
Waßmuth: Im Gegensatz zu meiner Mannschaft beim KSV waren am Stützpunkt auch immer ein, zwei andere Mädels dabei, mit denen ich mich dort durchgekämpft habe. Das war für mich natürlich super. Dadurch, dass das Training beim KSV und somit auf dem heimischen Sportplatz stattgefunden hat, war auch meine Aufregung nicht ganz so groß. Trotzdem war das etwas anderes, weil man eben nicht mit den Mannschaftskameraden zusammengespielt hat, die man kannte, sondern die Teilnehmenden aus verschiedenen Vereinen kamen. Ich konnte so einige neue Erfahrungen sammeln und das hat mich schon auch geprägt.
Eine entscheidende Phase auf dem Weg nach oben?
Waßmuth: Es war das erste professionelle Training mit einem ganz anderen Fokus und Schwerpunkt als beim KSV. Für mich persönlich war der Stützpunkt eine Art Sprungbrett, denn Jürgen Ehrmann war zu meiner Zeit Stützpunkttrainer, bevor er später auch in Hoffenheim Trainer wurde. Jürgen hat mich quasi vom Stützpunkt aus nach Hoffenheim gebracht und das war für meine Karriere definitiv wegweisend.
Sie sprechen es an: Nach den Anfängen bei Karlsruhe folgte in der Saison 2008/09 der Wechsel zu den Juniorinnen der TSG. Wie gelang ihnen der Schritt zu den Profis?
Waßmuth: Mein Stützpunkttrainer Jürgen Ehrmann hat mir damals ein Probetraining bei Hoffenheim gesichert. Ich hatte dann zunächst noch eine Doppel-Spiel-Genehmigung, mit der ich einerseits gemeinsam mit den Jungs beim KSV spielen konnte, andererseits aber auch für Hoffenheim. Ja, und dann bin ich relativ schnell ganz zur TSG gewechselt. Dort habe ich erst bei den C-Juniorinnen gespielt und habe dann über die U 17 den Sprung in die zweite Mannschaft geschafft, die damals in der Regionalliga gespielt hat. 2014 sind wir in die 2. Bundesliga aufgestiegen und zur Saison 2016/17 bin ich dann in den Erstliga-Kader gekommen.
Im Herbst 2020 folgte dann ein weiteres Highlight: Sie haben für die Nationalmannschaft debütiert. Was ging in Ihnen vor, als Sie von der Nominierung erfahren haben?
Waßmuth: Also das war wirklich verrückt! Ich hatte nicht damit gerechnet, deswegen war ich etwas überrascht, aber habe mich natürlich auch riesig über die Nominierung gefreut. Dass ich aufgeregt war, kann ich nicht abstreiten. (lacht) Wenn man mit den besten Spielerinnen Deutschlands auf dem Platz steht, ist das natürlich eine besondere Ehre. Durch meine Zeit in Hoffenheim kannte ich schon ein paar Spielerinnen, was mir den Einstand erleichtert hat. Es war mega aufregend und ich bin unendlich dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe.
In der Bundesliga stehen Sie mit Hoffenheim aktuell auf dem dritten Tabellenplatz und sind ziemlich erfolgreich. Trotzdem entscheiden Sie sich nach zwölf Jahren bei der TSG für einen Wechsel nach Wolfsburg. Warum?
Waßmuth: Ich bin Hoffenheim für die letzten Jahre unendlich dankbar. Bei der TSG wurde mir die Chance gegeben, mich langsam zu entwickeln. Das habe ich persönlich gebraucht. Es war eine lange, aber vor allem lehrreiche und großartige Zeit, doch jetzt will ich etwas Neues erleben. Ich möchte mich persönlich weiterentwickeln und mich in einer neuen Mannschaft durchsetzen. Bei Wolfsburg habe ich die Möglichkeit auf super hohem Niveau zu trainieren und mich zu beweisen. Das ist nochmal etwas ganz Anderes als bisher.
