Leihspieler |07.01.2022|12:00

Essens Kleinsorge: "Vielversprechender Start"

Marius Kleinsorge: "Es ist mein Ziel, in Essen wieder regelmäßig zu spielen."[Foto: Rot-Weiss Essen]

Vom Betzenberg an die Hafenstraße: Offensivspieler Marius Kleinsorge (26) geht ab sofort als Leihgabe des Drittligisten 1. FC Kaiserslautern für Rot-Weiss Essen, den Spitzenreiter der Regionalliga West, auf Torejagd. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der neue RWE-Hoffnungsträger über seinen Wechsel, die gemeinsame Zeit mit Trainer Christian Neidhart beim SV Meppen und den ersehnten Aufstieg.

FUSSBALL.DE: Warum ist der Wechsel vom 1. FC Kaiserslautern zu Rot-Weiss Essen für Sie kein Rückschritt, Herr Kleinsorge?

Marius Kleinsorge: Genau wie der FCK ist auch RWE ein sehr großer Verein mit riesiger Tradition. Sportlich sehe ich ebenfalls keinen allzu großen Unterschied. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass Rot-Weiss Essen als Spitzenreiter der starken Regionalliga West auch jetzt schon in der 3. Liga mithalten und sogar eine gute Rolle spielen könnte. Für mich persönlich soll der Wechsel ohnehin ein Fortschritt werden, denn nach meiner langen Verletzungspause wegen eines Adduktorenabrisses im letzten Jahr war es schwer für mich, in die Mannschaft zu kommen. Es ist mein Ziel, in Essen wieder regelmäßig zu spielen.

Wie sind nach einigen Trainingseinheiten Ihre ersten Eindrücke vom Team?

"Mit dem Aufstieg würden wir sehr viele Menschen glücklich machen"

Kleinsorge: Sehr positiv. Ich wurde von allen ausgezeichnet aufgenommen. Schon nach den ersten zwei Trainingstagen hatte ich das Gefühl, schon mehrere Wochen zum Team zu gehören. Das war definitiv ein vielversprechender Start.

Schon beim SV Meppen hatten Sie mit RWE-Cheftrainer Christian Neidhart zusammengearbeitet. Welche Rolle hat er bei Ihrem Transfer gespielt?

Kleinsorge: Dass ich schon vier Jahre lang unter dem Trainer gespielt habe und ihn daher sehr gut kenne, hat auf jeden Fall entscheidend zu meiner Entscheidung beigetragen. Ich weiß, worauf es ihm ankommt. Er kennt meine Qualitäten. Ich denke, es ist eine gegenseitige Wertschätzung vorhanden.

Wie würden Sie ihn und seine Arbeitsweise beschreiben?

Kleinsorge: Christian ist akribisch und - im positiven Sinne - fanatisch. Er zieht seine Linie konsequent durch, sagt jedem Spieler, was er von ihm erwartet. Wenn es mal nicht so läuft, kann er auch laut und emotional werden - aber stets im Sinne der Sache, der Mannschaft und des Vereins. Für ihn steht immer der gemeinsame Erfolg im Vordergrund.

Mit dem SV Meppen gelang bereits gemeinsam der Aufstieg in die 3. Liga. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Kleinsorge: Das war ein herausragendes Erlebnis, zumal es mein erster Aufstieg überhaupt im höherklassigen Fußball war. Es war schon extrem geil, das zu schaffen. Sollte uns das auch mit Rot-Weiss Essen gelingen, wäre es wegen der Strahlkraft des Klubs und der noch größeren Fanbase vermutlich noch doppelt so schön. Das würde ich gerne erleben.

Der Aufstieg in die 3. Liga ist das klar formulierte Ziel. Wie bewerten Sie die Chancen?

Kleinsorge: Schon bevor es zum Kontakt kam, habe ich den Weg von RWE verfolgt, seit Christian Neidhart hier Trainer ist. Nachdem es in der vergangenen Saison ein Zweikampf mit der U 23 von Borussia Dortmund um die Meisterschaft war, geht es diesmal wesentlich enger zu. Mit Preußen Münster, dem Wuppertaler SV, Fortuna Köln und Rot-Weiß Oberhausen gibt es gleich vier ambitionierte Verfolger, die nur auf einen Fehler warten. Die Mannschaft hat aber mit 47 Punkten bis zur Winterpause bewiesen, was in ihr steckt. Ich wüsste nicht, was uns daran hindern sollte, an diese Leistungen anzuknüpfen.

Meppens Aufstieg kam eher überraschend, RWE wird dagegen seit Jahren immer wieder als Titelaspirant gehandelt, wartet aber noch auf den großen Coup. Wie haben Sie das von außen wahrgenommen?

Kleinsorge: Es ist klar, dass sich alle Fans danach sehnen, endlich in den Profifußball zurückzukehren. Mit dem Aufstieg würden wir sehr viele Menschen glücklich machen. Das sehe ich als Verpflichtung für uns als Mannschaft, aber auch für jeden einzelnen Spieler an. Jeder ist aufgerufen, in sich zu gehen und alles dafür zu geben, um seinen Beitrag zum Erfolg des Teams zu leisten. Nur wenn wir das beherzigen, wird es auch klappen.

Nach aktuellem Stand stehen Sie ab dem 1. Juli wieder beim 1. FC Kaiserslautern unter Vertrag. Könnten Sie sich auch ein längeres Engagement an der Hafenstraße vorstellen? Wäre der Aufstieg dafür eine Voraussetzung?

