Zunker: Knochenmarkspende statt auf dem Platz
[Foto: KSV Hessen Kassel]
Für den KSV Hessen Kassel ging es in den letzten Spielen in der Regionalliga Südwest nicht mehr um viel. Der frühere Zweitligist war zwar nach einer enttäuschenden Saison tief in den Tabellenkeller abgerutscht, doch immerhin war der Abstand auf einen ersten Abstiegsplatz groß genug, dass zumindest der Klassenverbleib frühzeitig gesichert ist. Dass da ein Spieler mal wegen einer anderen Verpflichtung fehlt, kann Trainer Tobias Damm verschmerzen.
Maximilian Zunker verpasste gleich zwei Partien. Beim 2:0-Sieg beim Bahlinger SC und bei der 2:3-Niederlage gegen den SV Eintracht Trier gehörte der 28-Jährige nicht zum Kader der Löwen – und das aus sehr gutem Grund.
Treffer bei der DKMS
Der Keeper war im Krankenhaus, und zwar nicht wegen einer Verletzung, sondern weil er Knochenmark gespendet hat. Mit 18 ließ er sich bei einer Typisierungsaktion der Deutschen Knochenmark Spenderdatei (DKMS) Blut abnehmen und registrieren. Nun ist war so weit: Im Februar erhielt er einen Anruf der DKMS, dass sein Blut eine große Übereinstimmung mit einer an Blutkrebs erkrankten Person aufweise und er für eine Spende in Frage käme. "Für mich war sofort klar, dass ich da helfen würde", so Max Zunker.
"Wenn ich andere dazu motivieren kann, Blut zu spenden oder sich typisieren zu lassen, dann ist das eine gute Sache"
Vor zwei Wochen meldete er sich pünktlich beim Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in einem Krankenhaus in Frankfurt am Main. Viereinhalb Stunden lang lag er im Bett und an Schläuchen, ertrug tapfer den Stich einer kleinen spitzen Nadel in seinen Beckenkamm, aus dem schließlich das lebenswichtige Blut gezapft wurde. "Es hat wirklich nicht weh getan", berichtete Max Zunker und fügte an: "Ich bin froh, dass ich gesund bin und kann nur jeden dazu ermutigen, sich bei der DKMS registrieren zu lassen und so anderen Menschen zu helfen."
Dass die Chance auf eine Übereinstimmung normalerweise klein ist, weiß der Keeper. Er möchte auch nicht als Lebensretter bezeichnet werden, das ist ihm zu viel Pathos. Doch ihm ist klar, dass er genau das, nämlich ein Leben retten, möglicherweise getan hat. Wohin sein Blut fließt, weiß er nicht, die Spende ist anonym. Erst nach zwei Jahren besteht über die DKMS die Möglichkeit, Kontakt mit der betroffenen Person aufzunehmen. "Ich weiß nur, dass es eine Frau sein soll", verrät Max Zunker.
Im Verein erhielt der Bankkaufmann viele positive Rückmeldungen. Ein Jahr ist es her, dass sich die komplette Mannschaft des Südwest-Regionalligisten, wie Max Zunker schon Jahre zuvor aus privaten Gründen, bei der DKMS typisieren ließ. "Als Fußballer können wir Vorbilder sein und haben zudem eine gewisse Reichweite. Wenn meine Geschichte über die Medien bekannt wird und ich so andere dazu motivieren kann, Blut zu spenden oder sich typisieren zu lassen, dann ist das eine gute Sache", sagt Max Zunker.
Eine Woche nach seiner Knochenmarkspende in Frankfurt musste er erneut zum DRK. Dort wurde gecheckt, ob er den Eingriff gut überstanden hat. Per Ultraschall wurden innere Organe wie Milz und Leber überprüft, das Ergebnis war positiv – "alles in Ordnung", hebt Max Zunker den Daumen.
Kurz vor dem letzten Saisonspiel bei Wormatia Worms kehrte er ins Training zurück und gehörte wieder zum Kader des KSV, der die Saison nach dem 1:1 als Tabellen-13. beendete. Vom Verein verabschiedet wurde er allerdings schon vorher. Nach vier Jahren im Auestadion verlässt der 1,93-Meter-Mann die Hessen aus Kassel. "Ich habe wenig gespielt und möchte ab der neuen Saison wieder öfter im Tor stehen", so Max Zunker.
Wegen Asthma ins Tor
Wohin die Reise geht, steht noch nicht fest. Mit drei Jahren und ein paar Monaten stand der kleine Max bereits zum ersten Mal im Kasten, damals bei Werder Münden. "Ich habe ein angeborenes Asthmaleiden. Das ist nichts Schlimmes, aber mir geht die Luft aus, wenn ich viel laufen muss", erklärt der Oliver Kahn-Fan. "Von daher war das Tor für mich die beste Option."
Hannoversch Münden, Göttingen 05, Weser Gimte und FSC Lohfelden sind die weiteren Stationen, ehe er im Sommer 2019 beim KSV Hessen anheuerte. Mit einer wichtigen Aktion abseits des Platzes verabschiedet sich Max Zunker nun aus Kassel – und wer weiß, vielleicht erhält er irgendwann einen Anruf: "Ich möchte Sie gerne kennenlernen, Sie haben vor zwei Jahren mein Leben gerettet."