Auf was freuen Sie sich am meisten? Treibt Sie die Titel-Lust?
Waßmuth: Zu einem Titel sag ich natürlich nicht Nein. (lacht ) Wenn man zum VfL wechselt, ist der Titelgedanke natürlich etwas, was man im Kopf hat. Schließlich ist das auch der Anspruch des Vereins. Ich freue mich eigentlich auf alles, was kommt. Darauf, mich in einer neuen Mannschaft zu integrieren und genauso auf das Top-Trainingsniveau, bei dem ich mich jeden Tag selbst fordern muss.
Mit Ihren 24 Jahren legen Sie einen Werdegang hin, von dem viele junge Spielerinnen träumen. Für Sie persönlich eine Bilderbuchkarriere oder gab es auch Stolpersteine auf dem Weg nach oben?
Waßmuth: Das ist eine gute Frage. Ich hatte immer unglaublich viel Spaß am Fußball, deswegen habe ich immer weiter gemacht und dementsprechend ging es auch immer weiter nach oben. Bei mir hat es länger gedauert als bei anderen Mädels, die z.B. schon in den U-Nationalmannschaften gespielt haben. Ich glaube, es ist wichtig, dass jeder seinen individuellen Weg geht und sich die Zeit nimmt, die er oder sie braucht. So war es auch bei mir. Wenn ich mir meine Fußball-Karriere hätte aussuchen können, hätte ich sie mir genauso ausgesucht.
Haben Sie einen Tipp für alle jungen Mädels parat, die gerade den Fußball für sich entdeckt haben?
Waßmuth: Das Wichtigste ist, einfach Spaß zu haben. Und sich selbst keinen Druck zu machen. Auch wenn es manchmal nicht einfach ist. Dazu gehört auch, stetig an sich zu arbeiten, um Dinge zu verbessern, die man vielleicht noch nicht so super kann. Unser Privileg als Profifußballerinnen ist es, unser Hobby zum Beruf zu machen. Fußball ist ein cooler Sport und wenn man Spaß am Ball hat, kommt alles andere von allein.
Abschließend noch eine Frage. Sie spielen eine starke Bundesligasaison, sind Nationalspielerin und haben noch dazu Ihr Psychologie-Studium erfolgreich abgeschlossen. Wie bekommen Sie all das unter einen Hut?
Waßmuth: Ich bin damit aufgewachsen, auf Autofahrten oder im Zug zu lernen, weil ich seit meiner frühen Kindheit auf dem Platz stehe. Ich musste die übrige Zeit zum Lernen nutzen und das war prägend für mich. Ich habe in Hoffenheim aber auch von Anfang an jede Unterstützung bekommen, die ich brauchte. Hier wird sehr viel Wert auf die duale Ausbildung gelegt, die Spielerinnen werden intensiv auf ihrem schulischen und beruflichen Weg begleitet. So konnte ich nach meinem Abitur ein Psychologie-Studium in Mannheim beginnen. Neben der Unterstützung aus dem Verein hatte ich auch durch ein Spitzensport-Stipendium die Möglichkeit, Kurse oder Klausuren in die fußballfreie Zeit zu legen. Das war super hilfreich. Aktuell promoviere ich nebenher. Mein Ziel war es immer, neben dem Fußball auch beruflich weiterzukommen, sodass ich nach meiner Fußball-Karriere bestmöglich weiter machen kann. Mir persönlich tut es richtig gut, nicht nur den Fokus auf den Fußball zu legen, sondern auch nebenbei etwas zu tun. Die Promotion geht noch drei Jahre und auch mein Profi-Vertrag in Wolfsburg läuft drei Jahre. Bei der Promotion bin ich flexibel. Ich kann mir alles einteilen, wie es am besten passt. So werde ich nicht eingeschränkt und kann mich auf den VfL fokussieren. Dann schau ich einfach, wie alles funktioniert und wie weit ich in den nächsten drei Jahren bin. Für mich persönlich die perfekte Lösung.
Dabei ganz viel Erfolg.