Babelsberg: So kommen die veganen Snacks an
[Foto: SV Babelsberg 03]
Gemüsespieß statt Bratwurst? Nuggets aus Soja oder Hülsenfrüchten statt vom Chicken? Beim SV Babelsberg 03 ist nicht weniger als eine kleine Revolution geplant. Der Nordost-Regionalligist will sein Catering im Karl-Liebknecht-Stadion umstellen. Den Klassiker vom Rost soll es zwar weiterhin geben, aber zusätzlich ein Angebot an vegetarischen und veganen Snacks, das weit über die übliche Nahrungspalette aller anderen Fußballvereine in Deutschland hinausgehen dürfte – Pommes und Brezeln sind schließlich auch vegan.
Schon im ersten Heimspiel gegen Chemie Leipzig im August fanden geneigte Fans im "KarLi" mehr fleischfreie Alternativen als zuletzt vor. Nun soll zum Match am 14. Oktober gegen Meuselwitz das Angebot von Tofu und Co. noch einmal erweitert werden. "Wir haben vor einiger Zeit eine Umfrage unter unseren Fans durchgeführt, in der es unter anderem um das Catering im Stadion ging", berichtet Thoralf Höntze, Vorstand Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und CSR bei den Filmstädtern. "Dabei äußerten viele Fans den Wunsch nach mehr vegetarischen und veganen Speisen. Und da es uns im Verein ein Anliegen ist, die Nahrungswende einzuleiten, indem wir bei der Massentierhaltung so nicht mehr mitmachen, passte die Anregung sehr gut zu unserem Konzept."
Der SV Babelsberg gilt als progressiver Verein, 2018 ist das Unternehmen Oatly als Partner eingestiegen und seit dieser Saison sogar Trikotsponsor. Die Schweden sind ein Big Player auf dem Markt der Milchalternativen, ihre Haferdrinks gibt es in ganz Europa. Schon seit Jahren gibt es im VIP-Raum der Potsdamer keine Kuhmilch zum Kaffee oder in Speisen. "Und zu jedem omnivoren Gericht in unserem Hospitality-Bereich bieten wir eine vegane Alternative an", bemerkt Thoralf Höntze.
Die Stadionwurst als Kulturgut
"Nach dem Saisonauftakt gegen Chemie Leipzig, als es dort zum ersten Mal die veganen und vegetarischen Speisen gab, haben wir viele positive Reaktionen erhalten"
Natürlich ist auch das Publikum der 03er alternativen Themen aufgeschlossen. Bei einer Vorstandssitzung beschloss die Vereinsführung also, den Wunsch der Anhängerinnen und Anhänger möglichst schnell umzusetzen. Die 03er nahmen Kontakt zu einem Caterer auf, der ein schmackhaftes Sortiment liefern kann: Chorizo-Bratwurst, Nuggets und andere Fast-Food-Produkte, aber eben nicht vom Schwein, Rind oder Geflügel, sondern komplett fleischfrei. "Eine Bedingung war: Die vegane Wurst muss nicht nur gut schmecken, sondern darf auch nicht teurer sein als die klassische", verrät Thoralf Höntze.
Die gibt es nämlich nach wie vor im "KarLi", nämlich am Stand hinter der Haupttribüne. Am Stehplatzbereich in der Nordkurve, wo die 03-Supporters zu Hause sind, landen hingegen keine Schlachterprodukte mehr auf dem Grill. "Nach dem Saisonauftakt gegen Chemie Leipzig, als es dort zum ersten Mal die veganen und vegetarischen Speisen gab, haben wir viele positive Reaktionen erhalten", nickt Thoralf Höntze. Aber: "Natürlich waren auch einige dabei, die gesagt haben: Wieso muss ich jetzt 100 Meter laufen, um eine Bratwurst zu kaufen?" Auch er weiß: "Die Wurst im Stadion – das ist ja fast ein Kulturgut." Wer auf Fleischprodukte verzichten möchte, dem werden derweil bald im Bereich der Stehkurve neben gegrillten auch gekochte Speisen zubereiten, zum Beispiel einfache Reisgerichte und im Winter Eintöpfe sowie Suppen.
Auch einige Spieler ernähren sich vegan
Mit dem teilweisen Verzicht auf Fleisch will der SV Babelsberg seinen CO2-Fußabdruck senken und somit zum Klimaschutz beitragen. Dass eine rein pflanzliche Ernährung nicht nur ökologisch wertvoller ist und gut schmecken kann, sondern auch für Hochleistungssportler gut geeignet ist, wissen jetzt auch die Spieler des Regionalligisten. Insgesamt 18 Kicker der Babelsberger nahmen an einer Studie teil, ein Teil ernährte sich vegan, der andere omnivor. Hinterher wurde untersucht, ob die Umstellung auf rein pflanzliche Kost Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Fußballer habe.
Das Ergebnis: Die Jungs, die sich vegan ernährt hatten, waren genau so fit wie ihre Kollegen. "Ich wollte vegane Ernährung schon immer mal ausprobieren und freue mich, dass ich im Rahmen der Studie die Gelegenheit dazu hatte", erzählte Mittelfeldspieler Tino Schmidt hinterher. "Sicherlich wirkt sich diese Erfahrung auch auf meine zukünftigen Ernährungsgewohnheiten aus und ich werde das Stück Fleisch öfter mal gegen eine pflanzliche Alternative eintauschen."
In Sachen Klimaschutz ist der SV Babelsberg aber auch außerhalb des Bereichs Catering sehr aktiv. So wird das Stadionheft "NULLDREI" auf Rasenpapier gedruckt, Merchandisingartikel wie Shirts oder Hoodies kommen von einem nachhaltig-fairen Händler, bedruckt werden die Textilien lokal in Potsdam. Auf dem Vereinsgelände am Karl-Liebknecht-Stadion wurden alle Lampen mit LED-Leuchten ausgestattet, Photovoltaik-Paneele auf dem Dach der überdachten Stehtribüne liefert sauberen Strom, die Anlage soll aber noch erweitert werden. Um von fossilen Energieträgern unabhängig zu werden, soll so schnell wie möglich die Heizungsanlage ausgetauscht werden. "Leider geht aus finanziellen Gründen nicht alles sofort, aber wir sind auf einem ganz guten Weg", meint Thoralf Höntze. So wie in der Tabelle. Nach sechs Partien ist der SV Babelsberg mit 14 Punkten noch ungeschlagen.