Samuel Horozovic: Cheftrainer mit 26!
[Foto: TSV Schott Mainz]
Mit gerade einmal 26 Jahren ist Samuel Horozovic beim TSV Schott Mainz aus der Regionalliga Südwest der jüngste Trainer in den ersten vier Ligen Deutschlands. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der studierte Sportökonom, der in Vollzeit auf der TSV-Geschäftsstelle für den größten Breitensportverein in Rheinland-Pfalz arbeitet, über seine Beförderung, Julian Nagelsmann, Jürgen Klopp und seine Ziele.
FUSSBALL.DE: Als jüngster Cheftrainer der 4. Liga betreuen Sie seit wenigen Wochen den TSV Schott Mainz. Warum haben die Verantwortlichen Ihnen die Aufgabe anvertraut, Herr Horozovic?
Samuel Horozovic: Ich bin bereits seit 2001 im Verein, also fast mein gesamtes Leben. Schon mit vier Jahren habe ich als Bambini beim TSV meine ersten Schritte als Fußballer gemacht. Als C-Jugendlicher habe ich dann als 15-Jähriger erste Erfahrungen als F-Jugendtrainer gesammelt. Danach betreute ich nach und nach sämtliche Nachwuchsteams, war zuletzt Trainer der U 19 in der Regionalliga Südwest. Mit 22 Jahren war ich bereits Inhaber der A-Lizenz. Von daher kennen mich die Verantwortlichen sehr gut. Der Vorstand fragte mich, ob ich mir die Aufgabe zutraue. Ich war sofort Feuer und Flamme, musste keine Sekunde überlegen.
Was bedeutet es für Sie, der jüngste Trainer in den ersten vier Ligen zu sein?
"Eine Mannschaft auf ihrem Weg weiterzuentwickeln, finde ich spannend"
Horozovic: Ich freue mich sehr, dass ich diese Möglichkeit bekomme. Ich habe mich Stück für Stück hochgearbeitet und neben meiner Arbeitszeit viel für den Fußball investiert. Donnerstags wurde ich vom Vorstand aus dem U 19-Training gezogen und einen Tag später leitete ich bereits meine erste Trainingseinheit bei den Herren. Die Reaktionen aus meinem Umfeld waren durchweg positiv. Mein Handy hörte gar nicht mehr auf zu klingeln. ( lacht )
Wie kommen Sie mit der Umstellung von der U 19 zum Regionalliga-Team klar?
Horozovic: Ich habe es jetzt mit erwachsenen Menschen zu tun, die mit gewissen Situationen besser umgehen können. Andererseits sprechen wir über Fußball, da ticken die Uhren doch in allen Altersgruppen gleich oder zumindest ähnlich. Deswegen hat sich auch an meiner Herangehensweise nicht großartig viel geändert.
Zahlreiche Spieler im Regionalliga Kader sind älter als Sie. Wie sehr mussten Sie sich Anerkennung und Respekt in neuem Team erarbeiten?
Horozovic: Gar nicht, weil der Respekt bei der ersten Trainingseinheit sofort vorhanden war. Ich habe den Mannschaftsrat zuvor in meine Vorstellungen einbezogen und alle Spieler ziehen mit. Mit dem 2:2 bei der U 21 von Eintracht Frankfurt, die das heimstärkste Team in unserer Liga stellen, haben wir schon einmal ein kleines Erfolgserlebnis eingefahren.
Der TSV Schott belegt mit erst sechs Punkten einen Abstiegsplatz und ist schon ein Stück von der sicheren Zone entfernt. Ist für Sie als junger Trainer die Aufgabe besonders schwer oder besonders leicht, weil niemand etwas erwartet?
Horozovic: Die Aufgabe ist schon sehr schwierig und zwar unabhängig vom Alter. Auch medial ist es schon etwas anderes, Cheftrainer zu sein als eine U 19-Mannschaft zu betreuen. Den größten Druck mache ich mir selbst, weil ich unbedingt erfolgreich sein will.
Wie wollen Sie das Team möglichst aus dem unteren Tabellendrittel herausführen?
Horozovic: Gewisse Prinzipien und Handlungsoptionen sind mir während eines Spiels sehr wichtig, damit jeder weiß, was auf dem Platz zu tun ist. Diese Struktur müssen wir uns hart erarbeiten. Ich bin grundsätzlich ein Freund des Offensivfußballs. Dennoch sind wir auf ein 5-3-2-System umgestiegen, um noch mehr Stabilität zu bekommen. Wir wollen aus einer stabilen und kompakten Defensive offensiv agieren, um so viele Punkte wie möglich zu holen.
Von wem holen Sie sich Ratschläge und Tipps?
Horozovic: Ich habe ein großes Trainerteam und mit Sascha Meeth eine sehr guten Sportlichen Leiter, der selbst viele Jahre TSV-Trainer war. Vom geschäftsführende Vorstand Till Pleuger kann ich mir ebenfalls jederzeit Feedback einholen. Mit meinem Co-Trainer Marco Senftleben arbeite ich sogar jeden Tag auf der TSV-Geschäftsstelle zusammen.
Sie haben es angesprochen: Neben Ihrer Trainertätigkeit arbeiten Sie noch hauptberuflich für den Verein. Wie kommen Sie mit der Doppelbelastung klar?
Horozovic: Ich bin auf der Geschäftsstelle für die Koordination aller sportlichen Fachbereiche zuständig. Wir haben beispielsweise eine Kindersportakademie mit 500 Mitgliedern und 40 Trainern. Dann haben wir noch die Fußballakademie mit knapp 160 Mitgliedern und 20 Trainern, dazu noch die Feriencamps. Der Aufwand ist schon enorm, aber mir steht nun bei der ersten Mannschaft auch ein größeres Trainerteam mit einer hohen Kompetenz zur Verfügung, als es bei der U 19 der Fall war. Man muss als Cheftrainer gewisse Aufgaben auch abgeben können. ( lacht )
Haben Sie Trainervorbilder, an denen Sie sich orientieren?
Horozovic: Ich finde viele Trainer interessant, will aber niemanden kopieren, sondern meinen eigenen Stil weiterentwickeln. Jürgen Klopp, Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel und Pep Guardiola finde ich allesamt herausragend, jeden auf seine Art.
Wann haben Sie gemerkt, dass der Trainerjob ihr Ding ist?
Horozovic: Im Herrenbereich hätte ich mir als Spieler die Verbandsliga durchaus zugetraut. Meine aktive Zeit als Fußballer hatte sich aber spätestens erledigt, als ich beim TSV die U 17 trainierte. Viermal pro Woche Training plus duales Studium waren für mich zeitlich nicht vereinbar.
Was macht den Reiz des Trainerberufs für Sie aus?
Horozovic: Die Arbeit mit vielen unterschiedlichen Charakteren bereitet mir großen Spaß. Eine Mannschaft auf ihrem Weg weiterzuentwickeln, finde ich spannend. Ich versuche, mich nach jedem Training selbst zu reflektieren. Sich mit vielen Leute über Fußball auszutauschen, bereitet mir große Freunde.