Fortuna vs. RWE: Duell der Ex-Bundesligisten
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Zwei frühere Bundesligisten kämpfen um die Rückkehr in den Profifußball: Am Mittwochabend (ab 19.30 Uhr) kommt es in der Regionalliga West zum verlegten Spitzenspiel zwischen Fortuna Köln und Rot-Weiss Essen. Während die Kölner im Titelrennen unter Zugzwang geraten sind, wollen die Essener ihre ausgezeichnete Ausgangslage möglichst weiter verbessern. FUSSBALL.DE macht den Faktencheck.
Die Ausgangslage: Fortuna Köln rangiert mit 56 Zählern auf Platz vier - nur drei Zähler hinter dem Spitzenreiter und kommenden Gegner Rot-Weiss Essen. Da die Gäste aus dem Ruhrgebiet aber nach aktuellem Stand noch zwei Begegnungen weniger auf dem Konto haben, stehen die Gastgeber unter Druck. Bei einer Niederlage wie beim Hinspiel in Essen (1:2) würden die Chancen auf den Meistertitel und die damit verbundene Rückkehr in die 3. Liga deutlich schrumpfen. Für Rot-Weiss Essen ist damit gleichzeitig klar: Bei einem Sieg im Kölner Südstadion wäre ein Aufstiegskonkurrent zumindest vorerst abgeschüttelt.
Die aktuelle Form: Die Gastgeber aus Köln schwächelten zuletzt, nachdem sie zuvor mit vier Siegen in Serie einen perfekten Start in das neue Jahr hingelegt hatten. Es folgten jedoch drei Begegnungen ohne Sieg und damit gleich mehrere Rückschläge im Aufstiegsrennen. Weder bei der U 23 von Fortuna Düsseldorf (1:1) noch vor eigenem Publikum gegen den Bonner SC (1:2) und gegen Schlusslicht VfB Homberg (1:1) konnte die Fortuna drei Punkte einfahren. Im Nachholspiel gegen Essen will das Team um Fortuna-Kapitän Jannik Löhden jetzt wieder in die Spur finden. Rot-Weiss Essen musste - rein sportlich gesehen - im Jahr 2022 noch keinen Zähler abgeben. Vier Siege aus vier Partien stehen zu Buche. Allerdings musste außerdem das Topspiel gegen den weiteren Titelkonkurrenten SC Preußen Münster beim Stand von 1:1 in der 74. Minute nach einem Böllerwurf aus dem Essener Zuschauerbereich abgebrochen werden. Die Begegnung wurde vom Sportgericht des Westdeutschen Fußballverbandes (WDFV) in erster Instanz 2:0 für Münster gewertet. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, weil RWE in dieser Woche Einspruch eingelegt hat. Für die Essener ist die Nachholpartie in Köln der erste Auftritt nach einer fast dreiwöchigen Pause. Weil sich zahlreiche Spieler mit dem Coronavirus infiziert hatten, wurden gleich drei Ligaspiele verschoben. RWE muss daher in Köln einen "Kaltstart" hinlegen. Außerdem folgen direkt im Anschluss mindestens drei weitere englische Wochen.
Die Trainer: Den langjährigen Bundesligisten aus Essen betreut seit Sommer 2020 Christian Neidhart. Der 53 Jahre alte Fußball-Lehrer hatte zuvor sieben Jahre als Trainer beim Drittligisten SV Meppen gearbeitet. Den SVM führte Neidhart, dessen Sohn Nico Profi beim FC Hansa Rostock in der 2. Bundesliga ist, zum Aufstieg in die 3. Liga und dort immer wieder zum sicheren Klassenverbleib. In Essen suchte der frühere Zweitligaprofi (68 Einsätze für den VfL Osnabrück und Eintracht Braunschweig) dann eine neue Herausforderung. Sein Ziel: Den Traditionsverein zurück in den Profibereich führen. Bei Fortuna Köln an der Seitenlinie steht Alexander Ende. Auch er ist seit Sommer 2020 im Amt. Zuvor war der 42-Jährige als Co-Trainer beim FC Ingolstadt 04 sowie viele Jahre als Nachwuchstrainer bei Borussia Mönchengladbach (U 17 und Co-Trainer U 23) tägig. Für Alexander Ende war der Wechsel nach Köln auch eine Rückkehr an die alte Wirkungsstätte. Bei der Fortuna ließ er von 2009 bis 2013 seine aktive Spielerkarriere ausklingen, nachdem er unter anderem auch für Viktoria Köln und Preußen Münster gespielt hatte.
