Phönix-Coach Adigo: "BVB-Spiel ist Belohnung"
[Foto: IMAGO/Agentur 54 Grad]
Nach dem FC Eintracht Bad Kreuznach in der Saison 1976/1977 heißt der zweite DFB-Pokal-Gegner in der Vereinsgeschichte des 1. FC Phönix Lübeck nun Borussia Dortmund. Erstmals seit 48 Jahren konnte sich der Dritte der Regionalliga Nord für den nationalen Pokalwettbewerb qualifizieren. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Trainer Christiano Adigo (51) über das Duell mit dem Champions-League-Finalisten.
FUSSBALL.DE: Was waren Ihre ersten Gedanken zum Los Borussia Dortmund, Herr Adigo?
Christiano Adigo: Freude pur und große Dankbarkeit. Ein solches Spiel bestreiten zu dürfen, ist die Belohnung für unsere gute Saison. Ich bin mit der Überzeugung aufgewachsen: Wer Gutes tut, dem widerfährt auch Gutes. Ich freue mich total für den Verein, unsere Fans und auch die Stadt.
Gab es im Vorfeld einen Wunschgegner?
"Pokalspiele sind einfach eine riesige Herausforderung, die jeder Spieler total gerne angeht"
Adigo: Da kann ich keinen Verein nennen. Nach den Feierlichkeiten ging es für die Spieler und mich schnell in den Urlaub. Wir haben also nicht sonderlich viel über unsere Wunschgegner gesprochen. Die Auslosung hatten Verantwortliche und Fans gemeinsam in einem Café verfolgt. Der BVB kam als Gegner natürlich gut an.
Wie viele Ticketanfragen haben Sie persönlich bereits bekommen?
Adigo: Eine ganze Menge. Zum Glück bin ich Trainer und nicht für das Ticketing verantwortlich. (lacht) Ich werde meinen Freundeskreis entsprechend an die Verantwortlichen verweisen, sobald die Regularien für die Kartenvergabe feststehen. Mit unter anderem der Spielstätte muss noch einiges organisiert werden. Darum kümmert sich vor allem unsere Geschäftsführung und Sportdirektor Frank Salomon. Und unser "Alltag", die Regionalliga Nord, will ja auch noch geplant werden.
Der Verein nimmt erstmals seit 1976 wieder am DFB-Pokal teil. Ist die Bedeutung im Umfeld zu spüren?
Adigo: Definitiv. Nach so langer Zeit ist die Vorfreude greifbar. Bei der jüngsten Pokalteilnahme des 1. FC Phönix war ich vier Jahre alt und noch in Benin. Nun mit meinem Funktionsteam und der Mannschaft dafür gesorgt zu haben, dass wir uns erneut qualifizieren konnten, macht mich dankbar.
Ist das Pokallos möglicherweise auch bei der Kaderplanung hilfreich?
Adigo: Das Spiel gegen Borussia Dortmund ist ein Bonus und ein vermutlich einzigartiges Erlebnis. Ganz klar ist aber auch: Wir wollen keinen Spieler holen, der nur wegen des Pokalspiels zu uns wechseln will. Wir schauen nach Jungs, die sich mit unseren Zielen, unseren Rahmenbedingungen identifizieren und die Aufgabe mit Herzblut angehen. Mit Rang drei in der Meisterschaft haben wir die Latte hochgelegt. Es ist einfacher, nach oben zu kommen, als sich in dieser Region zu halten. Wir wollen die Platzierung aber bestätigen und den Fans mit unserer Spielweise weiterhin Freude bereiten.
Als Spieler und Trainer wurden Sie in nicht weniger als fünf deutschen Landesverbänden insgesamt schon neunmal Pokalsieger. Was macht für Sie den Reiz am Wettbewerb aus?
Adigo: Pokalspiele sind einfach eine riesige Herausforderung, die jeder Spieler total gerne angeht. Ich war mit meinen Teams häufig in der Außenseiterrolle. Umso wichtiger war es dann, geschlossen als Einheit aufzutreten und den Funken zu den Fans, die geschlossen hinter uns gestanden haben, überspringen zu lassen. Der Glaube daran, eine Runde weiterkommen zu können, hat häufig dafür gesorgt, dass wir noch mehr Wege gegangen sind.
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem DFB-Pokal?
Adigo: Mit Kickers Offenbach hatten wir 1994/1995 in der zweiten Runde Borussia Mönchengladbach lange Zeit Paroli bieten können. Erst durch einen Treffer in der 89. Minute hatten wir gegen den späteren Pokalsieger verloren. Auch die Pokalsaison 1995/1996 mit dem FSV Lok Altmark Stendal ist bei mir noch präsent. Die Erstrundenpartie gegen den VfL Wolfsburg musste beim Stand von 1:1 in der Verlängerung wegen schlechter Sicht abgebrochen werden. Da es damals kein Flutlicht gab, wurde es zu dunkel. Wir kamen dann noch sensationell bis ins Viertelfinale. Gegen Bayer 04 Leverkusen mit Stars wie Paulo Sergio, Rudi Völler oder Bernd Schuster sind wir erst im Elfmeterschießen ausgeschieden.
Was war entscheidend, um sich mit dem 1. FC Phönix Lübeck am Finaltag der Amateure gegen den künftigen Ligakonkurrenten SV Todesfelde durchzusetzen?
Adigo: Todesfelde hatte es gut gemacht und ging schon früh in Führung. Wir sind aber an der Situation gewachsen und immer besser ins Spiel gekommen. Wir haben uns vom frühen Rückstand nicht aus der Ruhe bringen lassen, sind fokussiert und bei uns geblieben. Dass wir dann noch zurückgekommen sind, spricht für uns und die Eigenschaften, die wir ins Team hineinbekommen haben. Unsere Spielweise wollen wir möglichst einfach halten, keine komplizierten Dinge machen. Das ist einfacher gesagt, als getan. Wir wollen überfallartig und offensiv spielen. Jeder Spieler soll zu jeder Zeit aktiv auf dem Platz sein.
Wie wollen Sie die Partie gegen Borussia Dortmund angehen?
Adigo: Der BVB ist als Champions-League-Finalist natürlich haushoher Favorit. Wir haben eigentlich keine Chance, wollen die aber nutzen. Schon die Vorbereitung ab dem 17. Juni wird wichtig sein. Wir wollen zunächst Ende Juli gut in die Saison der Regionalliga Nord starten. Was dann im DFB-Pokal möglich ist, werden wir sehen.