Vorfreude |07.08.2021|09:30

Dynamo: In Topform gegen den VfB Stuttgart

Matthias Steinborn: "Zunächst einmal muss die Null stehen."[Foto: Imago]

Der BFC Dynamo ist in der Regionalliga Nordost mit drei Siegen fulminant gestartet, führt die Tabelle an. Im DFB-Pokal fordert der frühere DDR-Rekordmeister heute (ab 15.30 Uhr) den Bundesligisten VfB Stuttgart heraus. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht BFC-Stürmer und Vereinsurgestein Matthias Steinborn über frühere Pokalerfolge gegen Erstligisten und Außenseiterchancen gegen Stuttgart.

FUSSBALL.DE: Drei Spiele, drei Siege: Besser hätte die Saison für den BFC Dynamo in der Regionalliga Nordost nicht starten können. Fühlen Sie sich bereit für die DFB-Pokalpartie gegen Bundesligist VfB Stuttgart, Herr Steinborn?

Matthias Steinborn: Absolut - wir freuen uns sehr darauf, nachdem wir uns die Pokalteilnahme in der vergangenen Saison hart erarbeitet haben. Zwar sind wir in diesem Duell der Underdog, aber eine Chance gibt es immer. Außerdem hat sich in den zurückliegenden Spielzeiten gezeigt, dass es immer zwei bis drei Amateurteams gibt, die Profiklubs zum Stolpern bringen. Wieso sollten wir das diesmal nicht sein?

Sie absolvierten bereits vier DFB-Pokalpartien und wissen durch Ihren Erfolg gegen den FC Augsburg (1:0) mit dem 1. FC Magdeburg in der Saison 2014/2015 auch, wie es sich anfühlt, einen Bundesligisten auszuschalten. Erzählen Sie uns von diesem Gefühl!

"Unsere Kabine gleicht häufig einer Comedy-Show. Jeder nimmt jeden auf den Arm und wir labern viel Unsinn"

Steinborn: Unbeschreiblich. Es war ein sensationeller Moment in einem vollen Stadion - Emotionen pur! Genau für solche Augenblicke spielt man Fußball. Witzigerweise hat damals Christian Beck das Siegtor erzielt, mit dem ich ja jetzt auch beim BFC wieder zusammenspiele. In der zweiten Runde wären wir fast noch einmal weitergekommen, gegen Bayer 04 Leverkusen mussten wir uns erst im Elfmeterschießen geschlagen geben. Solche Erlebnisse haben mir gezeigt, dass vieles möglich ist, wenn man alles gibt und über sich hinauswächst.

Worauf wird es ankommen, um auch mit dem BFC Dynamo heute eine ähnliche Sensation zu schaffen?

Steinborn: Zunächst einmal muss die Null stehen. Bleiben wir lange ohne Gegentor, haben wir eine realistische Chance. Ich bin mir sicher, dass wir bei unseren enormen Offensivqualitäten vorne unsere Tormöglichkeiten bekommen werden.

Muss sich der VfB Stuttgart vor allem vor dem Sturmduo Steinborn/Beck fürchten? Christian Beck ist schließlich mehrfacher Torschützenkönig, gemeinsam haben Sie nach drei Spieltagen schon vier Treffer auf dem Konto!

Steinborn: Der VfB muss sich nicht nur vor uns beiden fürchten. (lacht) Wir haben auch noch einige andere Spieler im Angriff, die eine Partie auch mal alleine entscheiden können. Dazu zähle ich auch unseren Linksaußen Andor Bolyki, der ebenfalls schon zweimal getroffen hat. Insgesamt macht unsere Truppe einfach Spaß. Sportlich und menschlich passt es perfekt im Team. Unsere Kabine gleicht häufig einer Comedy-Show. Jeder nimmt jeden auf den Arm und wir labern viel Unsinn. (lacht)

Vor allem Christian Beck ist immer für ein spektakuläres Tor gut - er hat schon zweimal für das "Tor des Monats" in der ARD-Sportschau gesorgt. Hoffen Sie auch heute auf ein Kunststück von ihm?

Steinborn: Irgendetwas Verrücktes kann er gerne machen. (lacht) Aber ganz egal, ob Fallrückzieher, Scorpion Kick oder einfach nur ein stinknormales Kopfballtor: Hauptsache, er drückt das Ding über die Linie!

Sie sind beim BFC so etwas wie ein Urgestein, kommen aus der eigenen Jugend und verbrachten die längste Zeit Ihrer Laufbahn bei Ihrem Heimatklub. Sind solche Höhepunkte wie gegen Stuttgart für Sie deshalb ganz besonders?

Steinborn: Tatsächlich sind in der aktuellen Situation alle Heimspiele für mich etwas Besonderes. Wir mussten lange Zeit darauf warten, wieder vor Fans spielen zu dürfen. Und ich genieße jede einzelne Sekunde. Ich bin ehrlich: In der abgelaufenen Bundesligasaison habe ich teilweise lieber einen Mittagsschlaf eingelegt, als den Fernseher einzuschalten und mir Spiele ohne Zuschauer anzuschauen. Es macht einfach keinen Spaß. Ohne Zuschauer fehlen Emotionen - und darum geht es im Fußball. Aber klar: Ein solches Spiel wie gegen den VfB Stuttgart hat durchaus noch einmal einen besonderen Reiz für mich. Vor allem deshalb, weil ich weiß, wie viel die Begegnung den Fans und dem gesamten Verein bedeutet.

Was verbinden Sie mit Ihrem Verein?

Steinborn: Ein Wort: Familie. Ich bin von klein auf beim BFC und kenne jeden im Klub - vom Platzwart bis zum Mitarbeiter in der Geschäftsstelle. Wenn ich zurück zum BFC gekommen bin, hat es sich immer wie ein Nachhausekommen angefühlt. Ich fühle mich im Verein auch deshalb pudelwohl, weil die Fannähe einzigartig ist. Hier begegnet sich jeder auf Augenhöhe - egal, ob er Spieler, Platzwart oder Zuschauer ist. Es gibt keinerlei Starallüren von irgendwelchen Spielern, die meinen, sie seien etwas Besseres, weil sie hochklassigen Fußball spielen. Im Gegenteil: Es wird nach Spielen oft gemeinsam mit den Fans ein Bierchen getrunken. Und dann texte ich die Zuschauer auch gerne mal mit irgendeinem Quatsch voll. (lacht)

Der BFC Dynamo ist ein ambitionierter Viertligist, führt die Nordost-Staffel an. Denken Sie, dass der Aufstieg in die 3. Liga in dieser Saison möglich ist?

Steinborn: So weit können und möchten wir noch nicht denken. Die Tabellenführung ist eine schöne Momentaufnahme - nicht mehr und nicht weniger. Wenn wir in der Regionalliga Nordost, die meiner Meinung nach die stärkste der fünf Regionalligen ist, oben bleiben wollen, müssen wir in jeder einzelnen Partie 100 Prozent geben und dürfen nicht eine Sekunde nachlassen.

Wäre der Aufstieg mit Ihrem Heimatverein so etwas wie die Erfüllung eines Traums?

Steinborn: Durchaus - es wäre auf jeden Fall das i-Tüpfelchen auf meiner Laufbahn. Mit Magdeburg habe ich es bereits geschafft, mit Lok Leipzig bin ich 2020 in der Relegation gegen den SC Verl ganz knapp gescheitert. Aber noch einmal: Die Nordost-Staffel ist extrem stark besetzt und sehr ausgeglichen. Jeder kann jeden besiegen. Deshalb tun wir gut daran, uns kurzfristige Ziele zu setzen.