"Ich bin optimistisch, dass es klappt und ich meinen Traum von der 3. Liga noch realisieren kann"
Die Historie: Beide Klubs lechzen nach der Rückkehr in den Profifußball. Rot-Weiss Essen spielt mittlerweile seit fast elf Jahren in der Regionalliga West, war zuletzt in der Saison 2007/2008 zumindest drittklassig. Der DFB-Pokalsieger von 1953 und Deutsche Meister von 1955 klopfte in den vergangenen Spielzeiten mehrfach oben an, musste sich aber immer wieder der Konkurrenz geschlagen geben. In dieser Saison soll es jetzt endlich klappen - die gesamte Stadt träumt von der ersten Profifußballsaison seit dem Abstieg aus der 2. Bundesliga 2007. Fortuna Köln wartet zwar nicht so lange auf Profifußball wie Rot-Weiss Essen, will aber dennoch so schnell wie möglich zurück in die 3. Liga. Die Domstädter spielen die dritte Saison hintereinander viertklassig, nachdem sie in der Spielzeit 2018/2019 nach fünf Jahren den Abstieg aus der 3. Liga hinnehmen mussten. Die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte hatte die Fortuna von den 1970er- bis zu den 1990er-Jahren, in denen der Traditionsklub insgesamt 26 Jahre in der 2. Bundesliga und die bislang einzige Saison in der Bundesliga (1973/1974) spielte. In der "Ewigen Tabelle" der 2. Bundesliga belegt die Fortuna mit 1376 Punkten aus 970 Spielen immer noch Rang fünf.
Die Torjäger: Im Spitzenspiel bei Fortuna Köln vertraut Rot-Weiss Essen auch auf die Qualitäten von Torjäger Simon Engelmann. Der 32 Jahre alte Routinier hat bereits 13 Saisontreffer erzielt und ist damit auch in dieser Saison bester Torschütze bei den Essenern. Aber nicht nur das: Mit insgesamt 155 Toren nach 294 Einsätzen ist der dreimalige Torschützenkönig Engelmann auch gleichzeitig noch Rekordspieler und -torjäger der Regionalliga West in ihrer aktuellen Form (seit der Saison 2012/2013). Nach vielen Jahren in der 4. Liga hat Engelmann dasselbe Ziel wie sein Klub vor Augen: den Sprung in den Profibereich. "Verein und Fans warten schon sehr lange darauf", so Engelmann im Gespräch mit FUSSBALL.DE : "Ich bin optimistisch, dass es klappt und ich meinen Traum von der 3. Liga noch realisieren kann." Erfolgreichster Torschütze bei Fortuna Köln ist mit Sascha Marquet (32) jemand, der schon reichlich Profierfahrung auf dem Buckel hat. Für Alemannia Aachen kickte er in der 2. Bundesliga, für die Fortuna war er in der 3. Liga am Ball. In dieser Saison traf Marquet bisher elfmal, unter anderem beim 1:2 im Hinspiel, als er die Kölner in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit in Führung brachte. Nach der Pause sorgten jedoch Daniel Heber und Luca Dürholtz per Foulelfmeter noch für die Wende.
Der direkte Vergleich: Das Duell zwischen Fortuna Köln und Rot-Weiss Essen gab es schon 54-mal in Pflichtspielen. Sogar in der Bundesliga standen sich die beiden Vereine in der Saison 1973/1974 gegenüber. Damals gewannen Köln und RWE jeweils eine Partie. Insgesamt fällt die Bilanz zwischen den Traditionsklubs recht ausgeglichen aus. Die Essener setzten sich in 19 Begegnungen durch, Fortuna Köln gewann 21 Duelle. Außerdem gab es 14 Remis. In der Regionalliga West fällt der direkte Vergleich recht deutlich zugunsten der Fortuna aus. Sechs der zehn Partien gingen an die Domstädter. Essen behielt allerdings in den beiden jüngsten Vergleichen jeweils die Oberhand. Hinzu kommen zwei Unentschieden.
Die Aufstiegsregelung: Nach einem Beschluss des DFB-Bundestages haben die Meister der Regionalligen West und Südwest seit dem Beginn der Saison 2020/2021 jeweils ein direktes Aufstiegsrecht zur 3. Liga. Die Meister der Regionalligen Nord, Nordost und Bayern ermitteln die beiden weiteren Aufsteiger. Die Verbände haben sich dabei für ein "rollierendes System" mit wechselnden direkten Aufsteigern entschieden. In der Spielzeit 2020/2021 durfte der Nordosten einen direkten Aufsteiger stellen (FC Viktoria 1889 Berlin). In dieser Saison ist Bayern dran, in der kommenden Spielzeit 2022/2023 die Nord-Staffel. Die beiden übrigen Meister bestreiten jeweils die Aufstiegsspiele. Im Vorjahr setzte sich der TSV Havelse (Nord) gegen den 1. FC Schweinfurt 05 (Bayern) durch (zweimal 1:0). Diesmal trifft der Nord-Vertreter auf den Nordost-Meister. Im nächsten Jahr stehen sich die Titelträger der Regionalligen Nordost und Bayern gegenüber.