Kleinsorge: Zunächst einmal ist es mein Wunsch, so viel Spielpraxis zu sammeln wie möglich und der Mannschaft beim Erreichen ihrer Ziele zu helfen. Ich hoffe, dass mir beides gelingt. Alles Weitere wird man sehen. Es ist richtig, dass ich für die nächste Saison einen Vertrag beim FCK besitze. Grundsätzlich bin ich aber für alles offen. Da für mich und meine Familie der Wohlfühlfaktor eine ganz wichtige Rolle spielt, muss auch die Ligazugehörigkeit nicht unbedingt das entscheidende Kriterium sein. Wenn absehbar ist, in welche Richtung es geht, wird es sicherlich Gespräche geben.

1955 standen sich RWE und der FCK im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft gegenüber. Von solchen Zeiten sind beide Klubs weit entfernt, hinken ihren eigenen Ambitionen hinterher. Wie würden Sie die Situation der Vereine vergleichen?

Kleinsorge: Beide Klubs verfügen über eine große Strahlkraft, die Fans sind im positiven Sinne fußballverrückt. Regional hat der FCK in der Pfalz sicherlich einen noch höheren Stellenwert, da für RWE die Konkurrenz im Ruhrgebiet mit großen Vereinen wie Borussia Dortmund, dem VfL Bochum, dem FC Schalke 04 oder dem MSV Duisburg deutlich größer ist. Der Aufstieg in die 3. Liga wäre ein wichtiger Schritt, um Boden gutzumachen.

Rot-Weiss Essen hat in dieser Saison nur ein Spiel verloren, ist seit 18 Partien unbesiegt. Ist es da für einen Zugang nicht besonders schwer, sich einen Platz im Team zu erkämpfen?

Kleinsorge: Es entspricht meinem Charakter, nie aufzugeben und immer alles zu investieren. So wird es auch in Essen sein. Da ich sehr lange nicht mehr gespielt habe, werde ich sicherlich noch die eine oder andere Woche benötigen, um auf 100 Prozent zu kommen. So oder so werde ich mich jedoch voll in den Dienst der Mannschaft stellen - ob ich nun spiele oder nicht. Bei unserem Aufstieg mit dem SV Meppen waren alle 21, 22 Mann eine echte Einheit. Jeder hat sich für jeden eingesetzt. Das war die Basis für unseren Erfolg. Nach den ersten Tagen bei RWE habe ich ein gutes Gefühl, dass es hier genauso ist.

Wo sehen Sie Ihre Rolle innerhalb der Mannschaft?

Kleinsorge: Am liebsten spiele ich als Rechtsaußen auf dem Flügel, gehe gerne in die Tiefe. Gerade im Umschaltspiel sehe ich meine Stärken.

Sie sind erstmals im Fußball-Westen aktiv. Wie gefällt es Ihnen bislang?

Kleinsorge: Es ist in der Tat noch ein wenig ungewohnt und neu für mich. Hier ist alles etwas enger, in die Nachbarstädte wie Bottrop, Mülheim oder Oberhausen ist es jeweils nur ein Katzensprung. Das ist schon eine andere Erfahrung, mit der ich mich aber ganz bestimmt schnell anfreunden werde. Ende Januar oder Anfang Februar werden auch meine Frau Joy und unsere zwei Jahre alte Tochter Nahla nach Essen kommen. Dann werde ich mich noch wohler fühlen.

Im ersten Testspiel geht es am Samstag gegen Ihren früheren Verein SV Meppen. Wie groß ist die Vorfreude?

Kleinsorge: Ich freue mich extrem darauf, zumal ich viele bekannte Gesichter sehen werde. Zahlreiche Spieler aus meiner Zeit sind nach wie vor für Meppen am Ball. Durch meinen Wechsel nach Essen ist jetzt auch die Entfernung nicht mehr so groß.

Wie sehr überrascht Sie der positive Saisonverlauf, nachdem der SVM nach der vergangenen Spielzeit sportlich eigentlich abgestiegen war?

Kleinsorge: Auch wenn ich wusste, dass einige Qualität im Team steckt, bin ich schon positiv überrascht. In der vergangenen Saison war die Mannschaft in einen Negativstrudel geraten, in dem jeder kleine Fehler sofort betraft wurde. Jetzt macht es die Mannschaft überragend, hat scheinbar aus dieser Negativerfahrung viel Kraft geschöpft. Schon in der Vergangenheit gab es ja Beispiele wie den SC Paderborn 07 oder den SV Darmstadt 98, die nach einem sportlichen Abstieg plötzlich nach oben durchmarschiert und in die 2. Bundesliga, später sogar in die Bundesliga aufgestiegen sind. Ich wünsche dem SV Meppen jedenfalls nur das Beste und drücke weiterhin die Daumen.

Wird das Duell mit einem Spitzenteam der 3. Liga für RWE gleich ein richtiger Vorgeschmack auf die noch im Januar anstehenden Topspiele gegen die Aufstiegskonkurrenten Wuppertaler SV und Fortuna Köln?

Kleinsorge: Meppen ist auf jeden Fall ein erster Härtetest, der uns sicher gut auf die beiden Spiele vorbereiten wird. Wir alle wissen, dass uns auch Wuppertal und Fortuna Köln fordern werden. Wir haben dabei aber die Chance, die Tabellenführung zu festigen und uns zumindest ein kleines Polster zu verschaffen. Unser Ziel ist es, beide Spiele zu gewinnen.